Der Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz in Koblenz hat am 29.01.2021 zum Aktenzeichen W 4/21 die Beschwerde der „Ich tu‘s -Die Bürger- Initiative e.V.“ gegen die Ablehnung ihrer Anerkennung als wahlvorschlagsberechtigte Wählervereinigung für die Wahl zum 18. Landtag Rheinland-Pfalz durch den Kreiswahlausschuss für den Wahlkreis 4 (Neuwied) zurückgewiesen.
Aus der Pressemitteilung des VerfGH RP Nr. 2/2021 vom 29.01.2021 ergibt sich:
Die Beschwerdeführerin ist ein eingetragener Verein mit einer Mitgliederzahl von zwölf Personen und seit längerer Zeit kommunalpolitisch aktiv. Mit ihrer am 09.01.2021 beim Verfassungsgerichtshof eingelegten Beschwerde wandte sie sich dagegen, dass der Kreiswahlausschuss für den Wahlkreis 4 (Neuwied) ihren eingereichten Vorschlag für einen Wahlkreisbewerber am 06.01.2021 deshalb zurückgewiesen hatte, weil sie die Kriterien einer vorschlagsberechtigten Wählervereinigung für die Landtagswahl nicht erfülle (sog. Nichtanerkennungsbeschwerde). Angesichts von nur zwei Kreisverbänden und einer Mitgliederzahl von lediglich zwölf sei nicht ersichtlich, wie sie auf Landesebene Einfluss auf die politische Willensbildung des Volkes nehmen und einen Wahlkampf mit dem Ziel parlamentarischer Vertretung bezogen auf das Land Rheinland-Pfalz führen wolle. Die Beschwerdeführerin machte demgegenüber geltend, sie sei als wahlvorschlagsberechtigte Wählervereinigung für die Landtagswahl anzuerkennen. Der ablehnende Beschluss des Kreiswahlausschusses sei rechtswidrig. Eine (zusätzliche) Beschwerde an den Landeswahlausschuss hatte die Beschwerdeführerin nicht eingelegt, sondern allein den Verfassungsgerichtshof angerufen. Sie vertrat die Auffassung, die Möglichkeit nach dem Landeswahlgesetz, unmittelbar Nichtanerkennungsbeschwerde zum Verfassungsgerichtshof zu erheben, verdränge die Möglichkeit der allgemeinen Beschwerde zum Landeswahlausschuss. Diese allgemeine Beschwerde zum Landeswahlausschuss habe sie nicht einlegen müssen, sondern die Beschwerde allein zum Verfassungsgerichtshof sei zulässig.
Der VerfGH Koblenz hat die Beschwerde als unzulässig verworfen.
Nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes fehlt der Beschwerdeführerin das im Nichtanerkennungsverfahren erforderliche Rechtsschutzbedürfnis. Der erst im Jahr 2015 durch den Gesetzgeber eingeführte spezielle Rechtsbehelf der Nichtanerkennungsbeschwerde ermögliche lediglich in einem eng umschriebenen Anwendungsbereich, nämlich der Nichtanerkennung als Partei oder Wählervereinigung, eine partielle, vorgelagerte Wahlprüfung. Es handele sich damit in der Sache um ein Wahlprüfungsverfahren. Deshalb gelte auch hier der Grundsatz, dass der Beschwerdeführer die im Wahlvorbereitungs- und -prüfungsverfahren möglichen Rechtsbehelfe einlegen müsse, um in einem (verfassungs-)gerichtlichen Verfahren nicht mit seinem Vorbringen präkludiert zu sein. Ihn treffe daher die Obliegenheit, die von ihm beanspruchten Rechte mittels außergerichtlicher Rechtsbehelfe einzufordern. Dies schließe auch die Obliegenheit ein, gesetzlich ausnahmsweise parallel statthafte Rechtsbehelfe auch parallel – bei Gericht und im Verwaltungsverfahren – einzulegen.
Gemessen daran sei von einem Beschwerdeführer zu verlangen, gegen die seinen Wahlkreisvorschlag zurückweisende Entscheidung des Kreiswahlausschusses nicht allein die Nichtanerkennungsbeschwerde zum Verfassungsgerichtshof zu erheben, sondern parallel (auch) die allgemeine Beschwerde an den Landeswahlausschuss einzulegen. Ausweislich der Gesetzesbegründung habe der Gesetzgeber mit der Einführung der Nichtanerkennungsbeschwerde diese „doppelte“ Beschwerdemöglichkeit auch ausdrücklich so vorgesehen. Im Ergebnis seien die Rechtsschutzmöglichkeiten eines Beschwerdeführers dadurch zwar erweitert worden; ihm werde jedoch nicht die Option eröffnet, auf die allgemeine Beschwerde zum Landeswahlausschuss zu verzichten. Damit werde zugleich der ebenfalls in der Gesetzesbegründung niedergelegten Absicht des Gesetzgebers, den Landeswahlausschuss im Rahmen der Überprüfung von Entscheidungen im Rechtsbehelfsverfahren gegen Entscheidungen der Kreiswahlausschüsse auch weiterhin miteinzubeziehen, Rechnung getragen. Da die Beschwerdeführerin die Einlegung der allgemeinen Beschwerde beim Landeswahlausschuss versäumt habe, sei die Nichtanerkennungsbeschwerde zum Verfassungsgerichtshof unzulässig.