Das Bundesarbeitsgericht hat mit Urteil vom 02.12.2021 zum Aktenzeichen 3 AZR 123/21 entschieden, dass es einem Arbeitgeber verwehrt sein kann, sich auf eine vorrangige Einzelabrede der betrieblichen Altersversorgung mit einem Arbeitnehmer gegenüber einer später in Kraft getretenen und deutlich günstigeren kollektiven Versorgungsordnung, die keine Betriebsvereinbarung ist, zu berufen. Die besonderen Umstände des Einzelfalls können den Arbeitgeber nach § 241 Abs. 2 BGB verpflichten, mit dem Arbeitnehmer die Zusage betrieblicher Altersversorgung erneut zu erörtern bzw. zu verhandeln und ihm ggf. eine gleichwertige Versorgung wie allen anderen Arbeitnehmern anzubieten.
Die Parteien streiten über einen Anspruch des Klägers auf betriebliche Altersversorgung. Der Kläger war seit 1986 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerinnen beschäftigt. Zuvor war der Kläger über seinen ehemaligen Arbeitgeber beim Beamtenversicherungsverein des Deutschen Bank- und Bankiergewerbes aG (BVV) versichert. Zum Zeitpunkt des Eintritts des Klägers in das Unternehmen befand sich die Arbeitgeberin in Verhandlungen mit dem Betriebsrat über eine Neuregelung der betrieblichen Altersversorgung. Der Kläger blieb nach dem Beginn seines Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten beim BVV versichert. Die Beklagte leistete hierzu einen Beitragszuschuss. Diesbezüglich wurde im Januar 1987 eine entsprechende Vereinbarung von den Parteien unterzeichnet. Im Jahre 1988 kam eine Vereinbarung zwischen den Betriebsparteien über eine Versorgungsordnung zustande (BV 1988). Die „Versorgungsordnung für Mitarbeiter mit Dienstantritt ab dem 01.04.1984“ wurde 1995 in Anlehnung an die VO 1988 überarbeitet (VO 1995). Nach § 1 der VO 1995 gehörte der Kläger zum Kreis der Versorgungsberechtigten. Nach diversen Umstrukturierungen und Betriebsübergängen sowie mehrfachen Änderungen der betrieblichen Altersversorgung schied der Kläger mit einer Vorruhestandsregelung zum 30.06.2009 aus dem Arbeitsverhältnis aus und bezieht seit April 2015 Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung sowie eine Zusatzrente vom BVV. Der Kläger verlangt die Differenz zwischen der Betriebsrente vom BVV und der betrieblichen Rente nach der VO 1995 in Höhe von rund 81.000 Euro. Das ArbG hat der Klage teilweise stattgegeben, das LAG hat sie insgesamt abgewiesen. Die Revision des Klägers hat teilweise Erfolg.
Die Klage ist weitgehend begründet. Zwar hat der Kläger mit der individuellen Vereinbarung aus dem Jahr 1987 dem Ausschluss aus der betrieblichen Altersversorgung zugestimmt. Die Einzelabrede ist aber nach § 134 BGB unwirksam. Kollidiert eine vorrangige Einzelabrede mit einer späteren Betriebsvereinbarung, ist die Abrede nach § 77 Abs. 4 Satz 2 BetrVG unwirksam, wenn sie nicht günstiger ist. Der Vorrang der Betriebsvereinbarung wirkt so lange, wie die Betriebsvereinbarung entweder als kollektive Regelung wegen eines identitätswahrenden Betriebsübergangs oder nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB als Inhalt des Arbeitsverhältnisses weiter gilt. Die Beklagte wäre verpflichtet gewesen, den Kläger mit Einführung der neuen Versorgungsordnung nach § 241 Abs. 2 BGB zu integrieren oder zumindest mit ihm eine gleichwertige Lösung auszuhandeln. Nach § 242 BGB kann es einem Arbeitgeber verwehrt sein, sich auf eine vorrangige Einzelabrede oder Einzelzusage der betrieblichen Altersversorgung mit einem Arbeitnehmer gegenüber einer später in Kraft getretenen und deutlich günstigeren kollektiven Versorgungsordnung, die keine Betriebsvereinbarung ist, zu berufen. Wird ein Arbeitnehmer in Allgemeinen Geschäftsbedingungen von einer künftigen betrieblichen Altersversorgung für den Verlauf des gesamten Arbeitsverhältnisses ausgeschlossen, wird er unangemessen benachteiligt i.S.v. § 307 Abs. 1 BGB, wenn der Ausschluss weder hinreichend vorhersehbar noch klar verständlich ist. Der Arbeitnehmer muss für eine Angemessenheit eines solchen Ausschlusses in die Lage versetzt werden, den wirtschaftlichen Wert seines Verzichts einzuschätzen und ihn sachgerecht zu beurteilen. Dies war hier nicht der Fall. Die im Einzelfall gebotene ergänzende Vertragsauslegung eines danach unwirksamen Verzichts kann ergeben und hat hier ergeben, dass sich der Versorgungsberechtigte die von ihm wirtschaftlich begründeten anderweitigen Versorgungsansprüche auf die zu zahlende Betriebsrente zur Vermeidung von Doppelansprüchen anrechnen lassen muss.
Auf den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz kann der Kläger seinen Anspruch in der Revision nicht mehr stützen. Eine Geltendmachung im Revisionsverfahren stellt eine Klageerweiterung in der Revisionsinstanz dar oder steht dieser zumindest gleich. Eine solche Klageerweiterung ist in der Revisionsinstanz grundsätzlich unzulässig, weil das Revisionsgericht nach § 559 ZPO an das Tatsachenvorbringen und die Feststellungen im Berufungsverfahren gebunden ist (BAG, Urteil vom 25.03.2021 – 6 AZR 41/20). Die Voraussetzungen einer ausnahmsweisen Zulässigkeit einer Erweiterung des Streitgegenstands lagen hier allerdings nicht vor.