Bewährungsstrafe wegen Mitgliedschaft in ausländischer terroristischer Vereinigung

17. Dezember 2020 -

Das Oberlandesgericht Stuttgart hat am 16.12.2020 zum Aktenzeichen 5-32 OJs 68/17 einen 62 Jahre alten sri-lankischen Staatsangehörigen wegen mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung im Ausland, „Liberation Tigers of Tamil Eelam“ (LTTE), in 20 Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt.

Aus der Pressemitteilung des OLG Stuttgart vom 16.12.2020 ergibt sich:

Die Vollstreckung der Strafe wurde zur Bewährung ausgesetzt.

Im Wesentlichen konnte das Oberlandesgericht nach vier Verhandlungstagen folgenden Sachverhalt feststellen: Die LTTE waren eine im Jahr 1976 gegründete, sri-lankische Gruppierung, die bis zu ihrer Zerschlagung im Jahr 2009 mit Mitteln des bewaffneten Kampfes die Loslösung des mehrheitlich von Tamilen besiedelten Nord- und Ostteils der Insel Sri-Lanka vom singhalesisch geprägten Reststaat erreichen wollte. Bis 1986 gelang es den LTTE, neben der Halbinsel Jaffna weite Teile der Nord- und Ostprovinzen des Landes unter ihre Kontrolle zu bringen, wo sie nach und nach eigene staatsähnliche Strukturen schufen. Sie unterhielten eine „Black Tigers“ genannte Spezialeinheit, deren Aufgabe neben militärischen Kommandoaktionen auch Anschlage auf zivile Ziele waren. Ihren weit über 100 Selbstmordattentaten fielen u.a. am 21.05.1991 bei Madras der indische Premierminister Rajiv Ghandi und am 01.05.1993 in Colombo der sri-lankische Staatspräsident Ranasinghe Premadasa zum Opfer.
Zur finanziellen Abschöpfung und zur ideologischen Schulung und Kontrolle der Tamilen im Bundesgebiet unterhielt die Organisation eine Auslandsfiliale in Oberhausen, der weitere, regional tätige LTTE-Mitglieder unterstellt waren. Der Angeklagte war seit Mitte der 1990er-Jahre bis zum Jahr 2009 sog. Bezirksverantwortlicher für den „Bezirk Süd“, der ganz Baden-Württemberg und große Teile Bayerns umfasste. Als Bezirksverantwortlicher war der Angeklagte ungefähr 60 weiteren LTTE-Mitgliedern und Unterstützern vorgesetzt und hatte sich in den Diasporagemeinden um die Pflege der tamilischen Kultur, die Rekrutierung weiterer LTTE-Mitglieder und insbesondere um die Erhebung von Spenden zu kümmern, die sodann größtenteils nach Sri-Lanka transferiert wurden und dort für den Kampf der LTTE gegen die Regierung zur Verfügung standen. In der Zeit von Juli 2007 bis Mai 2009 wurden unter der Verantwortung des Angeklagten bei den Tamilen im Bezirk Süd insgesamt mehr als 548.000 Euro erhoben.

Im Rahmen der Strafzumessung berücksichtigte das OLG Stuttgart die hochrangige Stellung des Angeklagten innerhalb der Organisation und die hohe Gesamtsumme der gesammelten Gelder. Andererseits wirkte sich zugunsten des Angeklagten aus, dass er seine Taten einräumte und bislang strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten war. Maßgeblich war zudem, dass die Taten mittlerweile mehr als zehn Jahre zurückliegen.

Das Urteil ist rechtskräftig, nachdem der Angeklagte, sein Verteidiger sowie der Vertreter der Generalstaatsanwaltschaft Stuttgart Rechtsmittelverzicht erklärten.