Bewährungsstrafen für zwei „IS“-Unterstützer

08. Oktober 2021 -

Das Oberlandesgericht Stuttgart hat am 08.10.2021 zum Aktenzeichen 6 – 36 OJs 51/18 zwei aus Südbaden stammende Angeklagte wegen Unterstützung der terroristischen Vereinigung „Islamischer Staat“ (IS) und Terrorismusfinanzierung zu Freiheitsstrafen mit Bewährung verurteilt.

Aus der Pressemitteilung des OLG Stuttgart vom 08.10.2021 ergibt sich:

Ein 30-jähriger Angeklagter wurde wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung im Ausland in fünf Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten verurteilt. Ein 44-jähriger Angeklagter ist wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung im Ausland in drei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Terrorismusfinanzierung und wegen Terrorismusfinanzierung in drei weiteren Fällen schuldig gesprochen worden; unter Einbeziehung zweier Einzelstrafen aus einem kurz zuvor rechtskräftig gewordenen Urteil wurde gegen ihn eine Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren ausgesprochen. Die Strafen sind jeweils zur Bewährung ausgesetzt worden.

Nach den Feststellungen des Senats waren beide Angeklagte ab etwa 2011 Teil eines jihadistischen Zirkels in Südbaden, der sich intensiv der „Da’wa“ (Missionierung), „Hijra“ (Auswanderung), dem Jihad und dem Märtyrertum sowie den aktuellen politischen Geschehnissen in Syrien gewidmet hatte. Aus diesem Umfeld reisten zwei „Glaubensbrüder“ im September bzw. November 2013 nach Syrien, um sich – wie damals viele andere aus Europa kommende Sympathisanten auch – dem sog. „Islamischen Staat im Irak und Großsyrien“ („ISIG“), der Vorgängerorganisation des „IS“ als Kämpfer anzuschließen.

Die beiden Angeklagten haben in der Folgezeit diesen zwei mit ihnen befreundeten „IS“-Kämpfern, die sich zu jener Zeit in Syrien als Mitglieder des „IS“ betätigten, im Zeitraum von Dezember 2013 bis Juli 2014 bzw. bis Januar 2015 rund 6.000 € bzw. 2.000 € durch Geldtransaktionen über die Türkei zur Verfügung gestellt. Sie wollten so die Tätigkeit der „IS“-Kämpfer erleichtern, den „IS“ in Kenntnis seiner Ziele und Taten bewusst unterstützen und die Aktionsmöglichkeiten der Vereinigung erweitern. Der 44-jährige Angeklagte hatte zudem von Januar 2018 bis März 2018 insgesamt 970 € bei einer Spendensammlung für den „IS“ an einen von Heilbronn aus tätigen Spendensammler überwiesen, um durch seine finanziellen Beiträge die ihm bekannten Ziele und Tätigkeiten des „IS“ zu fördern.

Bei der Strafzumessung hat der Senat zu Gunsten der beiden Angeklagten deren vollumfängliches Geständnis und den Umstand, dass dadurch die Hauptverhandlung erheblich abgekürzt werden konnte, berücksichtigt. Zu ihren Lasten wurde berücksichtigt, dass die Geldzuwendungen zugunsten einer Organisation erfolgt sind, deren Gefährlichkeit, deren Brutalität und deren tiefste Unmenschlichkeit auch gegenüber vollkommen wehrlosen Menschen kaum hoch genug angesetzt werden kann.

Im Rahmen der Bemessung der tat- und schuldangemessenen Strafe bei dem nicht vorbestraften, damals gerade erst 22 Jahre alten Angeklagten hat der Senat überdies insbesondere berücksichtigt, dass die Taten inzwischen sieben Jahre zurückliegen und dieser aus persönlicher Verbundenheit gegenüber seinen beiden Freunden gehandelt hat. Zu Lasten des Angeklagten hat der Senat gewürdigt, dass der Angeklagte über mehr als ein halbes Jahr hinweg eine ganze Reihe von nicht unerheblichen Geldanweisungen vorgenommen hat.

Bei dem 44-jährigen Angeklagten hat der Senat ebenfalls den Umstand, dass die Taten zwischen drei und sieben Jahre zurückliegen, strafmildernd berücksichtigt. Demgegenüber wurde straferschwerend gewürdigt, dass sich seine Unterstützungshandlungen über einen längeren Zeitraum von mehr als vier Jahren erstreckten.

Bei beiden Angeklagten wurde die jeweils festgesetzte Gesamtfreiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt, da sie sich glaubhaft vom „IS“ abgewandt haben, mittlerweile in geordneten Familienverhältnissen leben und die Erwartung besteht, dass sie – beeindruckt durch dieses Strafverfahren – keine weiteren Straftaten mehr begehen werden.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Den Angeklagten und der Generalstaatsanwaltschaft steht gegen das Urteil das Rechtsmittel der Revision zum Bundesgerichtshof offen.