In dem Kartellbußgeldverfahren gegen die Carlsberg Deutschland Holding GmbH hat der 6. Kartellsenat unter Leitung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Prof. Dr. Ulrich Egger heute eine Geldbuße in Höhe von 50 Millionen Euro verhängt. Das Verfahren gegen den früheren Geschäftsführer war zuvor eingestellt worden (Aktenzeichen V-6 Kart 1/20 (OWi)).
Der Senat ist davon überzeugt, dass der damalige Geschäftsführer der Carlsberg Deutschland Holding GmbH an einem kartellrechtswidrigen Informationsaustausch teilgenommen hat. Der Geschäftsführer hatte sich am 12.03.2007 am Rande der Internorga-Messe im Side-Hotel Hamburg gemeinsam mit den Leitungspersonen der Brauereien Anheuser-Busch lnBev Germany Holding GmbH, C. & A. Veltins GmbH & Co. KG, Bitburger Braugruppe GmbH, Warsteiner Brauerei Haus Cramer KG und Radeberger Gruppe KG getroffen. In der Besprechung war eine zeitnahe Preiserhöhung aufgrund stark gestiegener Rohstoffkosten erörtert worden. Die Anwesenden waren sich nach einer Diskussion einig, dass die Bierpreiserhöhung ca. sechs Euro je Hektoliter betragen sollte, was zzgl. Umsatzsteuer und Händlermarge etwa ein Euro je „Standardkasten“ (20 Flaschen zu je 0,5 Liter) beim Endverbraucher bedeutete. Die Erhöhung sollte in der Gastronomie und im Lebensmitteleinzelhandel durchgesetzt werden. Abschließend war jedoch nicht entschieden worden. Zunächst sollte noch mit dem Verantwortlichen der Krombacher Brauerei Bernhard Schadeberg GmbH & Co. KG gesprochen werden, ob auch Krombacher den Bierpreis erhöhen wolle. Bei einer Bierpreiserhöhung ohne die Krombacher-Brauerei befürchteten die Brauerei-Vertreter hohe Absatz- und Mengenverluste.
Der damalige Geschäftsführer der Carlsberg Deutschland Holding GmbH nutzte das Wissen aus der Besprechung vom 12.03.2007 und konnte das Marktverhalten der Brauerei auch aufgrund der dort erfahrenen nicht öffentlichen Informationen ausrichten. So konnte er gegenüber der dänischen Konzernmutter sicherer auftreten und die Preiserhöhung 2008 einfacher und bestimmter gegenüber Gastronomie und Lebensmitteleinzelhandel durchsetzen.
Bei der Bußgeldzumessung hat der Senat zu Gunsten der Carlsberg Deutschland Holding GmbH berücksichtigt, dass das Urteil auf einer Verständigung beruhte und daher weitere Ermittlungen zu Umsatz- und Unternehmensverhältnissen entfallen konnten. Außerdem fielen die Dauer des Verfahrens und der nur einmalige und lange zurückliegende Verstoß gegen kartellrechtliche Vorschriften mildernd ins Gewicht. Zu Lasten der Betroffenen war die bundesweite, flächendeckende Wirkung des Informationsaustausches zu berücksichtigen.
Das Bundeskartellamt hatte Ende 2013/Anfang 2014 gegen mehrere Brauereien, Verbände und Leitungspersonen wegen verbotener Preisabsprachen Geldbußen von insgesamt 338 Millionen Euro verhängt (siehe Fallbericht des Bundeskartellamts vom 02.04.2014 (B10-105/11 ) ). Gegen die Carlsberg Deutschland Holding GmbH war zunächst ein Bußgeld in Höhe von 62 Millionen Euro festgesetzt worden. Die Brauerei hatte sich hiergegen in einer ersten Hauptverhandlung vor dem 4. Kartellsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf gewandt. Durch Urteil vom 03.04.2019 hatte der 4. Kartellsenat das Verfahren wegen Verjährung eingestellt. Der BGH sah die Verjährungsvoraussetzungen als nicht gegeben an (Beschluss vom 13.07.2020) , so dass eine neue Hauptverhandlung vor dem 6. Kartellsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf erfolgte. Die zunächst begonnene Hauptverhandlung musste wegen der längerfristigen Erkrankung eines Senatsmitglieds abgebrochen werden. Die zweite Hauptverhandlung endet heute nach 21 Hauptverhandlungstagen.
Die Generalstaatsanwaltschaft Düsseldorf, das Bundeskartellamt und die Carlsberg Deutschland Holding GmbH können gegen das Urteil binnen einer Woche Rechtsbeschwerde einlegen, über die der Bundesgerichtshof entscheidet.
Quelle: Pressemitteilung des OLG Düsseldorf Nr. 18/2023 vom 02.05.2023