Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss vom 16. Dezember 2021 zum Aktenzeichen 2 BvR 2076/21 entschieden, dass die Entbindung von Schöffen nicht verfassungswidrig ist.
Die Beschwerdeführer müssen sich wegen Betäubungsmittelhandelsgeschäften als Mitangeklagte vor dem Landgericht Leipzig verantworten. Sie rügen mit ihren Verfassungsbeschwerden einen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG missachtenden Entzug des gesetzlichen Richters. Sie machen geltend, der Kammervorsitzende habe in verfassungsrechtlich nicht mehr tragfähiger Weise die Verhinderung eines Schöffen angenommen. Im Besetzungsrügeverfahren nach § 222b Abs. 2 und Abs. 3 StPO hätten sowohl das Landgericht Leipzig als auch das Oberlandesgericht Dresden in willkürlicher Weise über ihre Besetzungsrügen entschieden.
Einer der Hauptschöffen und die nach diesem Schöffen zu berufende Hilfsschöffin (in neuer Gesetzesfassung: Ersatzschöffin, vgl. § 42 Abs. 1 Nr. 1 GVG) wurden vom Kammervorsitzenden – von den Beschwerdeführern unbeanstandet – wegen Urlaubs von der Pflicht zum Schöffendienst entbunden. Auf Anordnung des Vorsitzenden lud die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle telefonisch den nächsten Hilfsschöffen. Die Beamtin fertigte eine Aktennotiz über das Gespräch, wonach der Schöffe mitgeteilt habe, er müsse am 9. August 2021 um 8:10 Uhr „einen Termin zur Führerscheinprüfung“ wahrnehmen. Der entsprechende Nachweis werde über die Fahrschule zugesandt.
Noch am selben Tag leitete der Schöffe eine E-Mail der Fahrschule weiter, mit der ihm eine Mitarbeiterin einer Fahrschule die angekündigte Bescheinigung der Fahrschule zugesandt hatte. Er versah diese E-Mail mit einer Signaturzeile, die auf seinen Beruf als Prüfingenieur hinwies. Das der E-Mail als Anlage beigefügte Dokument war mit „Entschuldigung“ überschrieben. Dem Schöffen wurde bescheinigt, er nehme am 9. August 2021 von 7:15 Uhr bis 9:20 Uhr „in [der] Fahrschule an der praktischen Fahrprüfung [und] an einer Fahrstunde teil“.
Der Vorsitzende ordnete an, diesen Hilfsschöffen ebenfalls abzuladen und den nächsten Schöffen aus der Hilfsschöffenliste heranzuziehen. Der Schöffe habe am ersten Sitzungstag von 7:15 Uhr bis voraussichtlich 9:20 Uhr eine praktische Fahrprüfung zu absolvieren. Ob diese Prüfung zu diesem Zeitpunkt tatsächlich beendet sei, lasse sich aller Erfahrung nach nicht exakt bestimmen. Zudem nehme der Weg vom Prüfungsort zum Landgericht angesichts von Baustellen im Innenstadtbereich des Gerichtsorts erhebliche Zeit in Anspruch, zumal auch nahegelegene öffentliche Verkehrsmittel nicht benutzt werden könnten. Deshalb sei von einer erheblichen Verzögerung des Sitzungsbeginns auszugehen. Dem Schöffen sei es nicht zuzumuten, an der Fahrprüfung nicht teilzunehmen. Der Verfügung nachkommend lud die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle den nächsten Hilfsschöffen nach den Regelungen der Schöffenliste.
