Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss vom 28. April 2023 zum Aktenzeichen 2 BvR 924/21 entschieden, dass ein Gericht die Berufung zulassen muss, wenn es von der Rechtsprechung des BGH abweicht.
Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen ein klageabweisendes Urteil über die Erstattungsfähigkeit von Inkassokosten.
Die Beschwerdeführerin ist ein international tätiges Unternehmen mit Sitz in den USA. Im August 2018 bestellte sie bei der in Deutschland ansässigen Beklagten des Ausgangsverfahrens Waren im Gesamtwert von 2.355,00 Euro und ging hinsichtlich des Kaufpreises in Vorleistung. Eine Lieferung erfolgte jedoch trotz mehrfacher Aufforderung nicht. Mit Schreiben vom 22. Januar 2019 erklärte der Leiter der deutschen Niederlassung der Beschwerdeführerin daher den Rücktritt vom Kaufvertrag und verlangte die Rückzahlung des Kaufpreises.
Da eine Reaktion auch hierauf unterblieb, beauftragte die Beschwerdeführerin ein Inkassounternehmen, welches die Beklagte mit Schreiben vom 18. Juli 2019 zur Zahlung aufforderte. Eine Reaktion der Beklagten erfolgte wiederum nicht, sodass das Inkassounternehmen den Erlass eines Mahnbescheides beantragte. Neben der Hauptforderung machte die Beschwerdeführerin dabei als Nebenforderung die Kosten für die Tätigkeit des Inkassounternehmens geltend.
Dem daraufhin erlassenen Mahnbescheid des Amtsgerichts Wedding vom 8. Oktober 2019 widersprach die Beklagte, weshalb die Sache zur Durchführung des streitigen Verfahrens an das Amtsgericht Bremen abgegeben wurde. In der Anspruchsbegründung führten die nunmehr bestellten Prozessbevollmächtigten der Beschwerdeführerin ausführlich zur Erstattungsfähigkeit der geltend gemachten Nebenforderungen aus.
Das Amtsgericht Bremen wies die Beschwerdeführerin bei Klagezustellung unter Verwendung eines Vordrucks für die Verfügung darauf hin, dass Mahnkosten nach der Rechtsprechung des Gerichts pauschal nur für zwei konkret vorgetragene nicht verzugsbegründende Mahnungen zu je 2,50 Euro zugesprochen würden. Die geltend gemachten vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten seien mithin im vorliegenden Fall nicht erstattungsfähig. Bei der geschäftserfahrenen Klägerin führe die sogenannte subjektbezogene Schadensbetrachtung dazu, dass sie nicht die Erstattung dieser vorgerichtlichen Kosten begehren könne, wenn sie nach eigenen fruchtlosen Mahnungen gleichwohl noch einen Rechtsanwalt beziehungsweise ein Inkassobüro mit der Erbringung einer vorgerichtlichen Tätigkeit beauftrage. Dies gelte jedenfalls bei tatsächlich und rechtlich einfach gelagerten Ansprüchen eines gewerblich tätigen Gläubigers, deren Geltendmachung zu seinem üblichen Geschäftsbetrieb gehöre.
Der Gläubiger habe im vorliegenden Fall nicht davon ausgehen dürfen, die Forderung werde ohne Einschaltung der Gerichte beigetrieben werden können, sodass weder außergerichtliche Rechtsanwalts- noch Inkassokosten erstattungsfähig seien, da der Gläubiger gehalten sei, unter mehreren Möglichkeiten, eine Forderung geltend zu machen, die kostengünstigste zu wählen (§ 254 Abs. 2 BGB). Das bedeute, dass im Falle eines erkennbar zahlungsunfähigen oder -unwilligen Schuldners nach erfolgloser eigener Mahnung ein Rechtsanwalt oder ein Inkassobüro direkt mit der Einleitung des gerichtlichen Mahnverfahrens beauftragt werden müsse.
Mit Schriftsatz vom 4. Mai 2020 erkannte die Beklagte die Hauptforderung sowie Mahnkosten in Höhe von 5,00 Euro an und widersprach der Klage im Übrigen. Insbesondere seien die geltend gemachten Inkassokosten nicht durch die Beklagte zu erstatten. Die Einschaltung eines Inkassounternehmens sei nicht notwendig gewesen. Sei die Beschwerdeführerin nicht in der Lage gewesen, selbst ein gerichtliches Mahnverfahren zu beantragen, so stelle die Rechtsordnung den geschützten Beruf des Rechtsanwalts zur Verfügung.
