Terroristische Inhalte müssen künftig innerhalb von einer Stunde nach einer Entfernungsanordnung der nationalen Behörden aus dem Web entfernt werden.
Aus EU-Aktuell vom 11.12.2020 ergibt sich:
Darauf verständigten sich am 10.12.2020 Europäisches Parlament und Rat. Dank der Einigung kann künftig auch besser gegen die Verbreitung extremistischer Ideologien im Internet vorgegangen werden. Diese Regeln sind wesentlicher Bestandteil der Anti-Terror-Agenda der EU-Kommission.
Die Verordnung zur Verhinderung der Verbreitung terroristischer Online-Inhalte muss nun noch vom Europäischen Parlament und vom Rat im Rahmen ihrer jeweiligen Aufgaben und Verfahren förmlich erlassen werden. Sobald die Verordnung angenommen ist, schafft sie die Gewähr, dass Online-Plattformen eine aktivere Rolle bei der Auffindung terroristischer Online-Inhalte übernehmen und solche Inhalte binnen maximal einer Stunde aus dem Internet entfernt werden.
Hier die Eckpunkte des gestrigen Kompromisses:
- Die Ein-Stunden-Regel : Der größte Schaden durch terroristische Inhalte entsteht in den ersten Stunden nach ihrem Erscheinen. Die neuen Vorschriften verpflichten Online-Plattformen, die Verbreitung solcher Inhalte so früh wie möglich zu stoppen.
- Grenzüberschreitend geltende Entfernungsanordnungen in der EU: Entfernungsanordnungen können von jedem Mitgliedstaat an jede in der EU niedergelassene Online-Plattform gerichtet werden.
- Definition terroristischer Inhalte im Einklang mit der geltenden Anti-Terror-Richtlinie. Ausgenommen sind Inhalte, die zu Bildungszwecken, zu journalistischen oder künstlerischen Zwecken oder zu Forschungszwecken verbreitet werden. Diese Ausnahme gilt auch, wenn Inhalte zur Sensibilisierung gegen terroristische Aktivitäten verbreitet werden.
- Beschwerdemechanismen, damit irrtümlich entfernte Inhalte möglichst schnell wiederhergestellt werden können.
- Verstärkte Zusammenarbeit zwischen den nationalen Behörden und Europol, damit Entfernungsanordnungen besser nachverfolgt werden können.
- Verpflichtungen für Diensteanbieter, proaktiv gegen den Missbrauch ihrer Dienste für die Verbreitung terroristischer Online-Inhalte vorzugehen.
- Transparenz und Rechenschaftspflicht durch jährliche Transparenzberichte.
- Möglichkeiten für die Mitgliedstaaten, Verstöße zu ahnden und das Strafmaß festzulegen, wobei Art und Größe der Plattform berücksichtigt werden sollen, damit die Strafen verhältnismäßig sind und kleine, mittlere und Kleinstunternehmen nicht übermäßig belastet oder abgestraft werden.
Nächste Schritte
Die Verordnung muss nun noch vom Europäischen Parlament und vom Rat im Rahmen ihrer jeweiligen Aufgaben und Verfahren förmlich erlassen werden. Die EU-Kommission wird die gesamten Abläufe, insbesondere auch die Anwendung der Verordnung, weiterhin nach Kräften unterstützen.
Hintergrund
Die Bekämpfung von Terrorismus, organisierter Kriminalität und Cyberkriminalität gehört zu den Prioritäten der EU-Kommission unter Präsidentin von der Leyen. Im Juli 2020 stellte die EU-Kommission die EU-Strategie für die Sicherheitsunion für den Zeitraum 2020 bis 2025 vor und verpflichtete sich, den Fokus v.a. auf Bereiche zu legen, in denen die EU den Mitgliedstaaten wertvolle Hilfe leisten kann, um die Sicherheit aller Menschen in Europa zu erhöhen. Die kürzlich angenommene Agenda für die Terrorismusbekämpfung baut auf den Maßnahmen auf, die bereits ergriffen wurden, um Terroristen handlungsunfähig zu machen und die Abwehrfähigkeit gegen Angriffe zu stärken.
Die EU-Kommission hat die am 11.12.2020 vereinbarte Verordnung 2018 vorgeschlagen und die Verhandlungen der Gesetzgeber über dieses vorrangige Vorhaben intensiv unterstützt.
Parallel dazu hat die EU-Kommission auf freiwilliger Basis mit den Mitgliedstaaten, Europol und der Branche zusammengearbeitet. Die Unternehmen haben gemeinsam mit Europol eine „Hash-Datenbank“ entwickelt, mit der als schädlich identifizierte Inhalte elektronisch gekennzeichnet und so deren erneutes Auftreten verhindert werden kann. Die Datenbank enthält inzwischen mehr als 300.000 Hashes bekannter terroristischer Videos und Bilder.
Auch die EU-Meldestelle für Internetinhalte bei Europol durchsucht das Internet nach terroristischen Inhalten. Seit ihrer Einrichtung im Juli 2015 hat die Meldestelle mehr als 100.000 Inhalte an die Internetunternehmen gemeldet, im Jahr 2019 mehr als 25.000.
Außerdem haben sich die EU-Kommission, die Mitgliedstaaten und die Anbieter von Online-Diensten im Oktober 2019 auf ein EU-Krisenprotokoll verpflichtet – einen Schnellreaktionsmechanismus, mit dem die virale Verbreitung terroristischer und gewaltverherrlichender extremistischer Inhalte im Internet eingedämmt werden soll.