Der Umgang mit sogenannten Risikogruppen bei Blutspenden sorgt weiter für kontroverse Diskussionen zwischen Medizinern und Verbänden.
Aus hib – heute im bundestag Nr. 383 vom 24.03.2021 ergibt sich:
Während die Bundesärztekammer (BÄK) die befristete Rückstellung bestimmter Menschen mit sexuellem Risikoverhalten von der Blutspende rechtfertigt, sehen Schwulenverbände in der jetzigen Praxis eine Form der Diskriminierung. Die Experten äußerten sich anlässlich einer Anhörung des Gesundheitsausschusses des Bundestages am Mittwoch über Anträge der Fraktionen von Grünen und FDP in schriftlichen Stellungnahmen.
Nach Ansicht der Grünen-Fraktion dürfen von der Blutspende nicht Gruppen pauschal ausgeschlossen werden. Stattdessen sollten die Risiken nach neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen rational abgewogen werden, heißt es in einem Antrag (BT-Drs. 19/19497 – PDF, 243 KB) der Fraktion. Ähnlich lautet die Forderung der FDP-Fraktion, die in einem Antrag (BT-Drs. 19/15260 – PDF, 261 KB) dafür plädiert, das Blutspendenverbot für homosexuelle und transgeschlechtliche Menschen abzuschaffen.
Die BÄK stellte klar, von einem Blutspendenverbot für homosexuelle und transgeschlechtliche Menschen könne keine Rede sein. Es sei ein Missverständnis, wenn verhaltensassoziierte, epidemiologisch begründete Infektionsrisiken, die ab der Beendigung des Risikoverhaltens zu einer zeitlich begrenzten Rückstellung von der Blutspende führten, fälschlicherweise mit einem Verbot oder gar mit Diskriminierung verwechselt würden. Es sei notwendig, Personen mit sexuellem Risikoverhalten nicht zur Blutspende zuzulassen, um die Sicherheit der Empfänger zu gewährleisten.
Die Deutsche Hämophiliegesellschaft (DHG) erinnerte an das Leid, das durch die Blutübertragung gefährlicher Infektionskrankheiten in der Vergangenheit entstanden sei und nannte als Beispiele Hepatitis und AIDS. Heute sei in Deutschland die Sicherheit bei Blutprodukten und Plasmaderivaten gut. Durch eine Lockerung des Ausschlusses von Personen mit sexuellen Infektionsrisiken würden die Sicherheitskriterien teilweise infrage gestellt. Männer, die Sex mit Männern hätten (MSM), blieben aufgrund ihrer höheren Infektionslast bezüglich HIV und Syphilis Risikospender im Sinne der Blut- und Plasmasicherheit.
Der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) argumentierte hingegen, die Nachweistechniken, Präventions- und Behandlungsmöglichkeiten hätten sich stark verbessert. Neuinfektionen bei MSM gingen seit Jahren deutlich zurück. Die pauschale Einstufung aller MSM als Risikogruppe und eine Rückstellung für zwölf Monate sei heute nicht mehr nötig, um die Sicherheit der Blutspende zu gewährleisten.
Die Deutsche Aidshilfe erklärte, die Definition des Sexualverhaltens schwuler Männer als pauschales Risikoverhalten sei inhaltlich falsch und diskriminierend. Eine Rückstellungsfrist zur Blutspende von mehr als einem Monat für alle sogenannten Risikogruppen sei wissenschaftlich nicht zu begründen. Im Übrigen werde auch das sexuelle Risikoverhalten heterosexueller Menschen nicht näher definiert.