Das Bundesarbeitsgericht hat am 09.09.2020 zum Aktenzeichen 4 AZR 195/20 entschieden, dass die Tätigkeit einer Beschäftigten in einer Serviceeinheit bei einem Amtsgericht die tariflichen Anforderungen der Entgeltgruppe 9a der Entgeltordnung zum TV-L (TV-L EntgeltO) erfüllt, da ihre Tätigkeiten lediglich einen Arbeitsvorgang darstellen, innerhalb dessen sie in rechtserheblichem Ausmaß schwierige Tätigkeiten erbringt.
Aus der Pressemitteilung des BAG Nr. 30/2020 vom 09.09.2020 ergibt sich:
Die Klägerin ist ausgebildete Justizfachangestellte. Ihr ist die Tätigkeit einer Beschäftigten in einer Serviceeinheit im Sachgebiet Verkehrsstrafsachen an einem Amtsgericht übertragen worden. Nach einer durch das beklagte Land erstellten Beschreibung des Aufgabenkreises hat die Klägerin insgesamt zu 25,17 v.H. ihrer Gesamtarbeitszeit schwierige Tätigkeiten im Sinne der Protokollerklärung Nr. 3 zu Teil II Abschnitt 12.1 TV-L EntgeltO auszuüben. Das beklagte Land ist hinsichtlich der Tätigkeit der Klägerin von elf Arbeitsvorgängen ausgegangen. Jede Einzeltätigkeit, die in der Protollerklärung Nr. 3 aufgeführt ist, hat es als eigenen Arbeitsvorgang angesehen und daher die Klägerin nach Entgeltgruppe 6 TV-L vergütet.
Mit ihrer Klage machte die Klägerin geltend, ihre Tätigkeit bestehe lediglich aus einem Arbeitsvorgang, innerhalb dessen sie in rechtserheblichem Ausmaß schwierige Tätigkeiten auszuüben habe. Deshalb stehe ihr eine Vergütung nach Entgeltgruppe 9a TV-L (bis zum 31.12.2018 Entgeltgruppe 9 TV-L) zu.
Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht hatten die Klage abgewiesen.
Das BAG hat der Revision der Klägerin stattgegeben.
Nach Auffassung des BAG erfüllt die Tätigkeit der Klägerin die tariflichen Anforderungen der Entgeltgruppe 9a TV-L EntgeltO. Alle Tätigkeiten in der Serviceeinheit seien ihr einheitlich zugewiesen und führten zu einem Arbeitsergebnis. Sie stellten deshalb lediglich einen Arbeitsvorgang dar, innerhalb dessen die Klägerin in rechtserheblichem Ausmaß schwierige Tätigkeiten erbringe. Das BAG hält an seiner seit dem Jahr 2013 bestehenden Rechtsprechung zur Bestimmung und Bewertung von Arbeitsvorgängen fest. Danach könne die gesamte Tätigkeit einen einheitlichen Arbeitsvorgang bilden. Auch Tätigkeiten mit unterschiedlicher tariflicher Wertigkeit könnten, wenn sie zu einem einheitlichen Arbeitsergebnis führten, zu einem Arbeitsvorgang zusammengefasst werden. Bei der Bewertung der Arbeitsvorgänge genüge es für die Erfüllung der tariflichen Anforderung der „schwierigen Tätigkeiten“, wenn solche innerhalb des jeweiligen Arbeitsvorgangs in rechtlich erheblichem Umfang anfielen. Nicht erforderlich sei, dass innerhalb eines Arbeitsvorgangs schwierige Tätigkeiten ihrerseits in dem von § 12 Abs. 1 Satz 4 und 7 TV-L bestimmten Maß – vorliegend also mindestens zur Hälfte, zu einem Drittel oder zu einem Fünftel – anfielen. Diese nach den tarifvertraglichen Regelungen maßgebliche Grundregel gelte uneingeschränkt auch bei einer Eingruppierung nach den besonderen Tätigkeitsmerkmalen für Beschäftigte bei Gerichten und Staatsanwaltschaften (Teil II Abschnitt 12.1 TV-L EntgeltO). Entgegen der Auffassung des beklagten Landes stehe dieser Auslegung nicht ein anderer Wille der Tarifvertragsparteien entgegen. Ein solcher habe in den tariflichen Eingruppierungsbestimmungen nicht den erforderlichen Niederschlag gefunden.
In einem weiteren Verfahren vom 09.09.2020, das dieselbe Rechtsfrage betraf (Az. 4 AZR 196/20), obsiegte die dortige Klägerin ebenfalls.