Der Bundesgerichtshof hat mit Beschluss vom 30. August 2018 zum Aktenzeichen 1 BGs 408/18 festgestellt, dass der Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestages über den Terroranschlag am Breitscheidplatz verpflichtet ist, von der Bundesregierung auch diejenigen Akten der Geheimdienste beizuziehen, die diese bereits dem Parlamentarischen Kontrollgremium zur Verfügung gestellt hatte. Der Entscheidung vorausgegangen war ein Streit zwischen einer Minderheit des Ausschusses, die die Beweiserhebung beantragt hatte, und dem Ausschuss selbst, der eine solche für unzulässig hielt, weil sie gegen Geheimhaltungsvorschriften verstoße.
Der 1. Untersuchungsausschuss der 19. Wahlperiode des Deutschen Bundestages soll die Hintergründe des Terroranschlages auf dem Berliner Breitscheidplatz vom 19. Dezember 2016 aufklären. U.a. soll untersucht werden, ob der Deutsche Bundestag durch die Bundesregierung über die ihr vorliegenden Erkenntnisse zeitgerecht, umfassend und zutreffend informiert wurde.
Daher beantragten die Ausschussmitglieder Martina Renner (Die Linke), Benjamin Strasser (FDP) und Dr. Konstantin von Notz (Bündnis 90/Die Grünen), von der Bundesregierung die Akten des Bundesnachrichtendienstes und des Bundesamtes für Verfassungsschutz beizuziehen, die dem Parlamentarischen Kontrollgremium auf Grund dessen Anforderungsbeschlusses vom 16. Januar 2017 vorgelegt worden waren, um so u.a. zu untersuchen, welche Akten dem Kontrollgremium als geheim tagendem Hilfsorgan des Deutschen Bundestages zur Kontrolle der Geheimdienste zur Verfügung gestellt worden waren. Die Ausschussmehrheit lehnte diesen Antrag ab. Sie war der Meinung, er sei unzulässig, weil er gegen die Geheimhaltungsvorschriften des § 10 Abs. 1 PKGrG verstoße.
Gegen die Ablehnung des Antrags hat sich die Ausschussminderheit an den Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs gewandt. Dieser hat ihrem Begehren mit Beschluss vom 30. August 2018 im Wesentlichen stattgegeben und den Ausschuss verpflichtet, dem Beweisantrag mehrheitlich zuzustimmen.
Gegen die Entscheidung des Ermittlungsrichters wiederum hat der Ausschuss nach Beschwerde eingelegt, über die der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs zu entscheiden hatte.
Der Senat hat die Entscheidung des Ermittlungsrichters mit Beschluss vom 6. Februar 2019 weitgehend bestätigt und entschieden, dass der Ausschuss verpflichtet ist, die Akten wie beantragt beizuziehen. Denn die beantragte Beweiserhebung ist nicht unzulässig. Das für das Parlamentarische Kontrollgremium gesetzlich bestimmte Beratungsgeheimnis steht der beantragten Beweiserhebung nicht entgegen, weil sich diese nicht auf die Inhalte der Beratungen des Gremiums bezieht. Die Verschwiegenheitspflicht der Mitglieder des Gremiums wird nicht verletzt, weil Adressat dieser Pflicht nicht die Bundesregierung, von der die Akten angefordert werden sollen, ist. Überdies bleibt es der Bundesregierung unbenommen, einzelne geheimhaltungsbedürftige Unterlagen nicht herauszugeben.
Der 3. Strafsenat hat die Beweiserhebung nicht selbst angeordnet, sondern lediglich festgestellt, dass eine Verpflichtung des Untersuchungsausschusses zur Erhebung der Beweise besteht. Dies hat er im Wesentlichen damit begründet, dass davon auszugehen ist, dass der Ausschuss wegen seiner Bindung an Recht und Gesetz die Entscheidung des Senats befolgen wird.
Rechtsanwalt Dipl.-Jur. Jens Usebach, LL.M. vertritt Abgeordnete, Parteien und Fraktionen!