Das Oberverwaltungsgericht für das Land Schleswig-Holstein hat mit Beschlüssen vom 02.04.2020 zu den Aktenzeichen 3 MB 8/20 und 3 MB 11/20 das durch den Kreis Nordfriesland verfügte Anreiseverbot zur Nutzung von Nebenwohnungen (Zweitwohnungen) zwecks Bekämpfung und Ausbreitung des neuartigen Coronavirus SARS-CoV-2 bestätigt und sich zugleich zu den diesbezüglichen Ausnahmeregelungen geäußert.
Aus der Pressemitteilung des OVG SH vom 03.04.2020 ergibt sich:
Nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts habe vorerst jede Art vermeidbarer Anreisen zu unterbleiben. Im Verfahren 3 MB 8/20 führt das Oberverwaltungsgerichts nach summarischer Prüfung aus, dass das Anreiseverbot aus der Allgemeinverfügung des Kreises rechtmäßig sei. Nach dem Infektionsschutzgesetz des Bundes sei der Kreis gehalten, der Verbreitung des Virus entgegenzuwirken und die jeweils erforderlichen Maßnahmen zu treffen. Beanstandungsfrei berufe sich der Kreis darauf, dass das Virus vermutlich gerade durch auswärtige Personen verbreitet werde, die erst im Skiurlaub gewesen seien und danach in ihre Ferienwohnung reisten. Auf diese Weise kämen Personen miteinander in Kontakt, die sonst keinen Kontakt hätten. Allein im Kreis Nordfriesland gebe es mehrere Tausend Ferienwohnungen. Das Oberverwaltungsgericht habe deshalb keinen Zweifel, dass die untersagte Anreise ein verhältnismäßiges Mittel darstelle, um die Ausbreitung des neuartigen Virus einzudämmen und die medizinischen Versorgungskapazitäten im Kreisgebiet vor Überlastung zu schützen. Es dürfe nicht so weit kommen, dass das medizinische Personal darüber entscheiden müsse, welche beatmungspflichtigen Patienten von einer intensivmedizinischen Behandlung ausgeschlossen würden. Das Interesse der Antragsteller an einer uneingeschränkten Nutzung ihrer Nebenwohnung müsse hinter diesem überragenden öffentlichen Interesse zurückstehen, zumal es sich um eine nur vorübergehende Maßnahme handele und bei schwerwiegenden Gründen Ausnahmen möglich seien. Schließlich sei der der Verfügung zugrundeliegende § 28 des Infektionsschutzgesetzes zum 28.03.2020 geändert worden und ermächtige nunmehr auch zu Eingriffen in das Grundrecht auf Freizügigkeit.
Im Verfahren 3 MB 11/20 begehrten die Antragsteller die gerichtliche Feststellung, dass für die von ihnen geplante Anreise zu ihrer Nebenwohnung im Kreisgebiet ein Ausnahmetatbestand gegeben sei. Es sei kein Aufenthalt zu touristischen Zwecken geplant, vielmehr solle von dort aus im Homeoffice gearbeitet werden.
Eine Ausnahmemöglichkeit vermochten weder das Verwaltungsgericht noch das Oberverwaltungsgericht dafür anzuerkennen. Die Allgemeinverfügung des Kreises bestimme unter Bezugnahme auf die „SARS-CoV-2-Bekämpfungsverordnung“ der Landesregierung ausdrücklich, dass nicht nur Reisen aus touristischem Anlass, sondern auch zu Freizeitzwecken, zu Fortbildungszwecken oder zur Inanspruchnahme von vermeidbaren oder aufschiebbaren Maßnahmen untersagt seien. Ausgenommen vom Verbot sei die Nutzung einer Nebenwohnung nur aus zwingenden Gründen, etwa aus zwingenden gesundheitlichen oder beruflichen Gründen. Dergleichen gelte für die Antragsteller nicht. Es sei nicht erkennbar, warum es für sie unerlässlich sein solle, zur Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit ihren Nebenwohnsitz aufzusuchen. Es sei zwar verständlich, dass sie die im Vergleich mit ihrer Hauptwohnung geräumigere und mit einem Grundstück versehene Zweitwohnung zum Aufenthalt für sich und ihre Kinder nutzen wollten, doch vermöge dies keinen „zwingenden Grund“ oder einen vergleichbar schwerwiegenden Grund im Sinne der Allgemeinverfügung zu begründen.
Die Beschlüsse sind unanfechtbar.