Mit einheitlichem Schriftsatz vom 7. August 2021 erhoben die Verteidigerinnen beider Beschwerdeführer Besetzungsrüge. Sie machten geltend, die Entbindung des zweiten Hilfsschöffen vom Schöffendienst lasse sich nicht mit der Garantie der Entscheidung durch den gesetzlichen Richter aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG in Einklang bringen. Ein Hinderungsgrund im Sinne des § 54 Abs. 1 GVG habe nicht vorgelegen. Darin, dass der Hilfsschöffe nur am ersten der geplanten Hauptverhandlungstage zwischen 7:15 Uhr und voraussichtlich 9:20 Uhr eine Fahrprüfung als Prüfer für eine Fahrschule zu absolvieren habe, könne eine ausreichende Verhinderung nicht gesehen werden. Der Inhalt des Entschuldigungsschreibens widerspreche ohnehin schon dem zunächst telefonisch vorgetragenen Sachverhalt. Der Schöffe habe zunächst nur von einer Fahrprüfung um 8:10 Uhr gesprochen. Fahrprüfungen dauerten jedoch selten länger als 45 Minuten. Aber selbst wenn man davon ausgehe, der Schöffe sei bis 9:20 Uhr eingebunden, führte das zu keiner Verzögerung, die eine Entbindung des Schöffen rechtfertige. Vom Prüfungsort sei man innerhalb von 13 bis 18 Minuten am Landgericht. Es entstünde damit am ersten Verhandlungstag allenfalls eine Verzögerung von 35 Minuten, was angesichts dessen, dass nur ein Zeuge geladen sei, die Hauptverhandlung weder zeitlich noch inhaltlich erheblich verzögern würde. Sogar die vom Vorsitzenden großzügig hochgerechnete Verzögerung böte keinen Grund dafür, eine Verhinderung des Schöffen anzunehmen. Es sei nicht ersichtlich, warum nicht über 17:00 Uhr hinaus verhandelt werden könne, um den am Vormittag eventuell eingetretenen Zeitverlust wieder aufzuholen. Die Abwägung zwischen einer zeitlichen Verschiebung von einer guten halben Stunde bis Stunde und dem Verzicht auf den grundrechtlich garantierten gesetzlichen Richter könne niemals so ausfallen, dass die Verzögerung gegenüber der Verhinderung überwiege. Jedenfalls liege der Vorsitzende falsch, wenn er davon ausgehe, dem Schöffen könne ein Verzicht auf die durchzuführende Führerscheinprüfung nicht zugemutet werden. Der Schöffe mache nicht die Verhinderung als Prüfling, sondern als Prüfer geltend. Das folge deutlich aus der Signatur, wonach der Schöffe Prüfingenieur sei. Warum dem Schöffen ein Verzicht auf die Erbringung seiner normalen Arbeit nicht zugemutet werden könne, sei unklar, denn sein Arbeitgeber müsse ihn freistellen. Die Wahrnehmung von beruflichen Terminen eines angestellten und freizustellenden Arbeitnehmers führe nicht zu einer Verhinderung im Sinne des § 54 Abs. 1 Satz 2 GVG.
Mit angegriffenem Beschluss vom 16. September 2021 erachtete das Landgericht die Besetzungsrüge als unbegründet und legte die Sache nach § 222b Abs. 3 Satz 1 StPO dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vor. Die Kammer führte aus, die Entscheidung eines Vorsitzenden, einen Schöffen oder Hilfsschöffen vom Schöffendienst zu entbinden, sei nach § 54 Abs. 3 Satz 2 GVG aktenkundig zu machen, jedoch nach § 54 Abs. 3 Satz 1 GVG grundsätzlich nicht anfechtbar. Dass der Vorsitzende hier nicht nach pflichtgemäßem Ermessen, sondern willkürlich entschieden habe, sei nicht ersichtlich. Der Hauptschöffe und die erste Hilfsschöffin seien wegen Urlaubs verhindert gewesen. Der nächste Hilfsschöffe habe mitgeteilt und durch die Vorlage einer Entschuldigung einer Fahrschule belegt, am ersten Sitzungstag von 7:15 Uhr bis voraussichtlich 9:20 Uhr an einer Fahrprüfung und einer Fahrstunde teilzunehmen. Auch insoweit sei die Entbindung nach pflichtgemäßen Ermessen erfolgt. Angesichts der Verkehrslage und der Parkplatzsituation am Gericht wäre nicht, wie vorgetragen, lediglich mit einer Verzögerung von etwa 35 Minuten zu rechnen gewesen. Eine Pflicht, die Terminierung mit Rücksicht auf die zeitweise Verhinderung eines Schöffen zu ändern, bestehe nicht.
