Das Verwaltungsgericht Wiesbaden hat mit Beschluss vom 17.11.2020 zum Aktenzeichen 5 L 1237/20.WI entschieden, dass die Betreiberin eines Friseursalons in Hessen während der aktuell bestehenden Maßnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus kein Augenbrauenfärben durchführen darf.
Aus der Pressemitteilung des VG Wiesbaden Nr. 14/2020 vom 18.11.2020 ergibt sich:
In einem Eilverfahren begehrte die Betreiberin des Friseursalons, in dem auch sog. „Brow-Behandlungen“ angeboten werden, dass sie das Augenbrauenfärben im Rahmen des Betriebes ihres Friseursalons auch während der aktuell bestehenden Maßnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus weiter durchführen kann.
Das VG Wiesbaden hat diesen Eilantrag abgelehnt.
Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts ist die Betreiberin nach der in Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung nicht mit der erforderlichen hohen Wahrscheinlichkeit berechtigt, im Rahmen ihres Friseurbetriebes das Färben der Augenbrauen weiterhin durchzuführen. Dies folge aus der aktuellen Einundzwanzigsten Verordnung zur Anpassung der Verordnungen zur Bekämpfung des Coronavirus vom 29.10.2020, die unter Art. 5 Änderungen zur Corona-Kontakt- und Betriebsbeschränkungsverordnung vom 07.05.2020, zuletzt geändert durch Verordnung vom 19.10.2020, enthält (im Folgenden: CoKoBeV).
Der Friseurbetrieb sei zwar nach dieser Verordnung nicht zu schließen. Etwas anderes gelte jedoch für die „Brow-Behandlungen“. Es handele sich hierbei um eine Dienstleistung, die nicht ausschließlich von Friseurbetrieben, sondern auch von anderen Dienstleistungsbetrieben, etwa Kosmetikstudios oder „Brow-Bars“, durchgeführt würde. Solche Dienstleistungsbetriebe seien jedoch nach der CoKoBeV bis zum Ablauf des 30.11.2020 geschlossen zu halten. Die Auslegungshinweise zur CoKoBeV würden unter Ziffer 7 klarstellen, dass untersagte Dienstleistungen auch nicht von Friseurbetrieben erbracht werden dürften. Hintergrund sei, dass Dienstleistungen im Bereich der Körperpflege derzeit grundsätzlich nicht erlaubt sein sollen, um unmittelbare persönliche Kontakte auf das notwendige Mindestmaß zu beschränken. Eine Ausnahme gelte für solche Dienstleistungen im Bereich der Körperpflege, die über den Bereich der bloßen Körperpflege und -ästhetik hinaus für die Gesundheit und/oder deren Erhaltung als medizinisch notwendig erachtet würden. Eine solche medizinische Notwendigkeit könne für die ebenfalls erlaubten Friseurbetriebe zwar nicht festgestellt werden, es werde jedoch davon ausgegangen, dass für Friseurdienstleistungen ein weite Teile der Bevölkerung umfassender Grundbedarf bestehe, weswegen deren Aufrechterhaltung auch in außergewöhnlichen Gesundheitssituationen gewährleistet werden solle.
Diese Regelung sei nach summarischer Prüfung insbesondere mit dem Grundrecht auf Berufsfreiheit, Art. 12 Abs. 1 GG, und dem allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar. Der Eingriff in die Berufsfreiheit sei verhältnismäßig, da der durch die Co-KoBeV intendierte Schutz – die aktuell stark zunehmende Beschleunigung der Ausbreitung des Coronavirus in der Bevölkerung durch Minimierung sozialer Kontakte und der Unterbrechung von Infektionsketten einzudämmen, um insbesondere die Gefahr der Überlastung des Gesundheitssystems abzuwenden – und demnach des Rechts auf Leben und körperliche Unversehrtheit der Bevölkerung aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG überwiege. Zudem sei der übliche Friseurbetrieb sonst ungehindert möglich. Die Einschränkung sei auch bis zum 30.11.2020 befristet, wodurch eine fortlaufende Überprüfung der Maßnahmen durch die Landesregierung gewährleistet werde. Zudem stünden für betroffene Betriebe staatliche Hilfsprogramme zur Verfügung, die wirtschaftliche Folgen abfedern könnten.
Der allgemeine Gleichheitssatz sei auch nicht verletzt, da der Verordnungsgeber im Rahmen des ihm angesichts der überragenden Bedeutung des Schutzes von Leben und körperlicher Unversehrtheit sowie bei noch unsicherer Tatsachengrundlage zustehenden Einschätzungsspielraumes auch zwischen verschiedenen Dienstleistungen differenzieren dürfe. Es handele sich bei der CoKoBeV um ein Gesamtpaket, dessen Effizienz von der Funktionsfähigkeit aller Bestandteile, also auch der hier angegriffenen Maßnahme abhänge. Die Entscheidung für ein derartiges Gesamtpaket trage dem derzeitigen unkontrollierten Infektionsgeschehen Rechnung.
Gegen den Beschluss kann die Antragstellerin binnen zwei Wochen Beschwerde erheben, über die der VGH Kassel zu entscheiden hätte.