Corona-Sonderregelungen: Keine antragslose Weiterbewilligung von fehlerhaft übernommenen Hartz-IV-Leistungen

19. Oktober 2020 -

Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen in Celle hat mit Beschluss vom 22.09.2020 zum Aktenzeichen L 11 AS 415/20 B ER entschieden, dass die Sonderregelungen des Sozialschutzpakets nicht dazu führen dürfen, dass ein Jobcenter Grundsicherungsleistungen sehenden Auges zu Unrecht weitergewährt.

Aus der Pressemitteilung des LSG Niedersachsen-Bremen Nr. 22/2020 vom 19.10.2020 ergibt sich:

Zugrunde lag das Verfahren eines Mannes (geb. 1966), der bereits seit 2013 Hartz-IV bezieht. Er lebt mit seiner Frau in einem Haus, für welches er einen sog. Mietkaufvertrag geschlossen hatte. Die monatlichen Zahlungen aus diesem Vertrag wurden durch das Jobcenter bisher als Miete berücksichtigt obwohl sie Kaufpreisraten für das Haus darstellten. Nachdem das Jobcenter Klarheit über die genaue Art der Unterkunftskosten erhalten hatte, verweigerte es die Weiterbewilligung. Demgegenüber verlangte der Mann weitere Leistungen und berief sich darauf, dass Grundsicherungsleistungen aufgrund der Corona-Pandemie von Amts wegen unter Annahme unveränderter Verhältnisse für 12 Monate weiter zu bewilligen seien.

Das LSG Celle-Bremen hat entschieden, dass das Jobcenter nicht zur Übernahme der Mietkaufraten verpflichtet ist.

Nach Auffassung des Landessozialgerichts ist bereits die ursprüngliche Leistungsbewilligung fehlerhaft. Denn vom Jobcenter sei grundsätzlich nur die Miete zu übernehmen ist. Im vorliegenden Fall dienten die Raten jedoch dem Abtrag des Kaufpreises. Damit würden sie zu einer Vermögensbildung führen, die vom Jobcenter nicht übernommen werden dürfe.

Es bestehe auch kein Anspruch auf Fortbewilligung der Leistungen aufgrund der Sonderregelungen des Sozialschutzpakets. Mit der neuen Vorschrift des § 67 Abs. 5 Satz 3 SGB II erfolge zwar die Weiterbewilligung von Grundsicherungsleistungen bei bereits seit Längerem im Bezug stehenden Betroffenen unter der Annahme unveränderter Verhältnisse ohne Überprüfung des weiteren Vorliegens der Anspruchsvoraussetzungen. Diese Vorschrift dürfe jedoch nicht dazu führen, dass ein Jobcenter „sehenden Auges“ Leistungen zu Unrecht gewähre.