Eilantrag zur Vereinfachung der Unterschriftensammlung für Volksbegehren abgelehnt

Das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg in Potsdam hat am 29.10.2021 zum Aktenzeichen VfGBbg 17/21 EA einen Eilantrag zur Vereinfachung der Unterschriftensammlung für Volksbegehren abgelehnt, mit dem eine vorübergehende Erleichterung der Unterschriftensammlung für Volksbegehren während der Corona-Pandemie erreicht werden sollte.

Aus der Pressemitteilung des VerfG Brandenburg vom 29.10.2021 ergibt sich:

Die Antragsteller begehrten eine vorübergehende Erleichterung der Unterschriftensammlung für Volksbegehren während der Corona-Pandemie. Konkret ging es um das Volksbegehren zur Abschaffung der Erschließungsbeiträge für „Sandpisten“, für das die Unterschriftensammlung am 12. Oktober 2021 begonnen hat.

Mit einem Volksbegehren kann der Sache nach durch Bürger ein Gesetzentwurf in den Landtag eingebracht werden, bei dessen Ablehnung ein Volksentscheid durchzuführen ist. Für ein Volksbegehren sind nach der Landesverfassung 80.000 Unterschriften erforderlich, die innerhalb von sechs Monaten zu sammeln sind. Nach dem hier erlassenen Volksabstimmungsgesetz (VAGBbg) müssen die Unterschriften durch Eintragung in amtliche Eintragungslisten, die bei den Abstimmungsbehörden ausliegen, oder vor einem Notar oder einer anderen zur Beglaubigung ermächtigten Stelle erbracht werden. Alternativ kann eine Eintragung per Brief erfolgen, wobei die Unterlagen hierzu schriftlich oder mündlich bei der Abstimmungsbehörde beantragt werden können. Dafür genügt z.B. auch eine E-Mail oder ein Telefax, wenn der Antrag das Geburtsdatum enthält.

Die Antragsteller sehen diese Sammlung von Unterschriften durch die vorherrschende Sars-CoV-2-Pandemie in einem Ausmaß als erschwert an, das die Verfassung des Landes Brandenburg (LV) und sie in ihrem Recht auf politische Mitgestaltung und Beteiligung an Volksbegehren verletze.

Die Angst vor Infektionen könne Bürger von der Eintragung abhalten, zudem könne es trotz der Impfkampagne in den Wintermonaten wieder zu Kontaktbeschränkungen in Innenräumen kommen. Auch hätten viele Rathäuser geschlossen bzw. würden nur nach vorheriger Terminvergabe öffnen, außerdem würden noch nicht in allen Abstimmungsbehörden die für die briefliche Abstimmung erforderlichen Unterlagen vorliegen. Da die Anzahl der Stimmen und der Zeitraum der Sammlung bereits durch die Landesverfassung vorgegeben werden, begehrten die Antragsteller Erleichterungen gegenüber der im VAGBbg vorgesehenen Form. Insbesondere solle es möglich sein, eine Eintragung auch in nichtamtlichen Räumen sowie auf öffentlichen Straßen, Wegen und Plätzen vorzunehmen. Die Antragsteller meinen, der Gesetzgeber hätte tätig werden müssen. Der Landtag hatte aber bereits entsprechende Änderungsvorschläge abgelehnt.

Mit Beschluss vom 25. Oktober 2021 hat das Landesverfassungsgericht den auf die Erleichterung der Erbringung der Unterschriften gerichteten Eilantrag abgelehnt. Das Vorbringen der Antragsteller lasse nicht hinreichend erkennen, dass die vom Gesetzgeber unterlassene Anpassung der Bestimmungen über das Eintragungsverfahren bei Volksbegehren im VAGBbg an die Bedingungen der Corona-Pandemie eine Verletzung des Rechts der Antragsteller auf politische Mitgestaltung nach Art. 21 Abs. 1 LV sowie des Rechts auf Beteiligung an Volksbegehren gemäß Art. 22 Abs. 2 S. 1 LV zu begründen vermag. Dem Landtag stehe bei der Ausgestaltung des Verfahren zum Volksbegehren ein weiter Einschätzungs- und Gestaltungsspielraum zu. Dass seine Entscheidung, die Vorschriften trotz der geänderten Verhältnisse bestehen zu lassen, nicht mehr vom gesetzgeberischen Ermessen gedeckt wäre, sei nicht ersichtlich. Ohne Zweifel könnten die vorherrschende Pandemie sowie die hierzu ergriffenen Schutzmaßnahmen (z.B. geänderte Öffnungszeiten der Rathäuser oder Bürgerservice nur mit Terminvereinbarung) beschränkende Wirkung bei der Sammlung von Unterschriften für ein politisches Anliegen entfalten. Es bestehe allerdings bei einem Volksbegehren mit der brieflichen Eintragung die Möglichkeit der kontaktlosen Unterstützung des Volksbegehrens „von zuhause“ aus. Die formalen Anforderungen an die Beantragung der brieflichen Eintragung seien mit der Möglichkeit der Beantragung z.B. durch E-Mail oder Telefax niederschwellig ausgestaltet. Eine unzumutbare Erschwernis bei der Ausübung des auf politische Mitgestaltung liege darin nicht. Das gleiche gelte für eine ggf. erforderliche telefonische Vorab-Terminvereinbarung für die Wahrnehmung einer persönlichen Eintragung im Rathaus und noch behebbare Lieferengpässe bei der Versorgung einzelner Gemeinden mit Briefeintragungsunterlagen.