Das Landgericht Köln hat mit Urteil vom 27.01.2022 zum Aktenzeichen 29 S 135/21 in einem von Rechtsanwalt & Fachanwalt Dipl.-Jur. Jens Usebach LL.M. der Kölner Schwerpunktkanzlei JURA.CC vertretenen Fall entschieden, dass ein DJ einen Anspruch auf die vereinbarte Gage für eine während der Corona-Pandemie abgesagten Hochzeit hat.
Der Kläger ist DJ und macht nach Absage einer Hochzeitsfeier, für die er von dem Beklagten als DJ gebucht war, einen Anspruch auf Zahlung von Stornokosten in Höhe von 80% der ursprünglichen Gage unter Anrechnung der Vorauszahlung von 750,00 €, also in Höhe von 650,00 € geltend. Der Beklagte verlangt im Wege der Widerklage die Rückzahlung der Anzahlung in Höhe von 750,00 €.
Der Kläger kann gem. § 611 BGB in Verbindung mit den Bestimmungen des DJ Booking Vertrages die Zahlung weiterer 650,00 € verlangen, denn der Vertrag
zwischen den Parteien ist durch die Kündigung des Beklagten vom 28.01.2021 nicht beendet worden.
Das Recht zur ordentlichen Kündigung stand dem Beklagten nicht zu. Das Amtsgericht hat in seiner Entscheidung Ziff. 3 des DJ Booking Vertrages für unwirksam erklärt. Ausführungen dazu, dass die Regelung in Ziff. 3 des Vertrages, nur insoweit für unwirksam zu erklären sei, als dem Kläger im Fall der Kündigung Stornogebühren in fester Höhe zufließen sollten, enthält das Urteil nicht. Dem Urteil lässt sich entgegen der Auffassung des Beklagten auch nicht entnehmen, dass dem Beklagten nach Ziff. 3 des DJ Booking Vertrages das Recht zur ordentlichen Kündigung zustand. Letztlich kann es aber auch dahinstehen, ob das Amtsgericht von einer Teilnichtigkeit der Klausel ausgegangen sein könnte, da nach Auffassung der Kammer die Regelungen in Ziff. 3 des DJ-Vertrages nicht teilbar sind, so dass dem Beklagten das Recht zur ordentlichen Kündigung nicht zustand. Die Teilung von Vertragsklauseln in einen zulässigen und einen unzulässigen Teil kommt nur in Betracht, wenn der unzulässige Teil eindeutig abgetrennt werden kann.
Voraussetzung ist eine inhaltlich und sprachlich teilbare Klausel, die ohne ihre unzulässigen Bestandteile mit ihrem zulässigen Inhalt aufrechterhalten werden kann. Daran fehlt es hier. Die Klausel enthält nur eine einzige homogene Regelung, mit der dem Auftraggeber die Möglichkeit der ordentlichen Kündigung unter Geltung der abgestuften Stornierungszahlungen eingeräumt wird. Die Klausel ist weder inhaltlich noch sprachlich teilbar. Ein Recht zur außerordentlichen Kündigung stand dem Beklagten nach § 626 BGB nicht zu. Dieser Kündigungstatbestand greift nur dann ein, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und in Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor, weil die Abwägung der Interessen beider Vertragsparteien ergibt, dass allein der Beklagte als Ausrichter der Hochzeitsfeier das Risiko der Absage der Hochzeitsfeier, die am 10.04.2021 stattfinden sollte, zu tragen hat. 615 S. 1 BGB weist dem Dienstherrn die Substratgefahr zu, das heißt, der Dienstherr trägt das Risiko, die vom leistungsbereiten und -fähigen Dienstverpflichteten angebotene Leistung wegen einer Störung des beim Dienstherren liegenden Arbeitssubstrats nicht annehmen zu können. Das Risiko, dass die Hochzeitsfeier, die bereits einmal vom 05.09.2020 auf den 10.04.2021 verschoben worden war, wegen gesundheitspolitischer Maßnahmen am 10.04.2021 nicht in der geplanten Form würde stattfinden können, lag danach beim Beklagten. Dieses Risiko konnte der Beklagten nicht ohne entsprechende vertragliche Regelung auf den Kläger abwälzen. Die Ausführungen in dem Schriftsatz