Das Oberlandesgericht Stuttgart hat mit Urteil vom 12.03.2020 zum Aktenzeichen 14 U 155/19 entschieden, dass einer Influencerin für verkaufsfördernde Aktivitäten auf ihrem Instagram-Account auch ohne schriftliche Vereinbarung mit einem Modeunternehmen eine Umsatzbeteiligung zustehen kann.
Aus der Pressemitteilung des OLG Stuttgart vom 12.03.2020 ergibt sich:
Die seinerzeit 20-jährige Klägerin betätigte sich seit 2013 als „Fashion-Bloggerin“ und postete auf ihrem Instagram-Account Bilder von sich und mit von ihr gestalteten Bekleidungsstücken unter einem eigenen Modelabel. Sie erlangte aufgrund damals bereits ca. 50.000, heute rund 900.000 Followern auf Instagram einen gewissen Bekanntheitsgrad. Ende 2014 vereinbarte der jetzige Geschäftsführer der beklagten GmbH – ohne schriftliche Niederlegung – mit ihr eine Zusammenarbeit dergestalt, dass sie gemeinsam mit Logos veredelte Kleidungsstücke in einem Online-Shop verkaufen wollten. Die Klägerin sollte dabei eine 10%ige Umsatzbeteiligung erhalten. Der Zahlungsverkehr lief in der Folge u.a. über ein Paypal-Konto, wovon Geld auf ein der Klägerin zugängliches Konto floss. Diese war ab November 2015 Geschäftsführerin der zunächst als Unternehmergesellschaft (UG) gegründeten Beklagten und bezog dafür kein Gehalt. Vielmehr sollten ihr weiterhin ein 10%iger Anteil an den Umsätzen der unter der angemeldeten Marke „Blackdope“ vertriebenen Produkte zustehen. Alleingesellschafter der UG und späteren GmbH war deren heutiger Geschäftsführer. Nach einem Streit mit diesem schied die Klägerin zum 01.06.2016 aus der GmbH aus. Sie behauptet, während ihrer Zeit als Geschäftsführerin nicht über finanzielle Dinge unterrichtet worden zu sein, weshalb sie einen Auskunftsanspruch sowie die Feststellung geltend macht, dass die beklagte GmbH abzüglich bereits bezahlter rund 21.000 Euro ihr 10% des Nettoumsatzes bezahlen müsse.
Das Landgericht hat der Klage nur teilweise stattgegeben. Bis zu ihrem Ausscheiden stehe der Influencerin eine 10%ige Beteiligung an den mit „Blackdope-Produkten“ erzielten Nettoumsatz zu; nach ihrem Ausscheiden habe sie noch für einen Zwei-Jahres-Zeitraum einen auf 5% reduzierten Anspruch.
Das OLG Stuttgart hat das Urteil des Landgerichts bestätigt und die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.
Nach Auffassung des Oberlandesgerichts hätten die Parteien zwar keine vertraglichen Regelungen für die Honorierung der Geschäftsführertätigkeit der Klägerin bei der UG bzw. GmbH getroffen, doch sei diese Regelungslücke durch eine ergänzende Vertragsauslegung auf der Grundlage des hypothetischen Parteiwillens zu füllen. Die vereinbarte Umsatzbeteiligung sei zum einen für die konkrete verkaufsfördernde Aktivität der Klägerin, ihre Mithilfe bei den Entwürfen und die von ihr geposteten Fotos mit den Bekleidungsstücken, zum anderen aber auch im Hinblick auf die Übernahme der von der Klägerin verwendeten Bezeichnung „Blackdope“ sowie im Hinblick auf das verkaufsfördernde positive Image und die Bekanntheit der Klägerin gewährt worden.
Das Ausscheiden der Klägerin aus der Beklagten und der damit verbundene Wegfall ihrer Unterstützung beim Vertrieb der Ware wäre deshalb von den Parteien, hätten sie diese Frage bedacht, so berücksichtigt worden, dass sich die ihr zustehende Umsatzbeteiligung reduziert und im Hinblick auf das zunehmende „Verblassen“ der Verbindung der „Blackdope“-Produkte mit der Klägerin befristet worden wäre. Das Oberlandesgericht hält daher wie das Landgericht eine Reduzierung der Umsatzbeteiligung um die Hälfte sowie eine zeitliche Beschränkung auf zwei Jahre nach dem Ausscheiden der Influencerin für sachgerecht.
Der Umstand, dass die Klägerin nach ihrem Ausscheiden sogar zum Boykott der Produkte aufgerufen hat, führt nach Auffassung des Oberlandesgerichts nicht zu einem Wegfall des Anspruchs auf Umsatzbeteiligung.
Daneben bestehe entsprechend § 242 BGB auch ein Anspruch der geschäftlich unerfahrenen Influencerin auf Auskunftserteilung, da sie über ihren Anspruch auf Umsatzbeteiligung in Unkenntnis war und ist. Dieser Anspruch sei mit der pauschalen Mitteilung der Beklagten, im Zwei-Jahres-Zeitraum nach dem Ausscheiden der Klägerin habe der Bruttoumsatz mit den Produkten rund 490.000 Euro betragen, bis heute nicht erfüllt.
Gegen diese Entscheidung ist die Nichtzulassungsbeschwerde zulässig.