Durch das am 13. Dezember 2019 in Kraft getretene Gesetz zur Modernisierung des Strafverfahrens vom 10. Dezember 2019 (BGBl I S. 2121) wurde für Strafverfahren, die im ersten Rechtszug vor dem Land- oder Oberlandesgericht verhandelt werden, ein spezielles Besetzungsrügeverfahren geschaffen. Wie zuvor gilt: Wird die Gerichtsbesetzung den Regeln des § 222a StPO entsprechend zugestellt, ist ein Verfahrensbeteiligter gehalten, innerhalb einer Woche nach Zustellung die nicht vorschriftsmäßige Besetzung des Gerichts zu rügen. Gemäß § 222b Abs. 2 StPO entscheidet das derzeit mit der Sache befasste Gericht über die Besetzungsrüge. Die Begründungs- und Substantiierungserfordernisse für diese Rüge sind nach § 222b Abs. 1 Sätzen 2 und 4 StPO dem Revisionsrecht nachgebildet. Eingeführt wurde mit § 222b Abs. 3 StPO ein Instanzenzug im Verfahren über die Besetzungsrüge. Erachtet sich das derzeit mit der Sache befasste Gericht als zuständig, ist es gehalten, das Verfahren dem jeweiligen Rechtsmittelgericht vorzulegen. Das Rechtsmittelgericht entscheidet dann abschließend über die Besetzungsrüge. Einen weiteren Rechtsbehelf gegen die Entscheidung des Rechtsmittelgerichts sieht das Strafprozessrecht nicht vor.
Die eingeführten Regelungen zum Instanzenzug im Besetzungsrügeverfahren gehen einher mit einer Beschränkung der Rügemöglichkeiten im Revisionsrecht; § 338 Abs. 1 Nr. 1 StPO wurde ebenfalls neu gefasst. Das Verfahren nach § 222b Abs. 3 StPO soll eine endgültige Klärung des Besetzungseinwandes im fachgerichtlichen Verfahren herbeiführen. § 338 Abs. 1 Nr. 1 StPO enthält nicht nur eine Präklusionsregelung. Ein Verfahrensbeteiligter, der das Vorabentscheidungsverfahren des § 222b Abs. 3 StPO nicht durchführt, kann nach Ablauf der in § 222b Abs. 1 Satz 1 StPO bestimmten Wochenfrist mit der Besetzungsrüge nicht mehr gehört werden. Für den Fall, dass auf Antrag eines Verfahrensbeteiligten das Rügeverfahren nach § 222b Abs. 3 StPO durchgeführt wurde, entzieht § 338 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe b StPO in der nun geltenden Fassung dem Revisionsgericht darüber hinaus die Möglichkeit, die Ordnungsmäßigkeit der Gerichtsbesetzung zu überprüfen. Helfen weder das Tatgericht noch das Rechtsmittelgericht dem form- und fristgerecht erhobenen Einwand der vorschriftswidrigen Besetzung ab, ist die Entscheidung des Rechtsmittelgerichts bindend. Sie steht der Überprüfung des Besetzungseinwands in der Revisionsinstanz entgegen.
Mit der Einführung des Instanzenzugs in § 222b Abs. 3 StPO hat der Gesetzgeber mithin ein selbstständiges Zwischenverfahren geschaffen, in dem abschließend über eine verfassungsrechtlich determinierte Rechtsfrage befunden wird. Die Entscheidung über diese Rechtsfrage kann im weiteren fachgerichtlichen Instanzenzug nicht mehr nachgeprüft und korrigiert werden. In einem solchen Fall ist die Verfassungsbeschwerde gegen die im Zwischenverfahren ergangene Entscheidung zuzulassen (vgl. BVerfGE 1, 322 <325>; 24, 56 <61>; 58, 1 <23>).
