Das Verwaltungsgericht Trier hat am 21.07.2021 zum Aktenzeichen 8 K 424/21.TR die Klage eines Winzers gegen eine Untersagungsverfügung der ADD Trier abgewiesen.
Aus der Pressemitteilung des VG Trier Nr. 24/2021 vom 27.07.2021 ergibt sich:
Nachdem das Landesuntersuchungsamt anlässlich einer weinrechtlichen Kontrolle des Betriebs des Klägers im Mai 2020 Sektflaschen ohne die nach der einschlägigen unionsrechtlichen Vorgabe geforderte Folienumkleidung vorgefunden hatte, untersagte die ADD Trier nach Anhörung des Klägers den Verkauf von 1.300 Flaschen Riesling Jahrgangssekt. Zur Begründung wurde auf die in der EU-Verordnung vorgesehene Schaumweinausstattung hingewiesen, wonach für Schaumweinflaschen mit einem Nennvolumen von mehr als 0,2 Litern eine Folienumkleidung um Korken und Flaschenhals gefordert sei.
Nach erfolglos gebliebenem Widerspruch hat der betroffene Winzer Klage beim Verwaltungsgericht Trier erhoben, zu deren Begründung er die Auffassung vertritt, es liege ein Verstoß gegen höherrangiges Unionsrecht vor. Im Wesentlichen macht er hierzu geltend, es gebe zahlreiche Weinbaubetriebe, die Sektflaschen ohne Folienumkleidung in Verkehr brächten; einen Sondervorteil für sich fordere er mithin nicht. Es sei auch kein vernünftiger Grund ersichtlich, Sektvermarktern aufzuerlegen, Sektflaschen mit einer solchen Folie zu versehen. Die Folie sei ein umweltschädliches Accessoire ohne technische Funktion, da der Korken auf der unter hohem Druck stehenden Sektflasche wirkungsvoll bereits durch die „Haltevorrichtung“ auf der Flasche gehalten werde. Eine Irreführung des Verbrauchers stehe nicht zu befürchten, da faktisch nicht alle Schaumweine mit der vorgeschriebenen Folienumkleidung vermarktet würden und nach dem Unionsrecht auch andere Produkte mit Folie ausgestattet werden dürften, sodass der Verbraucher sich ohnehin an der Etikettierung und nicht nur anhand der Präsentation mit Folie orientieren müsse.
Dies sahen die Richter der 8. Kammer anders und wiesen die Klage ab. Zur Urteilsbegründung ist im Wesentlichen ausgeführt, zwar falle der Verkauf der in Rede stehenden Sektflaschen ohne Folienumkleidung als Aspekt der Durchführung der unternehmerischen Betätigung in den sachlichen Schutzbereich höherrangigen Unionsrechts, der unternehmerischen Freiheit nach Art. 16 der EU–Grundrechte–Charta. Die von der einschlägigen Vorschrift der EU Verordnung vorgesehene Verpflichtung zur Folienumkleidung schränke die so geschützte unternehmerische Freiheit von Schaumweinerzeugern auch ein. Dieser Eingriff sei jedoch sachlich gerechtfertigt. Die Regelungen bezweckten u.a. den Schutz des Verbrauchers vor Irreführung ebenso wie den Schutz der Schaumweinhersteller im Sinne eines fairen Wettbewerbs. Die Vorgabe einer einheitlichen Aufmachung von Schaumweinflaschen sei geeignet, den Verbraucher vor Verwechslungen/Täuschungen zu schützen, da die einheitliche Aufmachung von Sektflaschen auf eine mehr als 100 Jahre währende Tradition zurückgehe und auch beim heutigen Verbraucher bewirke, dass er sich auf den ersten Blick orientieren und darauf verlassen könne, dass ein Sekt nur in der „vollen Schaumweinausstattung“, also mit Folienumkleidung, angeboten werde. Da eine entsprechende Erwartungshaltung bei einer Flasche, die nicht mit der traditionellen Folienumkleidung versehen sei, nicht bestehe, sei die Vorschrift zugleich geeignet, die Hersteller von Schaumweinerzeugnissen zu schützen und zu einem fairen Wettbewerb zwischen den Anbietern beizutragen. Dadurch, dass alle Anbieter von Schaumweinen im Wesentlichen die gleiche Ausstattung wählen müssten, seien diese mit Blick auf die Produktionskosten und eine etwaige Abgabe für die Abfallentsorgung zudem auch gleich belastet.
Darüber hinaus leistete die Umkleidung einen weiteren Schutz vor Manipulation; insbesondere könne der Verbraucher an einer unversehrten Folie erkennen, ob der Verschluss der Flasche möglicherweise manipuliert bzw. beschädigt wurde. Bei Naturkorken könne die Folie zudem vor Feuchtigkeit und Schimmelbildung schützen. Die geltend gemachten umweltrechtlichen Aspekte könnten der Klage ebenfalls nicht zum Erfolg verhelfen. Der Verordnungsgeber habe bei Erlass der Vorschrift die Belange des Umweltschutzes im Blick gehabt und mit dem Schutz der traditionellen Aufmachung von Schaumweinerzeugnissen und damit einhergehend der verbraucher– und wettbewerbsrechtlichen Aspekte abgewogen und in Ausgleich gebracht. Dies sei von dem ihm zustehenden Gestaltungsspielraum gedeckt und rechtlich mithin nicht zu beanstanden. Im Übrigen sei zu sehen, dass der Begriff der „Folie“ vom Verordnungsgeber nicht näher definiert sei, sodass auch umweltfreundliche, recyclebare Folien verwendet werden könnten.
Gegen die Entscheidung können die Beteiligten innerhalb eines Monats die Zulassung der Berufung bei dem Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz beantragen.