Das Verwaltungsgericht Göttingen hat mit Beschluss vom 10.07.2020 zum Aktenzeichen 4 B 135/20 dem Eilantrag eines privaten Abfallentsorgers stattgegeben, mit dem sich dieser gegen die Verpflichtung durch die Stadt Göttingen zur Einführung „Gelber Tonnen“ gewandt hatte.
Aus der Pressemitteilung des VG Göttingen vom 20.07.2020 ergibt sich:
Die Stadt Göttingen hat im Dezember 2019 auf Grundlage des neu in Kraft getretenen Verpackungsgesetzes gegenüber den Systembetreibern im Dualen System per Rahmenvorgabe angeordnet, die Sammlung restentleerter Kunststoff-, Metall- und Verbundverpackungen bei privaten Haushalten ab Januar 2021 außerhalb des Innenstadtbereichs mittels „Gelber Tonnen“ anstatt wie bislang mittels „Gelber Säcke“ durchzuführen. Weiter ordnete die Stadt einen sog. teilweisen Vollservice an, wie er auch seitens der Stadt Göttingen für die Abholung der Restabfallbehälter sowie Bio- und Papiertonnen gewährleistet wird: Sofern für die „Gelben Tonnen“ ein gemeinsamer Stellplatz auf dem Grundstück des Verbrauchers in bis zu 15 m Entfernung zum Fahrbahnrand besteht, soll die Abholung der Tonnen von dort kostenlos erfolgen, im Übrigen vom Fahrbahnrand. Innerhalb der Grenzen des Göttinger Walls soll es bei der Sammlung mittels Säcken bleiben. Die Stadt ordnete zudem die sofortige Vollziehung ihrer Anordnungen an. Vor Erlass der Rahmenvorgabe waren Verhandlungen zwischen der Stadt und den Systembetreibern über den Abschluss einer entsprechenden einvernehmlichen Abstimmungsvereinbarung gescheitert.
Der Antragsteller (Systembetreiber im Dualen System) erhob gegen die Rahmenvorgabe Klage (Az. 4 A 1/20). Zudem suchte er beim VG Göttingen um vorläufigen gerichtlichen Rechtsschutz nach.
Das VG Göttingen hat dem Eilantrag stattgegeben.
Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts ist die Rechtmäßigkeit der Rahmenvorgabe nach der im Eilverfahren durchzuführenden summarischen Prüfung als offen zu bewerten. Zwar habe der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger nach dem neuen Verpackungsgesetz die Möglichkeit, die Art des Sammelsystems einseitig zu bestimmen. Die von der Antragstellerin gegen die Rechtmäßigkeit der Anordnung angeführten Argumente seien jedoch nicht ohne weiteres von der Hand zu weisen.
So spreche einiges dafür, dass die Anordnung zur Abholung der Tonnen auf dem Grundstück über die Wahl der im Gesetz genannten Sammelsysteme hinausgehe. Hier werde ohne weitere Spezifizierung nur von Bring- oder Holsystem gesprochen. Offen sei zudem, ob die Rahmenvorgabe geeignet sei, eine möglichst effektive und umweltverträgliche Erfassung der Abfälle aus privaten Haushaltungen sicherzustellen, wie es das Gesetz verlange. Zwar könne sich die getrennt erfasste Menge an wertstoffhaltigen Abfällen mit der Einführung der „Gelben Tonne“ und der damit verbundenen Steigerung des Entsorgungskomforts erhöhen. Auch sei zu erwarten, dass bei einer Sammlung mittels Tonnen die bisher bestehende Problematik im Hinblick auf Verwehungen, Tierverbisse und zerrissene Säcke reduziert werden könnte. Allerdings sei auch der Einwand des Antragstellers nachvollziehbar, dass die Erfassung von Müllgroßbehältern zwingend zu längeren Fahrzeugeinsätzen und damit zu einer Erhöhung von CO2-Emissionen führen werde. Die hiermit verbundenen Fragen könnten aufgrund ihrer Komplexität abschließend erst im Hauptsacheverfahren geklärt werden. Es sei deshalb im Eilrechtsschutzverfahren eine reine Interessenabwägung erforderlich. Diese ergebe, dass das Interesse des Antragstellers gegenüber demjenigen der Stadt Göttingen Vorrang genieße. Dem Antragsteller würden bei Umsetzung der Anordnungen in der Rahmenvorgabe erhebliche finanzielle Belastungen entstehen; dies allein schon deshalb, weil er die „Gelben Tonnen“ anschaffen müsste. Daneben umfasse der Zeitraum, für den die Entsorgungsleistung jetzt ausgeschrieben werde die Jahre 2021 bis 2023. Werde der Eilantrag jetzt abgelehnt, später der Klage aber vor Ablauf des Jahres 2023 stattgeben, wäre der Antragsteller faktisch bis Ende 2023 an eine rechtswidrige Anordnung gebunden. Dies berge unzumutbare rechtliche und finanzielle Nachteile, die später nicht mehr ausgeglichen werden könnten. Das Interesse der Stadt, das insbesondere darin zu sehen sei, Verunreinigungen durch zerrissene Säcke zu vermeiden, habe dahinter zurück zu stehen.
Die Beteiligten können gegen den Beschluss innerhalb von zwei Wochen Beschwerde beim OVG Lüneburg einlegen. Die Klage ist weiterhin anhängig.