Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hat mit Beschluss vom 5.7.2024 zum Aktenzeichen 4 W 13/24 entschieden, dass wenn ein Insolvenzverwalter u.a. im Interesse der Bundesagentur für Arbeit als Insolvenzgläubigerin gegen Dritte klagt, der Bundesagentur für Arbeit zuzumuten ist, die erforderlichen Prozesskosten aufzubringen. Sie ist nicht grundsätzlich aufgrund ihrer Stellung privilegiert und von der Aufbringung der Prozesskosten befreit. Dem Insolvenzverwalter war keine Prozesskostenhilfe zu gewähren.
Aus der Pressemitteilung des OLG Frankfurt am Main Nr. 42/2024 vom 15.07.2024 ergibt sich:
Der klagende Insolvenzverwalter begehrt Prozesskostenhilfe für die Inanspruchnahme der Beklagten aus Insolvenzanfechtung. Zu den vom Kläger vertretenen Insolvenzgläubigern gehört die Bundesagentur für Arbeit. Hätte die Klage Erfolg, würde sie von ihrem Anteil an der eingeklagten Forderung in erheblichem Umfang profitieren.
Das Landgericht hat den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurückgewiesen, da der Bundesagentur für Arbeit als Insolvenzgläubigerin die Aufbringung der Prozesskosten zumutbar sei. Die hiergegen gerichtete Beschwerde des Insolvenzverwalters hatte auch vor dem OLG keinen Erfolg.
Der Bundesagentur für Arbeit als hiesige Insolvenzgläubigerin sei von der Kostentragung für das Verfahren nicht befreit. Ihr sei die Aufbringung der Kosten zuzumuten, bestätigte der für Insolvenzrecht zuständige 4. Senat.
Vorschüsse auf die Prozesskosten seien grundsätzlich solchen Beteiligten zuzumuten, „welche die erforderlichen Mittel unschwer aufbringen können und für die der zu erwartende Nutzen bei vernünftiger, auch das Eigeninteresse sowie das Prozesskostenrisiko angemessen berücksichtigender Betrachtungsweise bei einem Erfolg der Rechtsverfolgung deutlich größer sein wird als die von ihnen als Vorschuss aufzubringenden Kosten.“ Neuerdings sei umstritten, ob eine solche – bislang überwiegend angenommene – Unzumutbarkeit bei der Bundesagentur für Arbeit grundsätzlich weiterhin anzunehmen sei. Der Senat spreche sich gegen eine solche Unzumutbarkeit aus.
Der Gesetzgeber gehe grundsätzlich davon aus, dass jeder seine Aufwendungen für einen Prozess selbst zu tragen hat. Die Gewährung von Prozesskostenhilfe sei die Ausnahme. Im Fall der Klage eines Insolvenzverwalters komme es dabei darauf an, ob den Insolvenzgläubigern die Kostenaufbringung nicht zumutbar sei. Die Regelungen seien erkennbar von dem Gedanken getragen, dass es Insolvenzgläubigern grundsätzlich zumutbar ist, die Kosten eines Rechtsstreits aufzubringen, wenn sie auch wirtschaftlich von dessen Ergebnis maßgeblich profitierten. Alleine der Umstand, dass die Insolvenzgläubiger nicht formal Partei seien, sondern diese Rolle der Insolvenzverwalter einnehme, schütze sie nicht davor, wie eine Partei wirtschaftlich in Vorleistung gehen zu müssen. Es müsse folglich Gründe von erheblichem Gewicht geben, damit die Zumutbarkeit im Einzelfall entfalle. Diese seien nicht bereits dann grundsätzlich anzunehmen, wenn der Gläubiger „sinnvolle“ Zwecke im öffentlichen Interesse verfolge. Es sei nicht Aufgabe der Regelungen zur Gewährung von Prozesskostenhilfe, grundsätzlich „erwünschte“ oder sonst „förderungswürdige“ Tätigkeiten unterschiedlicher Akteure zu privilegieren. Dem Gesetzgeber stünden dafür vielmehr mannigfaltige andere Fördermöglichkeiten zur Verfügung, deren Gebrauch weniger systemfremd wäre.
Auch mit möglichen Schwierigkeiten, im Haushalt Vorsorge für die wirtschaftliche Beteiligung an Rechtsstreitigkeiten zu tragen, lasse sich eine Unzumutbarkeit nicht begründen. Insoweit gebe es zahlreiche Vorsorgemöglichkeiten. Folglich sei der Bundesagentur für Arbeit die Prozessfinanzierung zumutbar.
Der Senat hat die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof zugelassen, da die Problematik in der obergerichtlichen Rechtsprechung umstritten ist.