Das Thüringer Oberverwaltungsgericht in Weimar hat am 22.05.2020 zum Aktenzeichen 3 EO 341/20 die Regelung in der Thüringer SARS-CoV-2-Maßnahmenfortentwicklungsverordnung, wonach Fitnessstudios erst am 01.06.2020 öffnen dürfen, mit der Maßgabe außer Vollzug gesetzt, dass die Öffnung eines Fitnessstudios jedoch voraussetzt, dass ein Infektionsschutzkonzept erstellt und nachgewiesen wird.
Aus der Pressemitteilung des Thür. OVG vom 22.05.2020 ergibt sich:
Der Antragsteller, der ein Fitnessstudio in Apolda betreibt, hat zur Begründung seines Eilantrags u.a. darauf verwiesen, dass er mit dem zuständigen Gesundheitsamt ein umfassendes Sicherheits- und Hygienekonzept erarbeitet habe, das die Eröffnung seines Fitnessstudios ermöglicht hätte. Durch die erst zum 01.06.2020 vorgesehene Öffnung entstünde ihm ein erheblicher wirtschaftlicher Schaden.
Das OVG Weimar hat § 12 Abs. 3 Nr. 1 der Thüringer SARS-CoV-2-Maßnahmenfortentwicklungsverordnung vom 12.05.2020, wonach Fitnessstudios erst am 01.06.2020 öffnen dürfen, außer Vollzug gesetzt und damit dem Eilantrag stattgegeben.
Nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts wird sich die durch die neueste Corona-Verordnung angeordnete Schließung von Fitnessstudios bis zum 31.05.2020 in einem späteren Hauptsacheverfahren wohl nicht mehr als verhältnismäßig erweisen. Die durch das SARS-CoV-2-Virus ausgelöste Krankheit Covid-19 zeige weltweit nach wie vor teilweise sehr schwere Verläufe. Auch wenn die Anzahl der neu übermittelten Fälle in Deutschland derzeit rückläufig sei, werde die Gefahr für die Gesundheit der Bevölkerung in Deutschland aktuell weiterhin als insgesamt hoch eingeschätzt, für Risikogruppen als sehr hoch. Deshalb sei bei der allein möglichen summarischen Prüfung der vorliegenden sachverständigen Äußerungen (insbesondere des Robert-Koch-Instituts) immer noch davon auszugehen, dass der erreichte Status niedriger Fallzahlen und eines rückläufigen Reproduktionsfaktors nicht stabil sei und deshalb vermieden werden müsse, dass eine vorschnelle Aufhebung der Schutzmaßnahmen die Lage wieder verschärfe. Aber selbst bei Berücksichtigung dieser besonderen Risikolage erweise sich die weitere Schließung von Fitnessstudios in Thüringen rechtlich mit hoher Wahrscheinlichkeit als nicht haltbar.
Das Oberverwaltungsgericht habe keine durchgreifenden Zweifel, dass die Schließung von Fitnessstudios geeignet sei, das Risiko von Infektionen zu vermindern und insbesondere die Entstehung von Infektionsketten zu vermeiden. Es bestünden jedoch erhebliche Anhaltspunkte dafür, dass gegenüber der vollständigen Schließung von Fitnessstudios gleich wirksame und effektive mildere Maßnahmen zur Gefahrvermeidung zur Verfügung stehen. Das Gesundheitsministerium habe in der angegriffenen Verordnung eine weitgehende Ausnahmevorschrift für den organisierten Sportbetrieb – auch in geschlossenen Räumen – im Breiten-, Gesundheits-, Reha- sowie Leistungssport einschließlich der Spezialschulen für den Sport auf und in allen nicht öffentlichen und öffentlichen Sport- und Freizeitanlagen unter Berücksichtigung der Abstandsregeln und Schutzvorschriften und unter Beachtung des Konzeptes des für Sportpolitik zuständigen Ministeriums geschaffen, die dazu führe, dass das an und für sich auch für diese Einrichtungen grundsätzlich bis zum 31.05.2020 bestehende Verbot faktisch aufgehoben werde.
Die demgegenüber ausgesprochene ausnahmslose fortdauernde Schließung der Fitnessstudios erweise sich als mit dem Grundgesetz nicht vereinbare Ungleichbehandlung, für die es keine sachliche Rechtfertigung gebe. Jedenfalls sei es nicht erkennbar, dass von vornherein Sportvereine oder gar Sport- und Freizeiteinrichtungen besser als kommerzielle Anbieter in der Lage sein sollten, notwendige Sicherheits- und Hygienestandards sicherzustellen. Dies gelte umso mehr, als gewerbliche Anbieter auch im Hinblick auf die Sicherung ihrer wirtschaftlichen Existenz gehalten seien, auf die Einhaltung von Sicherheits- und Hygienestandards zu achten, weil sie sich bei einem Verstoß nicht nur bußgeldpflichtig machten, sondern auch mit gewerberechtlichen Konsequenzen zu rechnen hätten. Die Gefahr von Infektionen sei nunmehr durch qualifizierte Infektionsschutzpläne, die durch die Fitnessstudios zu erarbeiten seien, zu minimalisieren.
Das OVG Weimar hat ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die einstweilige Außervollzugsetzung allgemeinverbindlich ist; sie gilt landesweit. Soweit in einzelnen Regionen des Landes sich die epidemiologische Lage verschlechtern sollte, ist darauf gegebenenfalls mit einschränkenden Anordnungen zu reagieren.
Der Beschluss ist unanfechtbar.