Bundesrepublik Deutschland muss Feuerwehrkosten tragen

18. Januar 2022 -

Das Verwaltungsgericht Hannover hat am 12.01.2022 zum Aktenzeichen 10 A 2803/19 entschieden, dass der Eigentümer eines fließenden Gewässers zustandsverantwortlich für das darin befindliche Wasser ist.

Aus der Pressemitteilung des VG Hannover vom 17.01.2022 ergibt sich:

Die 10. Kammer des Verwaltungsgerichts Hannover hat am 12. Januar 2021 im schriftlichen Verfahren – die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet – die Klage der Bundesrepublik Deutschland gegen einen Bescheid der Landeshauptstadt Hannover abgewiesen, mit dem der Bund zur Zahlung von Feuerwehrkosten in Höhe von 14.890,55 Euro herangezogen wurde.

Am 2. Oktober 2016 beobachtete eine Passantin einen sich ausbreitenden Ölteppich auf dem Mittellandkanal auf Höhe der Kanalbrücke an der Hannoverschen Straße in Hannover und alarmierte die Feuerwehr der Beklagten. Diese rückte mit über dreißig Feuerwehrleuten und vier Einsatzleitwagen, vier Hilfeleistungs- und Löschfahrzeugen, einem Lastkraftwagen und einem Gerätewagen mit Mehrzweckboot zum Einsatzort aus. Dort stellten die Feuerwehrkräfte fest, dass sich der Ölteppich bereits auf ca. 200 Metern zwischen der Kanalbrücke und dem Misburger-Stichkanal ausgebreitet hatte. Die Feuerwehr schöpfte das Ölgemisch ab und entsorgte es anschließend. Nach etwas mehr als dreieinhalb Stunden konnte der Einsatz abgeschlossen werden.

Die Beklagte stellte der Klägerin die Einsatzkosten in Höhe von 14.890,55 Euro in Rechnung und begründete dies damit, dass es sich bei dem Mittelandkanal um eine Bundeswasserstraße handele und die Klägerin deshalb als Eigentümerin und Zustandsstörerin für die Einsatzkosten hafte.

Die Klägerin machte zur Begründung ihrer gegen diesen Bescheid erhobenen Klage unter anderem geltend, dass nach § 4 Abs. 2 des Wasserhaushaltsgesetzes ein Fließgewässer nicht eigentumsfähig sei und der Bund folglich nicht als Eigentümer des verunreinigten Wassers für dessen Zustand verantwortlich sein könne. In Ermangelung der tatsächlichen Sachherrschaft des Bundes über das Gewässer könne auch aus dieser keine Zustandsverantwortlichkeit hergeleitet werden.

Die 10. Kammer der Verwaltungsgerichts Hannover ist dieser Argumentation nicht gefolgt. Die Klägerin sei als Zustandsstörerin nach § 29 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 NBrandSchG in der zum Zeitpunkt des Einsatzes gültigen Fassung kostenverantwortlich. Zwar stehe das im Mittellandkanal fließende Wasser, die sog. „fließende Welle“, und damit auch das mit diesem vermischte Öl nach § 4 Abs. 2 WHG nicht im Eigentum des Bundes. Die Klägerin sei aber Eigentümerin des Gewässerbettes des Mittellandkanals nach § 4 Abs. 1 Satz 1 WHG und deshalb als Inhaberin der tatsächlichen Sachherrschaft über das im Gewässerbett fließende und damit auch über das verunreinigte Wasser anzusehen. Sie stehe in einer besonderen Nähebeziehung zur „fließenden Welle“, die für die Zustandsverantwortlichkeit konstitutiv sei. Dass der Eigentümer eines fließenden Gewässers in der Regel auch Inhaber der tatsächlichen Gewalt über das Wasser sei, setze der novellierte § 4 Abs. 2 WHG voraus. Aus diesem Grund könnten der Klägerin die Einsatzkosten in voller Höhe in Rechnung gestellt werden.

Gegen diese Entscheidung hat die 10. Kammer aufgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache die Berufung bei dem Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht in Lüneburg zugelassen.