Der Hessische Verwaltungsgerichtshof in Kassel hat am 08.06.2020 zum Aktenzeichen 8 B 1446/20.N entschieden, dass die Bestimmungen der Hessischen Corona-Verordnung über die fortdauernde Schließung von Prostitutionsstätten nicht außer Vollzug gesetzt werden.
Aus der Pressemitteilung des Hess. VGH Nr. 27/2020 vom 09.06.2020 ergibt sich:
Die Antragstellerin betreibt in Offenbach am Main ein Bordell und muss ihren Betrieb aufgrund der Corona-Pandemie seit dem 18.03.2020 geschlossen halten. Sie begehrte deshalb den Erlass einer einstweiligen Anordnung in einem Normenkontrolleilverfahren gegen § 2 der Hessischen Corona-Kontakt- und Betriebsbeschränkungsverordnung vom 07.05.2020. Die Antragstellerin hat ihren Antrag im Wesentlichen damit begründet, dass ein absolutes Verbot des Betriebs von Prostitutionsstätten ohne die Möglichkeit der Zulassung im Einzelfall aufgrund eines Hygienekonzeptes nicht länger zu rechtfertigen sei. Insbesondere liege eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung im Verhältnis zu anderen körpernahen Dienstleistungen wie Friseuren, Massagesalons und Fitnessstudios vor, die in Hessen seit Mai wieder geöffnet hätten.
Der VGH Kassel hat den Eilantrag abgelehnt.
Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs erweist sich die angegriffene Regelung aufgrund der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung weder als offensichtlich rechtswidrig, noch sei bei der anzustellenden Folgenabwägung die Außervollzugsetzung der Regelung geboten.
Angesichts des nach wie vor fragilen epidemiologischen Geschehens in Deutschland sowie des in Prostitutionsstätten typischerweise einem ständigen Wechsel unterliegenden Aufenthalts von Personen in geschlossenen Räumen sei die fortdauernde Schließung von Prostitutionsstätten durch vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls gerechtfertigt und insbesondere verhältnismäßig.
Das von der Antragstellerin vorgelegte Hygienekonzept, welches unter anderem Schutzmaßnahmen wie das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung, das Gebot der Einhaltung des Mindestabstands, Temperaturmessungen bei ihren Kunden sowie die Aufnahme ihrer Kontaktdaten beinhaltet, konnte den Verwaltungsgerichtshof nicht überzeugen. Weder die Betreiberin noch die Ordnungsbehörden seien in der Lage, die Einhaltung dieser Hygienevorgaben effektiv zu kontrollieren. Zudem bestünden Zweifel daran, dass die Kunden ihre Kontaktdaten wahrheitsgemäß hinterließen, um bei einem Auftreten von Infektionsfällen ihre Nachverfolgung im Zusammenhang mit der Einleitung notwendiger Quarantänemaßnahmen zu ermöglichen. Vor diesem Hintergrund sei die Ungleichbehandlung von Prostitutionsstätten gegenüber anderen körpernahen Dienstleistungen sachlich gerechtfertigt.
Der Beschluss ist unanfechtbar.