Das Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt in Magdeburg hat am 21.04.2021 zum Aktenzeichen 3 R 97/21 in einem Normenkontrollverfahren einen Eilantrag gegen die verbindlichen Testungen von Schülerinnen und Schüler als Voraussetzung zur Teilnahme am Unterricht in Sachsen-Anhalt auf der Grundlage von § 1 Abs. 3 Satz 3, § 11 Abs. 9 der Elften Verordnung über Maßnahmen zur Eindämmung der Ausbreitung des neuartigen Coronavirus SARS-CoV-2 in Sachsen-Anhalt vom 25.03.2021 (GVBl. S. 104) in der Fassung der Verordnung zur Änderung der Elften Sars-CoV-2-Eindämmungsverordnung vom 16.04.2021 (GVBl. S. 154), im Folgenden 11. SARS-CoV-2-EindV, abgelehnt.
Aus der Pressemitteilung des OVG SA Nr. 7/2021 vom 22.04.2021 ergibt sich:
Nach § 11 Abs. 9 Satz 1 der 11. SARS-CoV-2-EindV ist der Zutritt zum Schulgelände ist Schülern und Personen, die in den Schul- oder Unterrichtsbetrieb eingebunden sind (Schulpersonal), nur gestattet, wenn sie sich an zwei Tagen in der Woche vor Schulbeginn und unmittelbar nach Betreten des Schulgeländes einer von der Schule anzubietenden Testung auf eine Infektion mit dem neuartigen Coronavirus SARS-CoV-2 mittels Selbsttest unter Aufsicht unterziehen und diese ein negatives Testergebnis aufweist. Die Testung mittels Selbsttest kann durch eine Bescheinigung mit negativem Testergebnis nach § 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 oder 2 ersetzt werden, wenn sie zum in der Schule angesetzten Testtermin nicht älter als 24 Stunden war (§ 11 Abs. 9 Satz 2 der 11. SARS-CoV-2-EindV).
Die Antragstellerin ist die Kindesmutter und alleinige Sorgeberechtigte eines Kindes, das die vierte Klasse einer Grundschule in Sachsen-Anhalt besucht. Sie macht im Wesentlichen geltend, aufgrund des bestehenden Widerspruchs zu den Teststrategien der WHO und des RKI sei die geregelte Testpflicht an Schulen nicht verhältnismäßig. Kinder hätten einen Rechtsanspruch auf Bildung und Schulunterricht im Sinne von Anwesenheits- und Präsenzunterricht, der durch die schon ungeeignete Maßnahme unterlaufen werde. Ein genereller Ansteckungsverdacht wie bspw. im Gesundheitswesen bestehe im Schulwesen nicht.
Der Eilantrag hatte keinen Erfolg.
Das Oberverwaltungsgericht hat hierfür im Wesentlichen ausgeführt: Nach der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren allein möglichen und gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage erwiesen sich die angegriffenen Regelungen jedenfalls nicht als offensichtlich rechtswidrig. Sie hielten sich im Rahmen der Ermächtigungsgrundlage des § 32 Satz 1, § 28 Abs. 1 Satz 1 und 2 sowie § 28a Infektionsschutzgesetz (IfSG).
Mit der landesweiten 7-Tage-Inzidenz von 188 im Zeitpunkt des Erlasses der streitgegenständlichen Verordnungsregelungen seien die Schwellenwerte des § 28a Abs. 3 Satz 5 und 6 IfSG, die den Verordnungsgeber zum Ergreifen von Schutzmaßnahmen berechtigten, in Sachsen-Anhalt deutlich überschritten.
Die mit der von der Antragstellerin angegriffene Maßnahme verbundenen Grundrechtseingriffe seien voraussichtlich auch verhältnismäßig. Die Gestattung des Zutritts von Schülerinnen und Schülern zum Schulgelände in Abhängigkeit von einem negativen Schnelltest erscheine nicht als von vornherein ungeeignetes Mittel, um das mit der Maßnahme verfolgte – legitime – Ziel zu erreichen, zum Schutz von Leben und Gesundheit der Bevölkerung und zur Erhaltung der Funktionsfähigkeit des Gesundheitssystems die Entstehung neuer Infektionsketten bei Fortführung des Präsenzbetriebs in den Schulen und damit verbunden die weitere Verbreitung der COVID-19-Krankheit zu verhindern. Ohne diese Maßnahme wäre das Risiko, dass sich durch den Präsenzunterricht in den Schulen die Ausbreitung des Coronavirus verstärkt, wesentlich höher. Dass der Verordnungsgeber seinen Entscheidungen über Schutzmaßnahmen die Erkenntnisse des RKI zugrunde lege, sei rechtlich nicht zu erinnern.
Die im Streit stehende Maßnahme dürfte angesichts des Fehlens eines milderen Mittels auch erforderlich sein, um das mit ihr verfolgte Ziel zu erreichen. Durch die Anknüpfung der Gestattung des Zutritts der Schülerinnen und Schüler zum Schulgelände an die Bereitschaft, sich in der Schule einem Selbsttest auf das Coronavirus SARS-CoV-2 unter Aufsicht zu unterziehen sowie an das Vorliegen eines negativen Testergebnisses, werde die Wahrscheinlichkeit, dass mit dem Coronavirus infizierte Schüler das Gelände betreten können und dort Mitschüler oder Lehrer infizieren, zumindest reduziert. Andere Maßnahmen, die die gleiche Wirkung haben, seien nicht offensichtlich und würden durch die Antragstellerin auch nicht aufgezeigt.
Schließlich erweise sich die Maßnahme voraussichtlich als verhältnismäßig im engeren Sinne. Dabei könne offenbleiben, ob mit einer Testung ein Eingriff in die körperliche Unversehrtheit der betroffenen Schüler (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) verbunden sei. Ein solcher Eingriff wäre jedenfalls im Vergleich zu den Gefahren, die für die körperliche Unversehrtheit und das Leben einer Vielzahl anderer Menschen im Fall einer Ansteckung mit dem neuartigen Coronavirus entstehen, als deutlich geringfügiger anzusehen. Gleiches gelte für die mit der Maßnahme verbundenen Einschränkungen der Schüler in ihrer allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) und ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG) sowie der Eltern in ihrem Elternrecht (Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG). Insoweit sei zu berücksichtigen, dass die Teilnahme an den Tests freiwillig sei. Zwar sei Schülerinnen und Schülern, die sich dem (freiwilligen) Selbsttest nicht unterziehen, der Zutritt zum Schulgelände untersagt. Allerdings würden sie nicht vom Unterrichtsangebot ausgeschlossen, sondern könnten – und müssten dies zur Erfüllung der Schulpflicht letztlich auch – am Distanzlernen teilnehmen.
Der Beschluss ist unanfechtbar.