Die Beschwerdeführerin nahm mit Schriftsatz vom 8. Mai 2020 zu den gerichtlichen Hinweisen Stellung und bat das Gericht unter Bezugnahme auf eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 17. September 2015 – IX ZR 280/14 -, seine Rechtsauffassung noch einmal zu überprüfen.
Der Bundesgerichtshof habe dort zur Frage der Erstattungsfähigkeit vorgerichtlicher Rechtsanwalts- und Inkassokosten Stellung genommen und ausgeführt, dass zur Beitreibung einer Entgeltforderung, mit deren Bezahlung sich der Schuldner in Verzug befinde, regelmäßig auch in einfachen Fällen die Beauftragung eines Rechtsanwalts (eines Inkassounternehmens) erforderlich und zweckmäßig sei. Das seinerseits Erforderliche habe der Gläubiger dadurch getan, dass er den Schuldner in Verzug gesetzt habe. Eine weitere Verzögerung der Erfüllung seiner Forderung müsse er nicht hinnehmen. Vielmehr könne er seinem Erfüllungsverlangen durch Einschaltung eines Rechtsanwalts – eines Inkassounternehmens – Nachdruck verleihen.
Mit Teil-Anerkenntnisurteil vom 27. Mai 2020 wurde die Beklagte zur Rückzahlung des Kaufpreises nebst Zinsen sowie Mahnkosten in Höhe von 5,00 Euro verurteilt. Zugleich wurde ein Termin zur mündlichen Verhandlung über die noch streitige Restforderung anberaumt. Ausweislich des Verhandlungsprotokolls wurden in der mündlichen Verhandlung die bereits erteilten Hinweise erörtert.
Mit – angegriffenem – Urteil vom 9. Dezember 2020 wies das Amtsgericht Bremen die Klage hinsichtlich des nicht anerkannten Teils ab.
Ersatzfähig seien Inkassokosten nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs dann, wenn der Geschädigte im einzelnen Schadensfall im Rahmen einer ex-ante-Betrachtung die Heranziehung eines Dritten für erforderlich und zweckmäßig habe halten dürfen (BGH, Urteil vom 6. Oktober 2010 – VIII ZR 271/09 -, juris, Rn. 8 f.; OLG Bremen, Urteil vom 9. März 2012 – 2 U 98/11 -, juris, Rn. 43). Dazu gehörten nicht Aufwendungen der Rechtsverfolgung, deren ihnen zugrundeliegende Mühewaltung bei wertender Betrachtungsweise in den Zuständigkeits- und Verantwortungsbereich des Geschädigten falle und deshalb außerhalb der Haftung des Schädigers liege (BGH, Urteil vom 6. November 1979 – VI ZR 254/77 -, juris, Rn. 9, 11; Urteil vom 8. November 1994 – VI ZR 3/94 -, juris, Rn. 8; OLG Bremen, a.a.O.; Grüneberg, in: Palandt, BGB, 75. Aufl. 2016, § 286 Rn. 46; Löwisch, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2014, § 286 Rn. 232). So sei es aber hier gewesen, worauf das Gericht auch bereits hingewiesen habe. Die Beschwerdeführerin sei ein international agierendes Unternehmen. Das Ausbleiben von Zahlungen auf Forderungen gegen Kunden gehöre für sie demgemäß zum täglichen Geschäft. Die der Eintreibung ausständiger Forderungen zugrundeliegende Mühewaltung falle daher jedenfalls bei einfach gelagerten Fällen, wie hier, in ihren Zuständigkeits- und Verantwortungsbereich. Es sei ihr daher zumutbar, nach erfolgloser einfacher Mahnung selbst das gerichtliche Mahnverfahren einzuleiten oder von vornherein einen Rechtsanwalt mit der gerichtlichen Durchsetzung der Forderung zu beauftragen, jedenfalls dann, wenn, wie vorliegend, kein erkennbarer Grund vorliege, anzunehmen, dass der bereits gemahnte und säumige Kunde plötzlich auf etwaige Aktivitäten eines Inkassobüros Zahlung leiste.