Die Beschwerdeführer haben der ihr auferlegten Pflicht Genüge getan, über das Gebot der Erschöpfung des Rechtswegs im engeren Sinne hinaus alle nach Lage der Sache zur Verfügung stehenden prozessualen Möglichkeiten zu ergreifen, um eine Korrektur des geltend gemachten Verfassungsverstoßes bereits im fachgerichtlichen Verfahren zu erwirken (vgl. BVerfGE 31, 364 <368>; 73, 322 <325>). Insbesondere haben sie die Besetzungsrüge in einer den Vorgaben der § 222b Abs. 1 Sätze 2 und 4, § 345 Abs. 2 StPO genügenden Weise erhoben und zu den von ihnen als wesentlich erachteten Gesichtspunkten ausgeführt. Nach der Durchführung des Verfahrens nach § 222b Abs. 3 StPO bleibt es ihnen überdies verwehrt, die behauptete Verletzung von Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG im Revisionsverfahren zu rügen. Im Hinblick auf die geltend gemachte Verletzung des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG stellt die Revision damit einen offensichtlich aussichtslosen Rechtsbehelf dar, auf den die Beschwerdeführer vor Erhebung einer Verfassungsbeschwerde nicht verwiesen werden können (vgl. BVerfGE 55, 154 <157>).
Die Verfassungsbeschwerden sind allerdings unbegründet, denn die Beschwerdeführer sind nicht in ihrem Recht aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG verletzt.
Mit der Garantie des gesetzlichen Richters will Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG der Gefahr vorbeugen, dass die Justiz durch eine Manipulation der rechtsprechenden Organe sachfremden Einflüssen ausgesetzt wird. Es soll vermieden werden, dass durch eine auf den Einzelfall bezogene Auswahl der zur Entscheidung berufenen Richter das Ergebnis der Entscheidung – gleichgültig von welcher Seite – beeinflusst werden kann (vgl. BVerfGE 17, 294 <299>; 48, 246 <254>; 82, 286 <296>; 95, 322 <327>). Damit sollen die Unabhängigkeit der Rechtsprechung gewahrt und das Vertrauen der Rechtsuchenden und der Öffentlichkeit in die Unparteilichkeit und Sachlichkeit der Gerichte gesichert werden (vgl. BVerfGE 4, 412 <416, 418>; 95, 322 <327>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 23. Dezember 2016 – 2 BvR 2023/16 -, Rn. 22; Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 20. Februar 2018 – 2 BvR 2675/17 -, Rn. 16).
Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG gewährt einen subjektiven Anspruch auf den gesetzlichen Richter (vgl. BVerfGE 138, 64 <86 Rn. 67>). Durch diese grundrechtsgleiche Gewährleistung wird das Bundesverfassungsgericht jedoch nicht zu einem Kontrollorgan, das jeden einem Gericht unterlaufenden, die Zuständigkeit des Gerichts berührenden Verfahrensfehler korrigieren müsste (vgl. BVerfGE 3, 359 <364 f.>; 7, 327 <329>; 138, 64 <87 Rn. 71>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer der Zweiten Senats vom 16. Februar 2005 – 2 BvR 581/03 -, Rn. 21). Vielmehr beurteilt das Bundesverfassungsgericht die Zuständigkeitsgarantie des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG als Teil des rechtsstaatlichen Objektivitätsgebots, das auch die Beachtung der Kompetenzregeln fordert, die ihrerseits den oberen Fachgerichten die Kontrolle über die Befolgung der Zuständigkeitsordnung überträgt und auf den Instanzenzug begrenzt. Das Bundesverfassungsgericht beanstandet deshalb die Auslegung und Anwendung von Zuständigkeitsnormen nur, wenn sie bei verständiger Würdigung der das Grundgesetz bestimmenden Gedanken nicht mehr verständlich erscheinen und offensichtlich unhaltbar sind oder die Bedeutung und Tragweite der Gewährleistung des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG grundlegend verkannt wird (vgl. BVerfGE 9, 223 <230 f.>; 82, 286 <299>; 87, 282 <284 f.>; 131, 268 <312>; 138, 64 <87 Rn. 71>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 16. Februar 2005 – 2 BvR 581/03 -, Rn. 22; Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 20. Februar 2018 – 2 BvR 2675/17 -, Rn. 20). Rechtsfehlerhafte – aber nicht willkürliche – Entscheidungen über die Bestimmung des zuständigen Gerichts oder des zuständigen Richters beanstandet das Bundesverfassungsgericht nicht (vgl. BVerfGE 7, 327 <329>; 9, 223 <230 f.>; 131, 268 <312>).
