Das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein hat mit Urteil vom 16.06.2021 zum Aktenzeichen 3 Sa 244/20 entschieden, dass die in § 30c Abs. 1a BetrAVG enthaltene Stichtagsregelung mit dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar ist.
Die Voraussetzungen für den Wegfall der Anpassungsprüfungspflicht nach § 16 Abs. 3 Nr. 2 BetrAVG liegen für den arbeitgeberfinanzierten Teil der Tarife A∙N 1.5 und A∙N 2.1 der Versorgungskasse Deutscher Unternehmen VVaG (VDU) vor.
Für diese Tarife wird die Beteiligung an dem Überschuss nach einem verursachungsorientierten Verfahren durchgeführt.
Die Parteien streiten noch über die Verpflichtung der Beklagten, den arbeitgeberfinanzierten Anteil der Betriebsrente des Klägers, die er von einer regulierten Pensionskasse seit 01.04.2006 bezieht, anzupassen.
Der Kläger macht mit seiner Klage die Zahlung rückständiger Betriebsrente für das Jahr 2014 wegen unterbliebener Anpassung zum 01.04.2012 geltend.
Mit Schreiben vom 01.04.2017 begehrte der Kläger von der Beklagten die Anpassung seiner Betriebsrente nach § 16 Abs. 1BetrAVG mit Wirkung zum 01.04.2015 unter Hinweis auf eine nachzuholende Anpassung jeweils zum 01.04.2009 und zum 01.04.2012 .
Die Beklagte wies dieses Begehren des Klägers mit Schreiben vom 19.05.2017 zurück, worauf der Kläger mit einem „Widerspruch“ vom 22.05.2017 reagierte.
Der Kläger macht mit seiner Klage vom 29.12.2017 die Zahlung rückständiger Betriebsrente für das Jahr 2014 wegen unterbliebener Anpassung zum 01.04.2012 geltend.
Der Kläger meint, ihm stehe gegenüber der Beklagten eine Anpassung seiner betrieblichen Rente zu.
Die Beklagte könne sich nicht auf § 16 Abs.3 Nr. 3 BetrAVG berufen.
Außerdem sei die Regelung des § 30c Abs. 1a BetrAVG verfassungswidrig.
Das ArbG hat die Klageabgewiesen.
Die Berufung des Klägers hatte ebenfalls keinen Erfolg.
Das BAG hat mit seiner Entscheidung vom 03.06.2020 – 3 AZR 166 / 19 – die vom Kläger eingelegte Revision teilweise als unbegründet zurückgewiesen.
Hinsichtlich der Abweisung der Klage in Höhe vom 401,40 Euro hat es die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.
Der 3. Senat hat insbesondere die Rechtsfrage unbeantwortet gelassen, ob die Regelung des § 30c Abs 1a BetrAVG gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot verstößt.
Die Beklagte ist gemäß § 16 Abs. 3 Nr. 2 BetrAVG nicht zur Anpassung des arbeitgeberfinanzierten Anteils der Betriebsrente verpflichtet.
Das Entfallen der Anpassungsprüfungspflicht der Beklagten verstößt auch nicht gegen höherrangiges Recht.
Nach§ 30c Abs. 1a BetrAVG gilt § 16 Abs. 3 Nr. 2 BetrAVG auch für Anpassungszeiträume, die vor dem 01 . 01 . 2016 liegen; in diesen Zeiträumen bereits erfolgte Anpassungen oder unterbliebene Anpassungen, gegen die der Versorgungsberechtigte vordem 01.01.2016 Klage erhoben hat, bleiben unberührt.
§ 30c Abs. 1a BetrAVG ist verfassungskonform. Die in § 30c Abs. 1aBetrAVG in der Fassung des Betriebsrentenstärkungsgesetzes vom 17.08.2017 enthaltene unechte Rückwirkung ist verfassungsgemäß.
Bei der Vorgehensweise des Gesetzgebers handelt es sich nicht um eine unzulässige echte Rückwirkung.
Das BVerfG unterscheidet bei rückwirkenden Gesetzen in ständiger Rechtsprechung zwischen Gesetzen mit echter Rückwirkung, die grundsätzlich nicht mit der Verfassung vereinbar sind, und solchen mit unechter Rückwirkung, die grundsätzlich zulässig sind (vgl. BVerfG, Urteil vom 17.12.2013 – 1 BvL 5/08).
Eine echte Rückwirkung liegt in einer Anordnung des Gesetzgebers, eine für den Bürger nachteilige Rechtsfolge solle schon für einen vor dem Zeitpunkt der Verkündung der Norm liegenden Zeitraum gelten.
Dadurch knüpft die Norm an abgeschlossene Tatbestände nachträglich andere, ungünstigere Rechtsfolgen als diejenigen, von denen der Bürger bei seinen Dispositionen ausgehen durfte.
Mit einem Eingriff in einen bereits abgeschlossenen Veranlagungszeitraum ist die vorliegende Fallgestaltung jedoch nicht vergleichbar.
Zwar sieht § 16 Abs. 1 BetrAVG vor, dass die Anpassungsprüfungspflicht alle drei Jahre zu erfüllen ist.
Dies bedeutet aber nicht, dass der Prüfungszeitraum die rechtliche Bedeutung eines steuerrechtlichen Veranlagungszeitraums hätte. Dies folgt aus der ständigen Rechtsprechung des BAG (Urteil vom 19.06.2012 – 3 AZR 464/11), wonach der Anpassungsbedarf nicht etwa nur bezogen auf den dreijährigen Prüfungszeitraum, sondern für den gesamten Zeitraum vom individuellen Rentenbeginn bis zum jeweiligen Anpassungsstichtag festzustellen ist.
Die Vorschrift über den dreijährigen Turnus für die Anpassungsprüfung legt nicht den Prüfungszeitraum, sondern lediglich den Prüfungstermin fest.
Hieraus folgt, dass keine echte Rückwirkung vorliegt, wenn der Gesetzgeber unter Korrektur der Rechtsprechung rückwirkend die Befreiung von der Anpassungsprüfungspflicht wiederherstellt.
Es liegt auch keine nicht gerechtfertigte, gegen höherrangiges Recht verstoßende Ungleichbehandlung aufgrund der Stichtagsregelung vor. § 30c Abs. 1a BetrAVG ist mit Art. 3 GG vereinbar.
Der Gleichheitssatz gebietet nicht eine schematische Gleichbehandlung aller Arbeitnehmer. Stichtagsregelungen führen zwangsläufig zu einer Ungleichbehandlung.
Sie sind nicht zu vermeiden und verfassungsrechtlich auch dann hinzunehmen, wenn sie gewisse Härten mit sich bringen.
Die Wahl der vom Gesetzgeber gewählten Stichtagsregelung in § 30c Abs. 1a BetrAVG orientiert sich am gegebenen Sachverhalt und ist vertretbar.
Eine willkürliche, also unsachliche oder auf sachfremden Gründen beruhende Differenzierung ist nichterkennbar.