Der Bundesgerichtshof hat am 21.07.2020 zum Aktenzeichen 3 StR 211/20 zur Reichweite des seit 2017 geltenden neuen Einziehungsrechts entschieden, dass verurteilte Täter Vermögensbeträge an die Staatskasse abführen müssen, obwohl ihnen weder die Beute noch die Erlöse aus ihrer Verwertung dauerhaft verblieben sind.
Aus der Pressemitteilung des LG Osnabrück Nr. 51/2020 vom 05.08.2020 ergibt sich:
Das LG Osnabrück hatte zwei Angeklagte zu jeweils mehrjährigen Gesamtfreiheitsstrafen verurteilt. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass die Angeklagten für ukrainische Hintermänner im Jahr 2018 in Deutschland bei verschiedenen Unternehmen Zugmaschinen, Auflieger und Kleintransporter angemietet hatten, um diese angeblich für Warentransporte zu nutzen. Tatsächlich wurden die Fahrzeuge – wie von Anfang an geplant – nach Osteuropa gebracht, wo sie den Hintermännern zur weiteren Verwendung verblieben.
Gegen den Hauptangeklagten in dem Verfahren ordnete das Landgericht neben der Haftstrafe die Einziehung des Wertes von acht der erlangten Fahrzeuge im Umfang von mehr als 300.000 Euro an. Das Gericht begründete dies damit, dass die Fahrzeuge selbst nicht auffindbar seien. In diesem Fall könne nach dem Gesetz unter bestimmten Voraussetzungen der Wert der Beute eingezogen werden. Ausreichend sei dafür, dass der Täter zu irgendeinem Zeitpunkt die tatsächliche oder wirtschaftliche Verfügungsgewalt über die Beute erlangt habe. Dazu sei es weder notwendig, dass der Täter unmittelbar eigenen Zugriff gehabt habe, noch sei entscheidend, ob ihm die Beute dauerhaft verblieben sei. Zugriff in diesem Sinne habe der Hauptangeklagte im konkreten Fall jeweils erlangt, als die Mietwagenunternehmen die angemieteten Fahrzeuge an die von ihm angeheuerten gutgläubigen Fahrer übergeben hätten, denen der kriminelle Hintergrund der Anmietung unbekannt gewesen sei. Ab diesem Moment habe der Angeklagte durch seine Anweisungen an die Fahrer das weitere Schicksal der Fahrzeuge gesteuert, bis diese den ukrainischen Hintermännern oder deren Untergebenen übergeben worden seien.
Dass dem Angeklagten der Wert der Beute durch die spätere Übergabe der Fahrzeuge an die Hintermänner nicht dauerhaft verblieben sei, spiele nach dem Gesetz keine Rolle. Anders zu beurteilen seien nur zwei Fälle, in denen die angemieteten Fahrzeuge direkt von Handlangern der ukrainischen Hintermänner bei den Mietwagenunternehmen abgeholt worden seien. Hier habe der Angeklagte nie Zugriff auf die Beute gehabe, weil die Fahrer direkt den Hintermännern unterstellt gewesen seien.
Der Hauptangeklagte wollte diese Einziehungsentscheidung, anders als die Haftstrafe, nicht akzeptieren und legte insoweit Revision zum BGH ein.
Der BGH hat die Revision des Angeklagten verworfen.
Nach Auffassung des BGH enthält das Urteil des Landgerichts keine Rechtsfehler zu Lasten der Angeklagten. Das landgerichtliche Urteil sei damit auch hinsichtlich der Einziehungsentscheidung rechtskräftig.
Auch wenn die spätere Übergabe der Fahrzeuge an die Hintermänner von Beginn an geplant gewesen sei, habe der Angeklagte durch die Übergabe an die seinen Weisungen folgenden gutgläubigen Fahrer für einen relevanten Zeitraum faktische Kontrolle über die Beute erlangt. Die anschließende Weitergabe der Fahrzeuge an die Hintermänner stelle sich als nachgelagerter Vermögensabfluss dar, der bei der Entscheidung über die Einziehung nicht zu berücksichtigen sei. Wie die zivilrechtlichen Besitzverhältnisse zwischen dem Angeklagten und den redlichen Fahrern der Fahrzeuge zu beurteilen seien, sei ebenfalls unerheblich. Für die strafrechtliche Einziehung entscheidend sei die vom Angeklagten erlangte tatsächliche Sachherrschaft über die Beute.