Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hat mit Beschluss vom 30. Juni 2022 zum Aktenzeichen 2 HEs 224-227/22, mit Beschluss vom 24. Mai 2022 zum Aktenzeichen 1 HEs 80/22 und mit Beschluss vom 28. Juni 2022 zum Aktenzeichen 1 HEs 223/22 Haftbefehle des Amtsgerichts Frankfurt am Main aufgehoben, weil der weitere Vollzug der Untersuchungshaft bei den Angeschuldigten mit dem in Haftsachen geltenden Beschleunigungsgebot nicht mehr zu vereinbaren war. Sie sind deshalb aus der Untersuchungshaft zu entlassen.
Aus der Pressemitteilung des OLG Frankfurt am Main Nr. 56/2022 vom 01.07.2022 ergibt sich:
Die vier Angeschuldigten des Verfahrens vor dem 2. Strafsenat befanden sich z. T. bereits seit knapp zwölf Monaten in Untersuchungshaft. Ihnen wird vorgeworfen, gemeinschaftlich versucht zu haben, zwei Menschen zu töten und sie dabei lebensgefährlich verletzt zu haben. Sie sollen sich nach vorangegangenen Streitigkeiten nachts am 3. Juli 2021 am Bahnhof in Frankfurt-Höchst mit den beiden Geschädigten getroffen und dann u. a. mit Stöcken auf diese eingeschlagen und sie mit Messerstichen lebensgefährlich verletzt haben.
Die Staatsanwaltschaft hat nach umfassenden und zügigen Ermittlungen im Januar 2022 Anklage erhoben. Die zuständige Schwurgerichtskammer des Landgerichts Frankfurt am Main hat das Hauptverfahren gegen die vier Angeschuldigten bislang nicht
eröffnen und terminieren können. Dass ihr dies – auch fünf Monate nach Eingang der Anklageschrift – nicht möglich war und weiterhin auf absehbare Zeit nicht möglich sein wird, hat seine Ursache nicht in dem konkreten Verfahren selbst, sondern in der erheblichen – dem Präsidium des Landgerichts bereits im April 2022 auch angezeigten – strukturellen Überlastung mit zahlreichen Haftsachen, die auch bei nahezu täglicher Verhandlung nicht mehr zu bewältigen ist. Bislang ist keine Abhilfe geschaffen worden.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts liegt bei einer solchen nicht nur kurzfristigen Überlastung kein wichtiger Grund im Sinne des § 121 Abs. 1 StPO vor, der eine Fortdauer der Untersuchungshaft rechtfertigen könne. Beschuldigte in Untersuchungshaft müssten eine längere als die verfahrensangemessene Aufrechterhaltung eines Haftbefehls nicht in Kauf nehmen, weil der Staat es versäumt, seiner Pflicht zur verfassungsgemäßen Ausstattung der Gerichte zu genügen.
Auch die beiden Angeschuldigten in den Verfahren des 1. Strafsenats befinden sich seit einem ¾ Jahr bzw. über einem Jahr in Untersuchungshaft. Dem einen Angeschuldigten wird versuchter Totschlag in Tateinheit mit schwerem Raub, dem anderen Angeschuldigten wird versuchter Totschlag in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung vorgeworfen. Die Anklageerhebungen erfolgten Ende Januar 2022 bzw. Mitte Februar 2022.
Der 1. Strafsenat hatte die Haftbefehle bereits aus denselben Erwägungen aufgehoben wie der 2. Strafsenat.
Die Entscheidungen sind nicht anfechtbar.