Der Deutsche Anwaltverein (DAV) warnt davor, dass der Gesetzesentwurf zur Bestandsdatenauskunft hinter den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) zurückbleibt. Der Gesetzgeber soll kein Gesetz beschließen, von dem von Anfang an klar ist, dass es in Karlsruhe korrigiert werden wird.
Aus der Pressemitteilung des DAV vom 24.03.2021 ergibt sich:
Am 24. März 2021 behandelt der Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat das Gesetz zur Bestandsdatenauskunft. Die vom Bundestag Ende Januar beschlossene Neuregelung verfehlte im Bundesrat die erforderliche Mehrheit.
Zu den sogenannten Bestandsdaten gehören etwa Nutzername und -adresse, die IP-Adresse eines Computers, aber auch Passwörter. Die manuelle Bestandsdatenauskunft ermöglicht Sicherheitsbehörden, diese Daten von Telekommunikationsunternehmen abzufragen. Dies war bisher allgemein zur Gefahrenabwehr, zur Strafverfolgung und für nachrichtendienstliche Zwecke erlaubt. Im Mai 2020 hat das BVerfG diese Regelungen für verfassungswidrig erklärt und eine Reform bis Ende 2021 verlangt. „Das Ziel, die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts nach dem sogenannten Doppeltür-Modell umzusetzen, erreicht das vom Bundestag beschlossene Gesetz leider nicht vollständig,“ kritisiert Rechtsanwalt Dr. David Albrecht, Mitglied des DAV-Ausschusses Gefahrenabwehrrecht.
Mit dem Bild der Doppeltür fordert das BVerfG sowohl für die Übermittlung der Bestandsdaten durch die Telekommunikationsanbieter als auch für den Abruf dieser Daten durch die Behörden jeweils verhältnismäßige Rechtsgrundlagen. Des Weiteren machen die Karlsruher Richterinnen und Richter es zur Bedingung, dass eine konkrete Gefahr beziehungsweise ein Anfangsverdacht vorliegt, damit die Daten abgefragt werden können.
Der DAV fordert eine gesetzliche Lösung, die die Vorgaben des BVerfG umsetzt. Es ist dringend notwendig, dass der vorliegende Gesetzentwurf nachgebessert wird. Der Vermittlungsausschuss darf sich nicht mit einem Kompromiss zufriedengeben, der hinter der Vorgabe aus Karlsruhe zurückbleibt.
Außerdem muss geklärt werden, ob die Regelungen des BVerfG zur Telekommunikation überhaupt auf Telemedien übertragen werden können. Der Beschluss des BVerfG bezieht sich ausdrücklich nur auf Telekommunikation, nicht auf Telemedien, zu denen etwa Websites und Apps gehören. „Bestandsdaten aus der Nutzung von Telemedien haben in aller Regel einen viel höheren Persönlichkeitsbezug als die der Telekommunikation. Es ist deshalb durchaus fraglich, ob die vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Mindestvoraussetzungen überhaupt 1:1 auf Telemedien übertragen werden dürfen“, gibt Dr. Albrecht zu bedenken. „Insgesamt fehlt es weiterhin an einem stimmigen Gesamtkonzept zur Datenauskunft an Sicherheits- und Strafverfolgungsbehörden.“
Die Hängepartie bremst auch andere Vorhaben aus: Auch der „Gesetzentwurf zur Bekämpfung der Hasskriminalität und des Rechtsextremismus“ enthält eine Regelung zur Bestandsdatenauskunft. Der BVerfG-Beschluss erging während des laufenden Gesetzgebungsverfahrens, und der Bundespräsident verwehrte seine Unterzeichnung. Das Gesetz zur Bestandsdatenauskunft soll auch dieses Problem lösen.