Die Berufung gegen dieses Urteil gemäß § 511 Abs. 2 Nr. 2 ZPO sei nicht zuzulassen. Die Zulassung zur Berufung habe nur dann zu erfolgen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung habe oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordere (§ 511 Abs. 4 Nr. 1 ZPO). Grundsätzliche Bedeutung habe hierbei eine Sache, wenn sie eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwerfe, die sich in einer unbestimmten Vielzahl weiterer Fälle stellen könne und deshalb wie ein „Musterprozess“ eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung für die Allgemeinheit habe (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 14. November 2012 – 1 BvR 3238/08, 1 BvR 3239/08 -; BGHZ 151, 221 <223>). Keine dieser Voraussetzungen sei für den vorliegenden Fall erfüllt, insbesondere die Frage der Erstattungsfähigkeit von Inkassokosten eines gewerblich tätigen Gläubigers sei durch beide Zivilkammern des Landgerichts wie hier geschehen entschieden worden.
Hiergegen erhob die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 22. März 2021 Anhörungsrüge gemäß § 321a ZPO.
Mit seiner Auffassung zur fehlenden Erstattungsfähigkeit der vorgerichtlichen Kosten verkenne das Gericht die entgegenstehende Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und die bei der Beschwerdeführerin gegebenen Besonderheiten im vorliegenden Fall. Die Beschwerdeführerin habe ihren Sitz im Ausland und kenne sich mit dem deutschen Rechtssystem nicht aus, weshalb dieser nicht zuzumuten sei, eine Entscheidung darüber zu treffen, ob sogleich Klage eingereicht oder aber ein gerichtliches Mahnverfahren beantragt werden solle; insbesondere sei die Beschwerdeführerin auch nicht selbst in der Lage, entsprechende Verfahren zu initiieren.
Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 17. September 2015 – IX ZR 280/14 -) könne zur Geltendmachung einer Forderung gegen den sich im Zahlungsverzug befindenden Schuldner auch in rechtlich einfach gelagerten Fällen ein umfassendes außergerichtliches Inkassomandat mit der Folge erteilt werden, dass der Gläubiger die Erstattung der (in jenem Fall anwaltlichen) Inkassokosten als Verzugsschaden verlangen könne. Dies gelte insbesondere auch dann, wenn der Schuldner auf Mahnungen nicht reagiere. Es sei davon auszugehen, dass das Gericht diese Rechtsprechung übersehen habe.
Des Weiteren habe das Gericht übersehen, dass es hier zwingend die Berufung hätte zulassen müssen. Bei solch abweichender Rechtsauffassung bestehe nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 7. September 2011 – 1 BvR 1012/11 -) die Pflicht zur Zulassung der Berufung.
Die Beklagte nahm mit Schriftsatz vom 13. April 2021 zur Anhörungsrüge der Beschwerdeführerin Stellung. Die Beschwerdeführerin unternehme mit Hinweis auf das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 17. September 2015 erneut den Versuch, Leistungen eines Inkassounternehmens den Leistungen eines geschützten Berufs des Rechtsanwalts gleichzustellen. Dieser Gleichstellung habe die Beklagte bereits mit Schreiben vom 4. Mai 2020 widersprochen.
Mit – angegriffenem – Beschluss vom 19. April 2021 wies das Amtsgericht Bremen die Anhörungsrüge als unbegründet zurück.
Die Entscheidung sei in der Sache entsprechend der dortigen Begründung rechtlich zutreffend, zumal es sich nach der eigenen Darstellung bei der Beschwerdeführerin um ein weltweit tätiges Unternehmen handele. Auf den Umstand der fehlenden Erstattungsfähigkeit habe das Gericht bereits mit Zustellung der Anspruchsbegründung hingewiesen.
Die Berufung sei nicht zuzulassen gewesen, auch weil die hiesige Entscheidung in Übereinstimmung auch mit entsprechenden Entscheidungen des Landgerichts Bremen stehe. Auch dieses sei in der Begründung des Urteils ausgeführt worden.
Das angegriffene Urteil verletzt die Beschwerdeführerin in ihrem Anspruch aus Art. 103 Abs. 1 GG.
