Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in Mannheim hat am 30.05.2020 zum Aktenzeichen 1 S 1651/20 die Begrenzung der Teilnehmerzahl einer gegen die Corona-Regeln am 30.05.2020 in Stuttgart geplanten Versammlung auf 5.000 bestätigt.
Aus der Pressemitteilung des VGH BW Nr. 29/2020 vom 30.05.2020 ergibt sich:
Der Antragsteller meldete bei der Landeshauptstadt Stuttgart (Antragsgegnerin) eine Versammlung unter dem Thema „9. Mahnwache für das Grundgesetz“ mit einer Teilnehmerzahl von 10.880 Personen an. Die Demonstration soll am Sonntag, den 31.05.2020, auf der Theodor-Heuss-Straße in Stuttgart-Mitte stattfinden. Die Antragsgegnerin bestätigte mit Bescheid vom 28.05.2020 die Anmeldung und erließ verschiedene Auflagen. Unter anderem wurde die Teilnehmerzahl auf 5.000 Personen begrenzt. Mit einem Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz wandte sich der Antragsteller gegen die Beschränkung der Teilnehmerzahl auf 5.000 Personen an das VG Stuttgart.
Das VG Stuttgart hatte den Antrag mit Beschluss vom 29.05.2020 (5 K 2634/20) abgelehnt.
Der VGH Mannheim hat die Beschwerde zurückgewiesen.
Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes stellt die Beschränkung der Teilnehmerzahl auf 5.000 Personen keinen rechtswidriger Eingriff in die Versammlungsfreiheit des Veranstalters dar. Zum Kern der Versammlungsfreiheit gehöre das Selbstbestimmungsrecht des Veranstalters einer Versammlung. Hierzu zähle als wesentliches Element auch die Festlegung der Teilnehmerzahl. Denn eine Versammlung als Form der Meinungskundgabe und Mittel der Meinungsbildung sei typischerweise darauf angelegt, für die eigene Auffassung zu werben und weitere Anhänger und Unterstützer der eigenen Meinung zu gewinnen. Gleichwohl seien versammlungsbehördliche Begrenzungen der Zahl der Teilnehmer einer Versammlung nicht von vornherein ausgeschlossen. In ganz besonderen Ausnahmefällen könnten sie rechtmäßig sein, insbesondere bei gravierenden Gefahren für die Schutzgüter von Leib und Leben nach Art. 2 Abs. 2 GG, für die der Staat eine Schutzpflicht innehabe.
Daher sei hier wegen der besonderen Gefahren durch das Coronavirus eine Begrenzung der Teilnehmerzahl auf 5.000 rechtmäßig. Die Antragsgegnerin habe rechtmäßigerweise angenommen, dass ohne eine Auflage zur Begrenzung der Teilnehmerzahl bei lebensnaher Betrachtung nicht mehr zu gewährleisten wäre, dass die Teilnehmer – zumal wenn sie auf einer Bundesstraße auf einem schlauchartigen Versammlungsort zusammenkämen – stets den Mindestabstand von 1,5 m einhielten, und dass dann die konkrete Gefahr bestehe, dass sich eine Vielzahl von Menschen mit dem Corona-Virus infiziere mit der Folge eines nicht mehr kontrollierbaren Infektionsgeschehens.
Unbegründet sei insbesondere der auf die Lagebeurteilungen des Robert-Koch-Instituts (RKI) zielende Einwand des Antragstellers, das RKI müsse „zwingend den politischen Vorgaben“ des Bundesinnenministeriums folgen. Der Antragsteller habe nicht ansatzweise dargelegt, dass die Lageeinschätzung des RKI auf „politischen“ Vorgaben und nicht auf wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhten. Dafür sei auch sonst nichts ersichtlich. Die angegriffene Verfügung stelle sich aller Voraussicht nach auch unter Berücksichtigung des hohen Rechtsguts der Versammlungsfreiheit aus Art. 8 GG als ermessensfehlerfrei und insbesondere verhältnismäßig dar.
Der Beschluss ist mit ordentlichen Rechtsmitteln nicht anfechtbar.