DAV-Stellungnahme 8/21 zu Vorschlägen der EU-Kommission zur Reform des GEAS

28. Januar 2021 -

Der Deutsche Anwaltverein (DAV) hat zu den Vorschlägen der EU-Kommission zur Reform des GEAS Stellung genommen und sie in ihrer Zusammenschau als inkonsistent und nicht ausreichend bezeichnet, um effektiven Rechtsschutz zu gewährleisten.

Aus der Pressemitteilung des DAV vom 28.01.2021 ergibt sich:

Der DAV hält die Vorschläge der EU-Kommission hinsichtlich der vorgesehenen Rechtsbehelfe und Rechtsmittel für insgesamt nicht hinreichend, um den Erfordernissen zu genügen, die Art. 47 Grundrechtecharta (GRCh) und Art. 13 Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) an die Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes stellen. Die Vorschläge sind zudem in ihrer Zusammenschau inkonsistent.

  1. Soweit im geänderten Vorschlag einer Verfahrens-VO in Art. 53 Abs. 1 ein Katalog anfechtbarer Entscheidungen aufgestellt wird, muss der Gesetzgeber klarstellen, dass diese Aufzählung nicht abschließend ist. Die Aufnahme der Rückkehrentscheidung in den Katalog des Art. 53 Abs. 1 erfordert eine Abstimmung mit den bereits 2018 gemachten Vorschlägen zur Änderung der Rückführungsrichtlinie. Klagefristen und Möglichkeiten vorläufigen Rechtsschutzes sind ungenügend; das gilt insbesondere für das vorgeschlagene Grenzverfahren. Unzureichend sind auch die Möglichkeiten von Rechtsmitteln gegen gerichtliche Entscheidungen. Die Erfahrungen mit dem deutschen Rechtsmittelsystem zeigen, dass es zu einer Zersplitterung der Rechtsprechung kommt, wenn keine effektive Möglichkeit einer Vereinheitlichung durch weitere Gerichtsinstanz(en) besteht. Dies alles gilt erst recht für die in der Verordnung zur Bewältigung von Krisensituationen und Situationen höherer Gewalt vorgesehene Möglichkeit, Rechtsschutz weiter einzuschränken.
  2. Auch die Beschränkungen der Rechtsbehelfe in Art. 33 und Art. 57 der Asyl- und Migrationsmanagement-VO auf Verletzungen des Art. 4 GRCh sowie der Regelungen zur Sicherung der Familieneinheit und der damit einhergehende Ausschluss der Rügefähigkeit von Fristverletzungen im Zuständigkeits-und Übernahmeverfahren verletzen den Anspruch der Betroffenen auf effektiven Rechtsschutz gemäß Art. 47 GRCh und Art. 13 EMRK. Auch hier sind die Klagefristen und die Möglichkeiten vorläufigen Rechtsschutzes zu bemängeln. Die Verteilung des Überstellungsverfahrens im Rahmen der vorgeschlagenen Solidaritätsbeiträge auf zwei Mitgliedstaaten ist intransparent und dürfte darüber hinaus zu verfahrensverzögernden Friktionen führen.
  3. Die Zeit des durch den Vorschlag der Screening-VO vorgesehenen Screenings darf kein rechtsstaatliches Vakuum darstellen.Insbesondere darf der in der Verordnung vorgeschlagene unabhängige Überwachungsmechanismus, der als solcher zu begrüßen ist, individuelle Rechtsschutzmöglichkeiten nicht verdrängen.

Weitere Information
Stellungnahme des DAV Nr. 8/2021 v. 26.01.2021 (PDF, 717 KB)