Mit gemeinsamen Forderungen für einen starken Rechtsstaat richten sich der Deutsche Anwaltverein (DAV) und der Deutsche Richterbund (DRB) zur Bundestagswahl 2021 an die Parteien.
Aus der Pressemitteilung des DAV Nr. 19/2021 vom 20.05.2021 ergibt sich:
Die Verbände dringen darauf, das Erfolgsmodell des Bund-Länder-Rechtsstaatspakts fortzusetzen und die Digitalisierung der Justiz zu beschleunigen. Zudem mahnen sie unter anderem einen niederschwelligen Zugang zum Recht, einen wirksamen Schutz des anwaltlichen Berufsgeheimnisses sowie eine angemessene Praxisbeteiligung bei der Gesetzgebung an.
Ein effektiver Zugang zum Recht steht bei DAV und DRB an erster Stelle: „Der Zugang zum Recht für Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen ist im Grundgesetz verankerte Daseinsvorsorge“, betont Rechtsanwältin und Notarin Edith Kindermann, Präsidentin des DAV. „Gerade während der Pandemie hat sich gezeigt, wie wichtig es ist, dass die Justiz den Menschen effektiven Rechtsschutz gewährt“, erklären die DRB-Vorsitzenden Barbara Stockinger und Joachim Lüblinghoff. „Ein Erfolgsmodell kann der Rechtsstaat nur bleiben, wenn die Justiz für ihre wachsenden Aufgaben gut genug besetzt und technisch zeitgemäß ausgestattet ist.“ In beiden Punkten bestehe weiterhin Handlungsbedarf.
Die Berufsverbände fordern einen Rechtsstaatspakt 2.0, der den Personalaufwuchs und die Digitalisierung in der Justiz vorantreibt und die Anwaltschaft einbezieht. „Schließlich haben wir alle ein Interesse an einer gut ausgestatteten, handlungsfähigen Justiz: Die Anwaltschaft, die Richterschaft und nicht zuletzt die Rechtsuchenden“, so Kindermann. „Das Vertrauen der Menschen in den Rechtsstaat lebt von einer Justiz, die auf kurzem Weg erreichbar ist und möglichst zügig entscheiden kann. Dazu gehört auch eine flächendeckende digitale Infrastruktur in Gerichten und Staatsanwaltschaften“, betont Stockinger. Die Corona-Pandemie habe erhebliche Defizite bei der Digitalisierung offengelegt, sagt Lüblinghoff. „Es müssen nicht nur die technischen Voraussetzungen in vielen Gerichten deutlich verbessert werden, etwa durch Videoanlagen und Webcams – vor allem braucht es einheitliche Standards bei der Videotechnik für Gerichtsverhandlungen in den Bundesländern“, ergänzt Kindermann. Im Lichte der Digitalisierung gehörten zudem die Verfahrensordnungen auf den Prüfstand.
Für die Anwaltschaft besonders wichtig ist der absolute Schutz des Berufsgeheimnisses. Der Schutz der anwaltlichen Berufsausübung vor staatlicher Kontrolle liegt nicht nur im Interesse der Anwaltschaft und der Rechtsuchenden, sondern auch im Interesse der Allgemeinheit an einer rechtsstaatlich geordneten und funktionierenden Rechtspflege.
Die Verbände monieren, dass die Bundesregierung in den vergangenen vier Jahren vielfach eine „Gesetzgebung im Stakkato“ praktiziert habe, bei der die betroffenen Berufsgruppen nicht immer ausreichend eingebunden worden seien. Die Eilverfahren hätten sich nicht erst anlässlich der Corona-Krise gehäuft. Mangelhafte Transparenz, zu kurze Beteiligungsfristen und fehlende Praxistests schadeten aber der Akzeptanz der Gesetzgebung insgesamt, warnen DAV und DRB. Die neue Bundesregierung müsse der Qualitätskontrolle durch Experten während des Gesetzgebungsverfahrens wieder einen höheren Stellenwert einräumen.
Weitere Informationen
Gemeinsames Positionspapier von DAV und DRB zur Bundestagswahl 2021 (PDF, 414 KB)