Ob die Entscheidung eines Gerichts auf Willkür, also auf einem Fall grober Missachtung oder grober Fehlanwendung des Gesetzesrechts beruht, oder ob sie darauf hindeutet, dass ein Gericht Bedeutung und Tragweite der Verfassungsgarantie des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG grundlegend verkennt, kann nur angesichts der Umstände des jeweiligen Einzelfalls beurteilt werden (vgl. BVerfGE 131, 268 <312>; BVerfGK 5, 269 <280>; 12, 139 <144>; 15, 102 <105>).
Die hier zu beurteilende Verfassungsfrage betrifft die Entbindung eines Schöffen von der Dienstpflicht und damit die Anwendung und Auslegung der § 54 Abs. 1 Satz 2, § 77 Abs. 1 GVG. Es ist von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden, dass das Oberlandesgericht die Entscheidung des Kammervorsitzenden, auch den weiteren Hilfsschöffen von der Dienstpflicht zu entbinden, einer Willkürkontrolle und nicht einer umfassenden Richtigkeitskontrolle unterzogen hat.
Zutreffend ist das Oberlandesgericht davon ausgegangen, dass die Revisionsgerichte die Rüge der vorschriftswidrigen Besetzung (§ 338 Nr. 1 StPO) jedenfalls dann einer Willkürkontrolle – und keiner umfassenden Richtigkeitskontrolle – unterziehen, wenn die Entbindung eines Schöffen zur Überprüfung steht (vgl. BGH, Urteil des 5. Strafsenats vom 2. Juni 1981 – 5 StR 175/81 -, BGHSt 30, 149 <152>; Urteil des 2. Strafsenats vom 3. März 1982 – 2 StR 32/82 -, BGHSt 31, 3 <5>; Urteil des 2. Strafsenats vom 5. Oktober 1988 – 2 StR 250/88 -, BGHSt 35, 366 <373>; Urteil des 5. Strafsenats vom 23. Januar 2002 – 5 StR 130/01 -, BGHSt 47, 220 <222>; Urteil des 3. Strafsenats vom 22. November 2013 – 3 StR 162/13 -, BGHSt 59, 75 <79 Rn. 24>; Beschluss des 2. Strafsenats vom 5. August 2021 – 2 StR 307/20 -, juris, Rn. 8).
Diese ständige Rechtsprechung der Revisionsgerichte begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Unabhängig davon, dass die Beschwerdeführer sie ausdrücklich von der verfassungsgerichtlich erhobenen Rüge ausgenommen haben, ist nicht erkennbar, dass diese – die Auslegung und Anwendung von Zuständigkeitsregeln betreffende – Rechtsprechung bei verständiger Würdigung der das Grundgesetz bestimmenden Gedanken nicht mehr verständlich erscheint und damit offensichtlich unhaltbar ist oder die Bedeutung und Tragweite der Gewährleistung des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG grundlegend verkennt (vgl. BVerfGE 82, 286 <299>; 87, 282 <284 f.>; 131, 268 <312>; 138, 64 <87 Rn. 71>). Nachvollziehbar stellen die Revisionsgerichte darauf ab, dass sich die Einschränkung der Prüfungsdichte daraus ergebe, dass § 54 Abs. 3 Satz 1 GVG die Entscheidung über die Entbindung des Schöffen für unanfechtbar erklärt und damit nach § 336 Satz 2 StPO der Revision entziehe. Nur in Fällen objektiver Willkür könne es einem Revisionsführer in Hinblick auf Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG nicht verwehrt sein, den Entzug des gesetzlichen Richters mit der Revision geltend zu machen (vgl. auch Franke, in: Löwe/Rosenberg, StPO, 26. Aufl. 2012, § 338 Rn. 35).
