DAV-Stellungnahme 27/21 zum Sorgfaltspflichtengesetz

13. April 2021 -

Der Deutsche Anwaltverein (DAV) hat zum Regierungsentwurf eines Gesetzes über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten in Lieferketten Stellung genommen.

Aus der Pressemitteilung des DAV vom 09.04.2021 ergibt sich:

Der DAV streitet für Rechtsstaatlichkeit, Demokratie und Menschenrechte. Der DAV stimmt daher der Auffassung zu, dass Deutschland und deutsche Unternehmen in einer Verantwortung stehen, auch in den internationalen Lieferketten auf die Wahrung international anerkannter Menschenrechte und Umweltschutzprinzipien zu achten.

Der vorliegende Gesetzentwurf begegnet nach Auffassung des DAV jedoch teilweise verfassungsrechtlichen Bedenken, insbesondere mit Blick auf die Unbestimmtheit und Fülle weitreichender bußgeldbewehrter Bestimmungen, die durch Verweise auf einen umfangreichen Katalog internationaler Abkommen noch verstärkt werden.

Der Gesetzentwurf soll nach politischen Verlautbarungen keine Schadensersatzhaftung deutscher Unternehmen auslösen. Tatsächlich schafft er für die betroffenen Unternehmen jedoch unabsehbare Schadensersatzrisiken. Wenn der Gesetzgeber keine Schadensersatzhaftung begründen will, sollte der Entwurf dies ausdrücklich klarstellen. Ist hingegen eine Schadensersatzhaftung politisch gewollt, sollte der Gesetzgeber damit zur Vermeidung einer Wettbewerbsbenachteiligung deutscher Unternehmen eine EU-weite Regelung abwarten. Eine solche wird von der EU-Kommission gerade vorbereitet. Vor diesem Hintergrund sieht der DAV jetzt nicht den richtigen Zeitpunkt für die Verabschiedung eines rein deutschen und mit anderen europäischen Mitgliedstaaten unabgestimmten Gesetzes.

Die besondere Betroffenheit der Anwaltschaft in der Lieferkette ist zudem in keiner Weise berücksichtigt. Als Organe der Rechtspflege sind Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte unerlässlich, um die in Art. 47 Abs. 2 Europäische Grundrechtecharta enthaltene Gewährleistung einzulösen, dass jede Person sich beraten, verteidigen und vertreten lassen kann, und zwar von einem Anwalt ihres Vertrauens. Insbesondere angesichts umfangreicher Kontrollmechanismen und Offenlegungspflichten entlang der Lieferkette erfordert die Stellung als Organ der Rechtspflege – ähnlich wie bei der Geldwäscheverdachtsmeldepflicht – eine Ausnahme für die Anwaltschaft, zumindest soweit der Kernbereich der anwaltlichen Tätigkeit, die Beratung von Mandanten und ihre Vertretung in Rechtsangelegenheiten betroffen ist.

Weitere Informationen
Stellungnahme des DAV Nr. 27/2021 v. 09.04.2021 (PDF, 508 KB)