Der Oberverwaltungsgericht Lüneburg hat am 25.01.2021 zu den Aktenzeichen 8 KN 47/19, 8 KN 48/19, 8 KN 49/18 und 8 KN 57/19 in vier Normenkontrollverfahren entschieden, dass die Bestimmung über die Höhe der Rentenanwartschaft aus bis zum 31.12.2006 gezahlten Beiträgen in § 15a der Satzung für die Alters-, Berufsunfähigkeits- und Hinterbliebenensicherung (ABH) des Altersversorgungswerks der Zahnärztekammer Niedersachsen unwirksam ist.
Aus der Pressemitteilung des OVG Lüneburg Nr. 6/2021 vom 18.02.2021 ergibt sich:
Die Zahnärztekammer regelt im Rahmen der berufsständischen Versorgung die Altersversorgung der Zahnärzte durch Satzung. Die zwischen den Beteiligten in Streit stehenden Bestimmungen betreffen die Höhe der Rente aus der berufsständischen Versorgung bezüglich der Rentenanwartschaften aus bis zum Jahr 2006 gezahlten Beiträgen (§15a ABH 2018), aus zwischen 2007 und 2018 gezahlten Beiträgen (§ 15b ABH 2018) und ab 2019 gezahlten Beiträgen (§ 15c ABH 2018).
Eine Neuregelung war notwendig, weil das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht vorherige Festlegungen zur Rentenhöhe in früheren Entscheidungen für unwirksam erachtet hatte (vgl. u.a. OVG Lüneburg, Urteil vom 24. Juni 2016 – 8 KN 127/15; Urteil vom 12. Juni 2014 – 8 LC 130/12; Beschluss vom 21. Oktober 2009 – 9 LC 13/09).
In Bezug auf § 15a ABH streiten die Beteiligten unter anderem darum, ob eine unzulässige Absenkung von Rentenanwartschaftspositionen vorliegt, die als grundrechtliches Eigentum geschützt sind. Darüber hinaus steht in Streit, ob Ledige in ungerechtfertigter Weise stärker belastet werden als Verheiratete und ob es zulässig ist, dass die Renten von Mitgliedern, deren Anwartschaft aus bis 2006 gezahlten Beiträgen durch Bescheid festlegt worden ist, nicht nach der neu gefassten Satzungsbestimmung berechnet werden. Zwei der Normenkontrollanträge richten sich zudem gegen § 15c ABH. Auch eine geringfügige sprachliche Änderung durch eine Satzung vom November 2019 ist Gegenstand des Verfahrens.
Der 8. Senat hat entschieden, dass § 15a ABH 2018 gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoße, da er eine nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung von Mitgliedern bewirke, die gleiche Beiträge gezahlt hätten. Die Zahnärztekammer habe ausdrücklich Mitglieder vom Anwendungsbereich der Vorschrift ausgenommen, bei denen sie mit Bescheid die aus bis zum Jahr 2006 gezahlten Beiträge abgeleitete Anwartschaft gesondert festgestellt hat. Hieraus resultierten unterschiedliche Rentenanwartschaften, ohne dass hierfür ein rechtfertigender Sachgrund gegeben sei. Die Satzung könne so gestaltet werden, dass sie auch für Mitglieder, die einen Bescheid hätten, gelte. Der Bescheid müsse dann angesichts der besonderen Umstände des Falles widerrufen werden. Zu diesen Umständen gehöre u.a., dass der Versuch, die Anwartschaft durch Bescheid unabänderbar festzulegen, missbräuchlich gewesen sei und dass es vom Zufall abgehangen habe, wer einen Bescheid erhalten habe. Nur die Bescheide derjenigen, die bereits Rente bezögen, seien gegen Aufhebung geschützt. Könne aber auf diesem Weg die Gleichbehandlung aller Rentenanwärter herbeigeführt werden, dann gebe es keinen legitimen Grund, sie ungleich zu behandeln.
- 15c ABH 2018, der den Zeitraum ab 2019 betrifft, wurde hingegen vom 8. Senat als wirksam angesehen.
Soweit die Urteile § 15a ABH 2018 betreffen, hat der Senat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.