vom 06.01.2022 vermögen keine andere Beurteilung zu rechtfertigen, da der Beklagte nicht darlegt, warum der Kläger das Risiko, dass die Hochzeitsfeier am geplanten Termin, am 10.04.2021, nicht in dem vom Beklagten gewünschten Rahmen aufgrund gesundheitspolitischer Maßnahmen hätte stattfinden können, hätte tragen sollen. Die sich aus § 615 S. 1 BGB ergebende Wertung ist entgegen der Auffassung des Beklagten auf die Absage von Veranstaltungen und die damit verbundende Kündigung von Dienstverträgen ohne weiteres anzuwenden und führt dazu, dass Veranstaltungsverbote dem Organisations- und Planungsbereich des Veranstalters, hier des Beklagten, zuzuordnen sind, so dass auch im Fall einer Corona-bedingten Absage die Gage des mit Dienstvertrag beschäftigten Klägers zu zahlen ist, da dieser unstreitig zur Erbringung seiner Leistung – der musikalischen Untermalung des Abends – ohne weiteres in der Lage war. Auch den Ausführungen der Kammer, dass der Beklagte den gesundheitlichen Risiken für seine Gäste aufgrund der erneut hohen Infektionszahlen im Winter/Frühling 2021 mit einer erneuten Verschiebung der Hochzeitsfeier hätte begegnen können und daher eine endgültige Absage der Hochzeitsfeier entgegen der Auffassung des Amtsgerichts weder zur Eindämmung der Corona-Pandemie noch zum Schutz der Gesundheit der Hochzeitsgäste erforderlich war, tritt der Beklagte mit seiner Stellungnahme nicht erheblich entgegen. Der Verweis darauf, dass keine lediglich vorübergehende Verhinderung vorgelegen habe, reicht nicht aus, da – wie bereits ausgeführt – das Risiko einer vorsorglichen Absage der Hochzeitsfeier den Beklagten, als Veranstalter, trifft und aufgrund der Erfahrungen aus dem Sommer 2020 die Erwartung bestand, dass die Inzidenzen wieder sinken würden.
Schließlich ergibt sich aus der Entscheidung des LG Köln, die das Amtsgericht zitiert hat, entgegen der Auffassung des Beklagten keine abweichende Beurteilung. Die Entscheidung ist nicht einschlägig, da sie sich auf die Absage einer Messe, die vom 1. März bis zum 4. März 2020 hätte stattfinden sollen, bezieht, und zu diesem Zeitpunkt die Auswirkungen der sich beschleunigenden Corona-Pandemie gänzlich ungewiss waren. Zum Zeitpunkt des geplanten Termins für die Hochzeitsfeier am 10.04.2021 lagen hingegen Erfahrungen mit den Auswirkungen der Corona-Pandemie vor, so ein Fall höherer Gewalt nicht vorlag und eine endgültige Absage der Hochzeitsfeier – auch im Hinblick auf den Start der Impfkampagne – nicht zwingend erforderlich war, um den Gefahren durch die Corona-Pandemie zu begegnen. Eine erneute Verschiebung des Termins für die Hochzeitsfeier wäre möglich gewesen. Dass der Kläger der Absage vom 28.01.2021 nicht widersprochen und auf Vertragserfüllung bestanden hat, steht seinem Anspruch auf Vergütung nicht entgegen, denn aus seiner Sicht stellte sich die Absage des Beklagten als endgültig dar. Es wäre zudem Sache des Beklagten gewesen, sich um eine erneute Verschiebung des Termins zu bemühen, da ihm kein Kündigungsrecht zustand.
Die Widerklage ist unbegründet. Ein Anspruch des Beklagten gem. § 812 Abs. 1 S.1 BGB auf Rückzahlung der von dem Beklagten gezahlten Vorauszahlungen in Höhe von 750,00 € besteht nicht, denn der zwischen den Parteien geschlossene DJ – Vertrag ist durch die Kündigung des Beklagten – wie oben ausgeführt – nicht beendet worden.
Dass der Kläger Aufwendungen erspart hat, die über den Betrag von 350,00 €, der von der vereinbarten Gage abgezogen worden ist, hinausgehen, ist vom darlegungs- und beweisbelasteten Beklagten nicht dargetan worden.