Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat mit Urteil vom 18.09.2018 zum Aktenzeichen 3413/09 entschieden, dass eine Nebenklägerin im Strafprozess ein Kopftuch im Gerichtssaal tragen darf.
Im Ausgangsstreit ist eine muslimische Frau Nebenklägerin in einem Strafprozess, der die Tötung ihres Bruders zum Gegenstand hat.
Die Strafrichter erließen eine gerichtliche Verfügung, die es der Frau verbot, im Gerichtsaal als Nebenklägerin ein Kopftuch zu tragen.
Die Strafrichter begründeten dies damit, dass mit dem Kopftuchverbot die öffentliche Ordnung gewahrt werden soll. Die Strafrichter argumentierten weiter damit, dass das Tragen des Kopftuches geeignet ist, die Autorität des Strafgerichts zu untergraben. Außerdem erachteten die Strafrichter das Kopftuch als respektlos ihnen gegenüber.
Die Richter am Menschenrechtsgerichtshof widersprachen den Strafrichtern und stellten fest, dass die richterliche Verfügung durch die Strafrichter mit der Anordnung, dass die Nebenklägerin im Strafprozess kein Kopftuch im Gerichtsaal tragen darf, die Nebenklägerin in ihrem Recht auf Religionsfreiheit des Art. 9 der Europäischen Menschenrechtskonvention unzulässig einschränkt.
Die Richter führten insbesondere aus, dass die Nebenklägerin als Zivilistin keine Repräsentantin des Staates ist und als solche auch nicht an das staatliche Neutralitätsgebot gebunden.
Der Frau wurde nun ein Schmerzensgeld vom Menschenrechtsgerichtshof zugesprochen.
Rechtsanwalt Dipl.-Jur. Jens Usebach, LL.M. vertritt Sie im Diskriminierungsrecht, Gleichstellungsrecht, Verfassungsrecht, Europarecht und den Menschenrechten.