Das Landesarbeitsgericht Köln hat mit Urteil vom 08.06.2021 zum Aktenzeichen 6 Sa 723/20 entschieden, dass nach § 138 Abs. 1 und 2 ZPO ein Vortrag der darlegungs- und beweisbelasteten Partei notwendig ist, der alles das beinhaltet, was die darlegende Partei weiß und wissen kann.
Die Vorlage von EXCEL-Datenblättern und damit die Darstellung der Ergebnisse von Rechenoperationen reichen nicht aus, um die Täterschaft eines Arbeitnehmers für eine behauptete Straftat darzulegen.
Der Vortrag der Beklagten gibt Anlass, an den Beibringungsgrundsatz zu erinnern, der das Zivilverfahren bestimmt: anders als vor dem Strafrichter und in den Verfahrensordnungen der anderen Fachgerichte, sind es vor den Zivilgerichten und Arbeitsgerichten die Parteien, die mit ihren Anträgen und ihrem Vortrag den Sachverhalt bestimmen, der Gegenstand der Entscheidung sein soll. So gilt einseitig erbrachter, aber von der anderen Seite nicht bestrittener Vortrag gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als wahr, ohne dass es einer weiteren Ermittlung oder gar Beweisaufnahme bedürfte; im Falle des Bestreitens durch die andere Seite bedarf es aber umgekehrt einer weiteren Konkretisierung des Vortrages, die den Anforderungen des § 138 Abs. 1 ZPO Genüge tut, insbesondere der Anforderung der Vollständigkeit. Damit ist ein Vortrag notwendig, der alles das beinhaltet, was die darlegende Partei weiß und wissen kann. Bleibt nach entsprechend konkretem Bestreiten diese Konkretisierung aus, kommt eine Beweisaufnahme nicht in Betracht. Denn eine Beweisaufnahme, die die Beantwortung genau der Fragen bezweckt, die eigentlich zum Vortrag der beweisbelasteten Partei gehört, führt zu einer im Zivilprozess unzulässigen, weil dem Beibringungsgrundsatz widersprechenden, Ausforschung. Vorliegend ist es die Beklagte, die nach § 1 Abs. 2 Satz 4 KSchG, der für die fristlose Kündigung entsprechend gilt, die Darlegungs- und Beweislast für die Tatsachen trägt, die die Kündigung bedingen sollen. Es ist also an ihr, die Täterschaft des Klägers zu beweisen und damit zunächst bei einem (hier tatsächlich erfolgten) Bestreiten durch den Kläger mit konkretisierendem Vortrag dessen Täterschaft darzulegen. Der Kläger hat seine Täterschaft nicht nur pauschal bestritten und auf den „unbekannte Dritten“ verwiesen, sondern darüber hinaus vorgetragen, wer im Betrieb Zugriff auf das IT-System hat, auf seine Hardware und auf seine Passwords und Kennungen.
Die betriebsbedingte Kündigung ist kein „Auffangtatbestand“ für Sachverhalte, in denen die Tatsachen zur Begründung einer verhaltensbedingten oder personenbedingten Kündigung nicht ausreichen.
Die Kündigung ist auch nicht durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt. Erstmals in der Berufungsinstanz hat sich die Beklagte auf einen neuen weiteren Kündigungsgrund berufen, nämlich auf die Entscheidung, die bisher vom Kläger zu erfüllenden Aufgaben auf die Mitarbeiter L A (Geschäftsführer), A A und J R zu verteilen. Auch hinsichtlich dieses neu vorgebrachten Kündigungsgrundes hält der Vortrag der Beklagten den Anforderungen des Gesetzes und der Rechtsprechung des 2. Senats des Bundesarbeitsgerichts nicht stand (vgl. hierzu und im Folgenden: BAG v. 24.05.2012 – 2 AZR 124/11 –, Rn. 21 – 28). Dringende betriebliche Erfordernisse für eine Kündigung im Sinne des § 1 Abs. 2 KSchG können sich aus innerbetrieblichen oder außerbetrieblichen Gründen ergeben. Innerbetriebliche Gründe liegen vor, wenn sich der Arbeitgeber zu einer organisatorischen Maßnahme entschließt, bei deren Umsetzung das Bedürfnis für die Weiterbeschäftigung eines oder mehrerer Arbeitnehmer entfällt. Eine solche unternehmerische Entscheidung ist gerichtlich nicht auf ihre sachliche Rechtfertigung oder ihre Zweckmäßigkeit hin zu überprüfen, sondern nur darauf, ob sie offensichtlich unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist. Nachzuprüfen ist aber, ob die fragliche Entscheidung tatsächlich umgesetzt wurde und dadurch das Beschäftigungsbedürfnis für einzelne Arbeitnehmer entfallen ist. Allerdings kann in Fällen, in denen die Organisationsentscheidung des Arbeitgebers und sein Kündigungsentschluss praktisch deckungsgleich sind, die ansonsten berechtigte Vermutung, die fragliche Entscheidung sei aus sachlichen Gründen erfolgt, nicht unbesehen greifen. Da die Kündigung nach dem Gesetz an das Vorliegen von Gründen gebunden ist, die außerhalb ihrer selbst liegen, muss der Arbeitgeber in solchen Fällen seine Entscheidung hinsichtlich ihrer organisatorischen Durchführbarkeit und zeitlichen Nachhaltigkeit verdeutlichen. Daran fehlt es, wenn die Kündigung zu einer rechtswidrigen Überforderung oder Benachteiligung des im Betrieb verbliebenen Personals führte oder die zugrunde liegende unternehmerische Entscheidung lediglich Vorwand dafür wäre, bestimmte Arbeitnehmer aus dem Betrieb zu drängen, obwohl Beschäftigungsbedarf und Beschäftigungsmöglichkeiten objektiv fortbestehen und etwa nur der Inhalt des Arbeitsvertrags als zu belastend angesehen wird. Läuft die unternehmerische Entscheidung auf die Streichung eines einzelnen Arbeitsplatzes hinaus verbunden mit einer Umverteilung der dem betroffenen Arbeitnehmer bisher zugewiesenen Aufgaben, muss der Arbeitgeber konkret erläutern, in welchem Umfang und aufgrund welcher Maßnahmen die bisher vom gekündigten Arbeitnehmer ausgeübten Tätigkeiten für diesen zukünftig entfallen. Nur so kann geprüft werden, ob die Entscheidung den dargestellten Voraussetzungen genügt. Um dem Verdacht des Missbrauchs zu umgehen, muss der Arbeitgeber die Auswirkungen seiner unternehmerischen Vorgaben und Planungen auf das erwartete Arbeitsvolumen anhand einer schlüssigen Prognose im Einzelnen darstellen und angeben, wie die anfallenden Arbeiten vom verbliebenen Personal ohne überobligationsmäßige Leistungen, das heißt im Rahmen ihrer vertraglich geschuldeten regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit erledigt werden können. Die sich so darstellenden Grundsätze des 2. Senats bedeuten zusammengefasst, dass die betriebsbedingte Kündigung kein Auffangtatbestand für Sachverhalte ist, in denen die Tatsachen zur Begründung einer verhaltensbedingten oder personenbedingten Kündigung nicht ausreichen.
An diesen Vorgaben gemessen, sind die Darlegungen der Beklagten zur Neuverteilung der Aufgaben des Klägers nicht ausreichend, weil sie sich nur auf Schlagworte beschränken.