Soweit das Oberlandesgericht davon ausgegangen ist, dass im Verfahren nach § 222b Abs. 3 StPO der Kontrollmaßstab des Revisionsverfahrens anzusetzen ist, begegnet das ebenfalls keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Diese Einschätzung teilt es nicht nur mit weiteren Oberlandesgerichten (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 17. März 2020 – 2 Ws 36/20 -, juris, Rn. 28 ff.; KG, Beschluss vom 27. April 2020 – 4 Ws 29/20 -, juris, Rn. 6 ff.); sie entspricht auch der Rechtsauffassung in der Kommentarliteratur (vgl. Ritscher, in: BeckOK zur StPO, 41. Edition Stand Oktober 2021, § 222b Rn. 16; Schmitt, in: Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 64. Aufl. 2021, § 222b Rn. 19). Dafür spricht schon, dass der Text des seit dem 13. Dezember 2019 geltenden § 222b StPO in Abs. 1 Sätze 2 und 4 auf das Revisionsverfahren Bezug nimmt. Letztlich ließ das am 13. Dezember 2019 in Kraft getretene Gesetz zur Modernisierung des Strafverfahrens vom 10. Dezember 2019 (BGBl I S. 2121) § 54 Abs. 3 Satz 1 GVG unverändert, sodass die – verfassungsrechtlich unbedenkliche – Argumentation, mit der die Revisionsgerichte ihre eingeschränkte Kontrolldichte begründeten, weiterhin greift.
Die Willkürprüfung des Oberlandesgerichts ist in der Sache ebenfalls verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Das Oberlandesgericht hat mit verfassungsrechtlich tragfähigen Gründen verneint, dass der Kammervorsitzende seinerseits willkürlich gehandelt habe. Es hat sich mit der Rechtslage eingehend auseinandersetzt; überdies entbehrt seine Auffassung nicht jedes sachlichen Grundes (vgl. BVerfGE 87, 273 <278 f.>; 89, 1 <13 f.>; 96, 189 <203>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 27. Mai 2020 – 2 BvR 2054/19 -, Rn. 35). Der Senat hat auch nicht die Bedeutung und Tragweite der Gewährleistung des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG grundlegend verkannt (vgl. BVerfGE 82, 286 <299>; 87, 282 <284 f.>; 131, 268 <312>; 138, 64 <87 Rn. 71>).
Insbesondere hat das Oberlandesgericht nachvollziehbar und in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise dargelegt, weshalb es davon ausgegangen ist, dass der Kammervorsitzende sich bei seiner Entscheidung zwar in einem Tatsachenirrtum befunden habe, dieser Tatsachenirrtum aber keine Willkür begründe. Schlüssig ist dabei insbesondere der Hinweis auf die Erklärung des entbundenen Schöffen und die dem Kammervorsitzenden vorliegenden Unterlagen in ihrer Gesamtheit. Zutreffend hat es damit im Ergebnis darauf abgestellt, dass reine Rechtsfehler nicht zu einem Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG missachtenden Entzug des gesetzlichen Richters führen (vgl. BVerfGE 7, 327 <329>; 9, 223 <230 f.>; 131, 268 <312>).
Das Oberlandesgericht hat dabei auch Bedeutung und Tragweite der Verfassungsgarantie des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG nicht aus dem Blick verloren, da es ausdrücklich in seine Überlegungen mit einbezogen hat, inwieweit der Rechtsfehler den Sinn des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG, die Verhinderung von Manipulationen bei der Richterauswahl (vgl. BVerfGE 17, 294 <299>; 48, 246 <254>; 82, 286 <296>; 95, 322 <327>), berührt.
Die Auffassung des Oberlandesgerichts, dass die von dem Kammervorsitzenden nach seiner Vorstellung von der Sachlage getroffene Entscheidung selbst nicht willkürlich, sondern zumindest vertretbar war, begegnet ebenfalls keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, denn der Senat hat alle Umstände des Einzelfalls, insbesondere die tatsächlichen Gegebenheiten vor Ort, in seine Überlegungen mit einbezogen (vgl. BVerfGE 131, 268 <312>; BVerfGK 5, 269 <280>; 12, 139 <144>; 15, 102 <105>).