Das Verwaltungsgericht Hamburg mit Urteil vom 30.06.2023 zum Aktenzeichen 17 K 5081/20 auf die Klage des Islamischen Zentraums Hamburg e.V. (IZH) entschieden, dass einzelne der angegriffenen Aussagen in dem Verfassungsschutzbericht 2019 zwar rechtswidrig sind, die von dem Verfassungsschutz vorgenommene Einordnung als Organisation des Islamismus aber nicht zu beanstanden ist.
Aus der Pressemitteilung des VG Hamburg vom 30.06.2023 ergibt sich:
Nach dem Verfassungsschutzgesetz ist der Hamburger Verfassungsschutz gehalten, die Öffentlichkeit über Bestrebungen und Tätigkeiten, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung gerichtet sind, zu unterrichten. Zu dieser Unterrichtung der Öffentlichkeit besteht nach dem Gesetz Anlass, wenn hinreichend gewichtige Anhaltspunkte hierfür vorliegen. Die Sicherheitsbehörde hat den gesetzlichen Auftrag, mindestens einmal jährlich einen zusammenfassenden Bericht – insbesondere zu aktuellen Entwicklungen – zu veröffentlichen. Dies geschieht durch den jährlichen Verfassungsschutzbericht.
Gegen diesen Bericht können sich Betroffene mit einer Unterlassungsklage vor dem Verwaltungsgericht wenden. Das Gericht prüft in diesen Klageverfahren, ob die ihm vorgetragenen Erkenntnisse die einzelnen Angaben in dem Bericht tragen und ob die Einordnung als verfassungswidrige Bestrebung zutrifft. Klagen von Organisationen, über die der Hamburger Verfassungsschutz öffentlich berichtet hat, sind kein Einzelfall. Bei der für öffentliche Äußerungen staatlicher Einrichtungen zuständigen Kammer des Verwaltungsgerichts Hamburg sind derzeit noch drei weitere Verfahren zu Verfassungsschutzberichten anhängig.
Bei dem IZH handelt es sich um den Trägerverein der „Imam Ali“ Moschee in Hamburg (sog. „Blaue Moschee an der Alster“). Das Landesamt für Verfassungsschutz äußert sich seit dem ersten gedruckten Verfassungsschutzbericht zum Jahr 1993 fortlaufend in den von ihr veröffentlichten Jahresberichten über das IZH. Sie informierte auch in den Verfassungsschutzberichten der Jahre 2018 und 2019 in dem Kapitel „Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Islamisten“ unter dem Gliederungspunkt „Iranische Islamisten“ über das IZH. In dem Registeranhang der Berichte 2018 und 2019 wird das IZH in der Rubrik „Gruppierung / Organisation Islamismus“ aufgeführt.
Das IZH hat gegen insgesamt 8 weitgehend übereinstimmende Einzelaussagen in den Verfassungsschutzberichten 2018 und 2019 sowie die jeweils erfolgte Einordnung als Organisation des Islamismus vor dem Verwaltungsgericht Klage erhoben. Die angegriffenen Einzelaussagen betreffen u.a. das Verhältnis des IZH zum iranischen Staat und die Person des Leiters des IZH. Das IZH hat geltend gemacht, dass die ihn betreffenden Darstellungen in den Berichten 2018 und 2019 in mehreren Passagen unwahr und zum Teil – soweit sie Wertungen beträfen – inhaltlich nicht zutreffend seien. Insbesondere sei die abschließende Gesamtbewertung in den Berichten als extremistische Gruppierung zu unterbinden, da hierfür die Voraussetzungen des Hamburgischen Verfassungsschutzgesetzes nicht erfüllt seien. Von ihm gingen weder Gefahren für die freiheitliche demokratische Grundordnung aus noch habe er solche Bestrebungen.
Nach zwei mündlichen Verhandlungen im April und Mai 2023 hat das Verwaltungsgericht mit heute bekannt gegebenem Urteil im schriftlichen Verfahren entschieden, dass einige Aussagen in dem Bericht über den klagenden Verein nicht weiter veröffentlicht werden dürfen, und der Klage des IZH insoweit teilweise stattgegeben. Die beanstandeten Aussagen betreffen u.a. Einzelaspekte des Lebenslaufs des Leiters des IZH und das Bereitstellen finanzieller Mittel für die Verbreitung der iranischen „Revolutionsidee“. Zu dem zentralen Punkt des Berichts 2019, dass es sich bei dem Trägerverein der „Blauen Moschee“ um eine extremistische Organisation des Islamismus handele, die verfassungsfeindliche Ziele verfolge, ist der Verein Islamisches Zentrum Hamburg aber ohne Erfolg geblieben. Die Richter befanden, dass diese Aussage rechtlich nicht zu beanstanden sei. Auch zu einigen weiteren von dem Verein angegriffenen Passagen des Berichts – u.a. zu dem Leiter des IZH als einen versiert geschulten Vertreter des gegenwärtigen Regimes und das Streben des IZH nach einem „Export der islamischen Revolution“ – wiesen sie die Klage ab.
Hinsichtlich der Aussagen im Verfassungsschutzbericht 2018 hatten die Beteiligten das Verfahren in der mündlichen Verhandlung übereinstimmend für erledigt erklärt, weil dieser Bericht von dem Landesamt für Verfassungsschutz zwischenzeitlich nicht mehr veröffentlicht wird.
Weitere Einzelheiten werden sich aus der schriftlichen Urteilsbegründung ergeben, die derzeit noch nicht vorliegt. Eine Veröffentlichung der Entscheidung auf der Homepage des Verwaltungsgerichts ist vorgesehen. Die Beteiligten können innerhalb eines Monats nach Zustellung des schriftlichen Urteils die Zulassung der Berufung beantragen, über die das Hamburgische Oberverwaltungsgericht zu entscheiden hat.