Das kirchliche Selbstbestimmungsrecht wankt – der EuGH stellt sich gegen das BVerfG!
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat auf eine Vorlage des Bundesarbeitsgerichts (BAG) mit Urteil vom 17.04.2018 zum Aktenzeichen C-414/16 entschieden, dass auch ein kirchlicher Arbeitgeber die Überprüfung durch ein Gericht hinnehmen muss und sich nicht auf das kirchliche Selbstbestimmungsrecht berufen kann.
Im konkreten Fall hat sich eine Frau, die keiner Religion angehört – also konfessionslos ist – bei einer kirchlichen Einrichtung auf eine Stelle beworben, wurde aber nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen, da sie nicht Mitglied in der Kirche sei. Die Frau fühlte sich diskriminiert und klagte einen Entschädigungsanspruch nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) ein. Die kirchliche Einrichtung berief sich darauf, dass die Frau nicht vor dem Gericht klagen könne, da die kirchliche Selbstbestimmung betroffen sei (vgl. Art. 140 Grundgesetz (GG) i. V. m. Art 137 II Weimarer Reichsverfassung). Die Richter am BAG waren unsicher und legten dem EuGH die Frage vor, ob die Frau gegen die kirchliche Einrichtung klagen könne. Die EuGH-Richter bejahten dies.
Die Richter stellten fest, dass das kirchliche Selbstbestimmungsrecht nicht so weit gehe, dass diese ohne Möglichkeit der gerichtlichen Überprüfung wegen der Religion diskriminieren können. Dabei haben die EuGH-Richter auch thematisiert, dass das AGG den Kirchen weitgehende Freiheit gibt, sodass diese sich vielerlei nicht an dieses zu halten haben. Die EuGH-Richter sagten dazu aber ganz klar, dass das so nicht geht. Es sei die nationale Regelung des AGG europarechtskonform auszulegen. Dies steht im Gegensatz zum Bundesverfassungsgericht, welches den Kirchen stets ein weites Selbstbestimmungsrecht zuschreibt, in welches die Gerichte nur schwer bis gar nicht eingreifen oder kontrollieren können.
Rechtsanwalt Dipl.-Jur. Jens Usebach, LL.M. vertritt Sie im Diskriminierungsrecht!