Das Sozialgericht Stuttgart hat mit Urteil vom 17.01.2020 zum Aktenzeichen S 21 AL 4798/19 entschieden, dass bei der Prüfung des Eintritts einer Sperrzeit beim Arbeitslosengeld wegen Arbeitsaufgabe aufgrund einer Eigenkündigung der Abschluss einer Geheimhaltungsvereinbarung mit dem (ehemaligen) Arbeitgeber den Arbeitslosen nicht von seiner objektiven Beweislast bezüglich des Vorliegens eines wichtigen Grundes befreit.
Aus der Pressemitteilung des SG Stuttgart vom 03.08.2020 ergibt sich:
Der Kläger kündigte sein seit August 2017 bestehendes Arbeitsverhältnis zum 31.08.2019. Im Folgenden meldete er sich bei der beklagten Bundesagentur für Arbeit arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld. Als Grund für seine Eigenkündigung gab er an, er habe sich mit seinem Arbeitgeber nicht mehr identifizieren können. Er habe alles Erdenkliche unternommen, um die Gründe zu beseitigen. Eine Vertraulichkeitsvereinbarung der Firma lasse ein Eingehen auf Details nicht zu. Mit Bescheid vom 11.09.2019 stellte die Beklagte den Eintritt einer zwölfwöchigen Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe fest. Der Kläger habe keinen wichtigen Grund für sein Verhalten mitgeteilt. Der Widerspruch des Klägers blieb erfolglos.
Hiergegen richtete sich die zum Sozialgericht erhobene Klage. Zur Begründung trug der Kläger vor, es hätten wichtige Gründe für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses bestanden. Aus Gründen der Vertraulichkeit dürfe und werde er gegenüber dem Sozialgericht jedoch keine Aussage zu den Gründen treffen. Sofern das Sozialgericht die Gründe erfahren wolle, so möge es ihn ausdrücklich dazu auffordern und ihm Immunität gegen alle für ihn nachteiligen Folgen bei Verletzung der Geheimhaltungsvereinbarung garantieren.
Das SG Stuttgart hat die Klage abgewiesen.
Nach Auffassung des Sozialgerichts ist die Entscheidung der Beklagten über den Eintritt einer Sperrzeit nicht zu beanstanden. Ein wichtiger Grund für das Verhalten des Klägers – die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses durch Eigenkündigung – liege nicht vor. Für das Fehlen eines wichtigen Grundes trage zwar grundsätzlich die Beklagte die Beweislast. Liege der Umstand zur Annahme eines wichtigen Grundes jedoch in der Sphäre des Arbeitslosen, treffe ihn nach der gesetzlichen Regelung des § 159 Abs. 1 Satz 3 SGB III die objektive Beweislast, d.h. die Nichterweislichkeit eines wichtigen Grundes gehe zu seinen Lasten. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze trage vorliegend der Kläger die Beweislast für das Vorliegen eines wichtigen Grundes. Die Umstände, die ihn zur Eigenkündigung veranlasst und damit zur Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses geführt hätten, lägen in seiner Sphäre. Vom Vorliegen eines wichtigen Grundes habe sich das Sozialgericht im Hinblick auf die allgemein gehaltenen Angaben des Klägers ohne konkreten Bezug zum kündigungsrelevanten Sachverhalt nicht überzeugen können. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus der Vertraulichkeitsvereinbarung oder Geheimhaltungsvereinbarung mit dem (ehemaligen) Arbeitgeber. Sofern der Kläger eine derartige Vereinbarung eingehe, die ihm den Nachweis eines wichtigen Grundes unmöglich mache, falle dies in seinen Verantwortungsbereich. Er habe vor Eingehung einer solchen Vereinbarung die damit ggfs. verbundenen (negativen) Folgen abzuwägen. Es erscheine nicht billig, die gesetzlich bestimmte objektive Beweislast des Klägers durch eine von ihm freiwillig eingegangene Vertraulichkeitsvereinbarung auf die Beklagte und demnach auf die Versichertengemeinschaft umzukehren; denn eine solche Beweislastumkehr führe stets zu einer Beweislosigkeit der Beklagten und gehe damit zu Lasten der Versichertengemeinschaft.
Die Berufung wurde zurückgenommen, die Entscheidung ist rechtskräftig.