Fahrraddemonstration darf Wesertunnel durchqueren

04. Juni 2021 -

Das Verwaltungsgericht Oldenburg hat einem Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ganz überwiegend stattgegeben, sodass eine Fahrraddemonstration insbesondere durch den Wesertunnel stattfinden kann und damit im Wesentlichen seine frühere Rechtsprechung vom 27. Juli 2016 (Az. 7 B 3662/16) bestätigt.

Aus der Pressemitteilung des VG Oldenburg vom 04.06.2021 ergibt sich:

Dem Verfahren liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Der Antragsteller ist Veranstalter einer Fahrraddemonstration mit dem Motto „Verkehrswende jetzt – Autobahnbau stoppen. Keine A 20/A 26 und kein Elbtunnel bei Drochtersen !“. Diese soll vom 4. bis 5. Juni 2021 entlang der geplanten Trasse der Bundesautobahn 20 (sog. Küstenautobahn) von Gauensiekermoor (Elbe) bis Kleinensiel (Weser) über verschiedene Straßen einschließlich des Wesertunnels (B 437) führen und ein Camp für eine Übernachtung in Hipstedt umfassen.
Die für den 5. Juni 2021 vorgesehene Durchquerung des Wesertunnels hat der Landkreis Wesermarsch als zuständige Versammlungsbehörde untersagt. Stattdessen sollten die Teilnehmer der Demonstration mit der Weserfähre von Bremerhaven nach Blexen übersetzen. Zur Begründung dieser Beschränkung führte der Landkreis aus, dass aufgrund der geplanten Durchfahrtszeit ein außergewöhnlich hohes Gefahrenpotential auf den Streckenabschnitten der B 437 und B 212 bestehe. Aufgrund der Fahrtrichtung von Ost nach West unter Nutzung der nördlichen Tunnelröhre sei mit einem gefährlichen Rückstau auf die A 27 zu rechnen. Weitere Gefahren entstünden aus dem Befahren der Tunnelanlage als solcher.

Der dagegen von dem Antragsteller gestellte Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes hatte Erfolg.

Das bedeutet, dass die Teilnehmer der Fahrraddemonstration die Nordröhre des Wesertunnels in Ost-West-Richtung durchfahren dürfen. Zur Begründung hat das Gericht u.a. ausgeführt, dass nach den maßgeblichen Regelungen im Niedersächsischen Versammlungsgesetz Beschränkungen einer Versammlung unter freiem Himmel erfolgen können, um eine unmittelbare Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung abzuwehren. An einer solchen unmittelbaren Gefahr fehle es hier jedoch; jedenfalls hätten etwaige Gefährdungen und Beeinträchtigungen der Rechte Dritter im Hinblick auf die nur beabsichtigte kurzzeitige Nutzung des Wesertunnels kein solches Gewicht, dass sie die Einschränkung der durch das Grundgesetz verfassungsrechtlich garantierten Versammlungsfreiheit rechtfertigen würden. Die durch die zu erwartende Rückstaubildung entstehenden Gefahren müssten – ähnlich wie bei Verkehrsunfällen – mit polizeilichen Mitteln bewältigt werden. Außerdem sei eine Planung und vorherige Benachrichtigung der übrigen Verkehrsteilnehmer über geeignete Medien möglich.

Wegen der Bedeutung des Wesertunnels für die von den Veranstaltungsteilnehmern kritisierte Planung einer A 20 habe die Durchfahrt einen starken Bezug zu dem Demonstrationszweck. Gleiches gelte im Übrigen für den weiteren Streckenverlauf auf der B 437, der dem zukünftigen Trassenverlauf entspreche.

Soweit der Antragsteller darüber hinaus weitere Beschränkungen des Bescheides (etwa die Begrenzung der Teilnehmerzahl der Abschlusskundgebung) angriff, war er überwiegend erfolgreich.

Einer Entscheidung über das Übernachtungs-Camp bedurfte es nicht mehr, nachdem beide Seiten eine einvernehmliche Regelung gefunden hatten.

Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Gegen den Beschluss ist die Beschwerde an das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht in Lüneburg statthaft.