Der Berliner Senat hat am 24.11.2020 beschlossen, sich für eine Novellierung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) im Bundesrat einzusetzen.
Aus der Pressemitteilung der Senatskanzlei Berlin vom 24.11.2020 ergibt sich:
Dazu erklärt der für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung zuständige Senator Dr. Dirk Behrendt: „Das seit über 14 Jahren geltende Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) stellt einen umfassenden Schutz vor Diskriminierungen leider nicht sicher. Gesellschaftliche Ausgrenzungsrealitäten verändern sich fortwährend und eine verantwortliche Antidiskriminierungspolitik hat hierauf zu reagieren. Vor diesem Hintergrund ist die Fortentwicklung des Diskriminierungsschutzes auf Bundesebene dringend geboten. Auf Hass, gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit und alltägliche Diskriminierungen muss das AGG als zentrales Instrument der bundesweiten Antidiskriminierungsarbeit zeitgemäße Antworten geben, um Diskriminierungen effektiv bekämpfen können. Der Senat setzt sich daher für eine Nachbesserung und Fortentwicklung des AGG ein.“
Der Senat betont in seiner Bundesratsinitiative, dass Diskriminierungen weder bagatellisiert noch toleriert werden dürfen und dass dies auch seinen Ausdruck in der Weiterentwicklung des AGG finden muss. Daher soll die Bundesregierung aufgefordert werden, die Ergebnisse und Vorschläge der von der Antidiskriminierungsstelle des Bundes beauftragten Evaluation des AGG aus dem Jahr 2016 vollständig umzusetzen. Insbesondere ist im Rahmen einer Novellierung die Rechtsposition und die Rechtsmobilisierung Betroffener zu stärken. Es ist vorgesehen ein umfassendes Verbandsklagerecht für Antidiskriminierungsverbände zu schaffen, das losgelöst vom Einzelfall bei strukturbezogenen Diskriminierungen wirkt und darüber hinaus eine prozessstandschaftliche Vertretung von Einzelpersonen durch Verbände ermöglicht. Ferner soll die Rechtsdurchsetzung durch eine Verlängerung der Fristen von zwei auf sechs Monate entscheidend erleichtert werden. Der Begriff der „Benachteiligung“ wird dem internationalen Sprachgebrauch folgend durch den Begriff der „Diskriminierung“ ersetzt. Zudem ist angedacht, den Katalog der Diskriminierungsgründe des § 1 AGG begrifflich zu schärfen und neue Gründe wie Sprache, Geschlechtsidentität, chronische Erkrankung und den familiären Status aufzunehmen.
Im arbeitsrechtlichen Teil des AGG sollen diskriminierende Kündigungen vom Geltungsbereich des AGG vollständig erfasst und strengere Regelungen zur Rechtfertigung von Ungleichbehandlungen geschaffen werden, dies insbesondere im Hinblick die sog. „Kirchenklausel“ in § 9 AGG. Im Bereich des Wohnungsmarkts ist vorgesehen, Lücken im Diskriminierungsschutz, die durch die zahlreichen Ausnahmeregelungen bedingt sind, zu schließen.