Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss vom 10. Dezember 2019 zum Aktenzeichen 2 BvR 2061/19 entschieden, dass eine Vollstreckung einer Freiheitsstrafe auszusetzen ist.
Der Beschwerdeführer wurde mit Urteil des Landgerichts Essen vom 8. Juni 2017 wegen Untreue in sechs Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt.
Unter dem 14. September 2018 bat der Beschwerdeführer um einen dreimonatigen Aufschub der Strafvollstreckung aufgrund der Notwendigkeit einer psychologischen Behandlung.
Ein unter dem 13. Februar 2019 erstelltes psychiatrisches Zusatzgutachten des Gesundheitsamtes Mülheim an der Ruhr kam zu dem Ergebnis, dass sich beim Beschwerdeführer psychopathologisch alle Symptome einer mittelgradigen depressiven Störung gefunden hätten.
Mit angegriffener Entscheidung vom 12. Juli 2019 teilte die Staatsanwaltschaft Essen dem Beschwerdeführer mit, dass kein Anlass bestehe, den beantragten Strafaufschub zu gewähren
Die hiergegen mit Schreiben vom 17. Juli 2019 erhobenen Einwendungen des Beschwerdeführers wies das Landgericht Essen mit angegriffenem Beschluss vom 15. August 2019 zurück. Insbesondere liege eine Geisteskrankheit im Sinne des § 455 Abs. 1 StPO beim Beschwerdeführer nicht vor. Nach Einschätzung des Anstaltsarztes der Justizvollzugsanstalt Bielefeld-Senne begründeten insbesondere die amtsärztlichen Diagnosen keine Haftunfähigkeit.
Die somit nach § 32 BVerfGG gebotene Abwägung der Verfassungsrichter fiel auf den Eilantrag zugunsten des Beschwerdeführers aus.
Unterbliebe die einstweilige Anordnung, erweist sich später die Verfassungsbeschwerde jedoch als begründet, kann in der Zwischenzeit die Freiheitsstrafe aus dem landgerichtlichen Urteil vollstreckt werden. Damit wäre ein erheblicher, nicht wiedergutzumachender Eingriff in das Recht auf Freiheit der Person aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG, das unter den grundrechtlich verbürgten Rechten besonderes Gewicht hat, sowie gegebenenfalls ein nicht unerheblicher Eingriff in das Recht auf körperliche Unversehrtheit aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG verbunden.
Erginge die einstweilige Anordnung, wird die Verfassungsbeschwerde aber später als unbegründet zurückgewiesen, so wiegen die damit verbundenen Nachteile weniger schwer. In diesem Fall kann zwar die oben genannte Freiheitsstrafe vorübergehend nicht vollstreckt werden. Ein erheblicher Nachteil für das Wohl der Allgemeinheit ist jedoch nicht zu besorgen, da dem öffentlichen Interesse an der Vollstreckung der Freiheitsstrafe auch nach einer Zurückweisung der Verfassungsbeschwerde – wenn auch zeitlich verzögert – noch Rechnung getragen werden kann.