Der Hessische Verwaltungsgerichtshof in Kassel hat mit Beschluss vom 28.10.2020 zum Aktenzeichen 2 B 2622/20 entschieden, dass Menschenketten gegen die Rodung des Dannenröder Waldes und im Bereich „Herrenwald“ am 29.10.2020 auch auf der künftigen Trasse der A 49 ermöglicht werden müssen.
Aus der Pressemitteilung des Hess. VGH Nr. 43/2020 vom 28.10.2020 ergibt sich:
Der Antragsteller meldete am 12.10.2020 die Durchführung von Versammlungen im Dannenröder Wald in der Gemarkung Niederklein sowie im Herrenwald in den Gemarkungen Stadtallendorf, Niederklein und Erksdorf mit dem Titel „Hätte, hätte Polizeikette – Hört auf Menschen zu gefährden! – Menschenkette gegen die Räumung und Rodung des Waldes und gegen die Einschränkung von Waldbetretungsrecht sowie Presse- und Versammlungsfreiheit“ an. Den ursprünglich genannten Zeitraum vom 14.10.2020, 12.00 Uhr bis 01.03.2021, 1.00 Uhr änderte er mit E-Mail vom 13.10.2020 ab auf die Zeit von Mittwoch, den 14.10.2020, 12.00 Uhr bis Freitag, den 16.10.2020, 19.00 Uhr, Freitag, den 23.10.2020, 8.00 Uhr bis 18.00 Uhr und Donnerstag, den 29.10.2020, 8.00 Uhr bis 18.00 Uhr. Zum Ablauf der Versammlungen gab er an, mit Bekanntwerden des oder der jeweiligen Arbeits- und Einsatzbereiche im Wald und mit Beginn der Räumungs- und Rodungsarbeiten für den Weiterbau der Bundesautobahn A 49 solle von den Versammlungsteilnehmern für die Dauer von einer Stunde eine Menschenkette um die Harvester, Hebebühnen, Räumpanzer und Baumhäuser gebildet werden, um sich symbolisch schützend bzw. abwehrend vor die Bäume und Maschinen zu stellen und damit die ablehnende Haltung gegen die Maßnahme auszudrücken. Die Räumungs- und Rodungsarbeiten müssten währenddessen unterbrochen werden. Es sollten Reden gehalten werden und Clowns der sog. CIRCA-Brigaden auftreten, die „der Polizei auf der Nase herumtanzen“ sollten. Das Regierungspräsidium Gießen untersagte die Durchführung der Versammlung auf der Trasse nebst einem Sicherheitsabstand von insgesamt 120 m einschließlich den bereits gerodeten Flächen. Die Durchführung der Versammlung sei nur im Abstand von 120 m zu dem jeweiligen Räumungs- und Rodungsort möglich. Hierzu wurden verschiedene Auflagen erlassen.
Der VGH Kassel hat der Beschwerde des Antragstellers gegen eine anders lautende Entscheidung des VG Gießen teilweise stattgegeben.
Der Verwaltungsgerichtshof gestattete in seinem Beschluss über die Beschwerde gegen die erstinstanzliche Entscheidung hinsichtlich der Bildung von Menschenketten um Harvester, Hebebühnen, Räumgeräte und Baumhäuser auf den in der Versammlungsanmeldung des Antragstellers bezeichneten Flurstücken im Bereich der künftigen Trasse der A 49 sowie der unmittelbar angrenzenden Bereiche (Sicherheitszone von 120 m) am 29.10.2020 vor Beginn der Räumungs- und Rodungsarbeiten für die Dauer von einer Stunde mit der Maßgabe, dass bereits gerodete Flächen und daran angrenzende Flächen bis zu einem Sicherheitsabstand von 120 m von Versammlungsteilnehmern nicht betreten werden dürfen.
Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes erweist sich das in den versammlungsrechtlichen Verfügungen vom 14.10.2020 ausgesprochene Verbot, die Versammlung auf der geplanten Trasse des Neubaus der Bundesautobahn A 49 nebst einem Sicherheitsabstand von insgesamt 120 m durchzuführen, voraussichtlich als rechtswidrig, soweit damit auch die von dem Antragsteller geplante Bildung von Menschenketten um Harvester und sonstige Gerätschaften sowie um Baumhäuser vor dem täglichen Beginn von Räumungs- und Rodungsarbeiten für die Dauer von einer Stunde in diesem räumlichen Bereich generell ausgeschlossen werde. Solange die Maschinen für eine Stunde stillstünden, dürften die Flächen der künftigen Trasse der A 49 sowie eines daran angrenzenden Sicherheitsbereichs von 120 m grundsätzlich von den Versammlungsteilnehmern betreten werden. Während eines Stillstands der Maschinen halte der Verwaltungsgerichtshof aus Sicherheitsgründen lediglich ein Betretensverbot für bereits gerodete Flächen und daran angrenzende Flächen bis zu einem Abstand von 120 m für geboten.
Die mit der Bildung einer Menschenkette verbundene Blockade der Räumungs- und Rodungsarbeiten seien für die Dauer einer Stunde jeweils einmal in der Woche der dadurch in der Bauvorbereitung beeinträchtigten Vorhabenträgerin zumutbar. Während der Bildung der Menschenkette müssten die Harvester und sonstigen Gerätschaften stillstehen, auch eine Räumung der Baumhäuser sei solange nicht möglich. Der Sicherheitsabstand von 120 m zu den schon gerodeten Flächen ergebe sich aus den Gefahren für Leben und Gesundheit der Versammlungsteilnehmer und Polizisten, die wegen der rodungsbedingten Instabilität von Bäumen und Astwerk auch in dem angrenzenden Waldrand zu besorgen seien.
Ohne Erfolg blieb die Beschwerde hingegen, soweit sie sich gegen das Verbot richtete, im weiteren Verlauf des Tages die Versammlungen im räumlichen Bereich der geplanten Trasse nebst einem Sicherheitsabstand von 120 m durchzuführen. Die fortschreitenden Räum- und Fällarbeiten erforderten einen hinreichenden Sicherheitsabstand zu Menschen im Umkreis.
Die Entscheidung ist rechtskräftig.