Der in Art. 103 Abs. 1 GG verbürgte Anspruch auf rechtliches Gehör ist eine Folgerung aus dem Rechtsstaatsgedanken für das gerichtliche Verfahren. Der Einzelne soll nicht nur Objekt der richterlichen Entscheidung sein, sondern vor einer Entscheidung, die seine Rechte betrifft, zu Wort kommen, um als Subjekt Einfluss auf das Verfahren und sein Ergebnis nehmen zu können. Da dies nicht nur durch tatsächliches Vorbringen, sondern auch durch Rechtsausführungen geschehen kann, gewährleistet Art. 103 Abs. 1 GG dem Verfahrensbeteiligten das Recht, sich nicht nur zu dem der Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt, sondern auch zur Rechtslage zu äußern.
Der Anspruch auf rechtliches Gehör bedeutet auch, dass das entscheidende Gericht die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis nehmen und in Erwägung ziehen muss. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass ein Gericht das Vorbringen der Beteiligten zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat. Nur dann, wenn im Einzelfall besondere Umstände deutlich machen, dass ein Gericht dieser Pflicht nicht nachgekommen ist, ist Art. 103 Abs. 1 GG verletzt.
Zwar hat das Gericht bei der Abfassung seiner Entscheidungsgründe eine gewisse Freiheit und kann sich auf die für den Entscheidungsausgang wesentlichen Aspekte beschränken, ohne dass darin ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG liegt. Wenn aber ein bestimmter Vortrag einer Partei den Kern des Parteivorbringens darstellt und für den Prozessausgang eindeutig von entscheidender Bedeutung ist, besteht für das Gericht eine Pflicht, die vorgebrachten Argumente zu erwägen. Ein Schweigen lässt hier den Schluss zu, dass der Vortrag der Prozesspartei nicht oder zumindest nicht hinreichend beachtet wurde. Davor schützt Art. 103 Abs. 1 GG.
Diesen Maßstäben wird das Urteil des Amtsgerichts Bremen nicht gerecht.
Die Ausführungen des Amtsgerichts zur Erstattungsfähigkeit der geltend gemachten Inkassokosten lassen jegliche Auseinandersetzung mit der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 17. September 2015 – IX ZR 280/14 – vermissen, auf die sich die Beschwerdeführerin mehrfach ausdrücklich berufen und deren Erwägungen sich die Beschwerdeführerin zu eigen gemacht hatte. Danach ist auch in rechtlich einfach gelagerten Fällen regelmäßig die Beauftragung eines Rechtsanwalts zweckmäßig und erforderlich, wenn der Schuldner in Zahlungsverzug gerät. Insbesondere kann sich der Versuch einer außergerichtlichen Erledigung unter Zuhilfenahme des Rechtsanwalts anbieten, wenn der Schuldner bislang gar nicht reagiert hat (BGH, Urteil vom 17. September 2015 – IX ZR 280/14 -, juris, Rn. 9, 11). Eine solche Konstellation war vorliegend gegeben. Nach dem Vortrag der Beschwerdeführerin reagierte die Beklagte auf das Schreiben vom 22. Januar 2019, mit welchem die Beschwerdeführerin den Rücktritt vom Kaufvertrag erklärte und die Rückzahlung des Kaufpreises verlangte, ebenso wenig wie auf die vorherigen Schreiben der Beschwerdeführerin, mit welchen sie die Beklagte zur Lieferung der Kaufsache aufforderte.
Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs betrifft zwar – anders als der vorliegende Fall – die Beauftragung eines Rechtsanwalts mit der außergerichtlichen Interessenwahrnehmung. Die dortigen Erwägungen könnten indes auf die hier erfolgte Beauftragung eines Inkassounternehmens übertragbar sein. Denn der Bundesgerichtshof führt aus, der Gläubiger könne seinem Erfüllungsverlangen durch Einschaltung eines Rechtsanwalts Nachdruck verleihen (BGH, Urteil vom 17. September 2015 – IX ZR 280/14 -, juris, Rn. 9). Entsprechendes dürfte auch für Inkassounternehmen gelten (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 26. Mai 2020 – 2 BvR 1762/16 -, Rn. 16; Goebel, in: Goebel, Inkassodienstleistung und Inkassokosten, 3. Aufl. 2022, § 2 Rn. 103).
Da auch die Beschwerdeführerin ersichtlich davon ausging, dass die Ausführungen des Bundesgerichtshofs zur Erstattungsfähigkeit vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten auf die Tätigkeit von Inkassounternehmen übertragbar seien, und die Argumentation der Beschwerdeführerin hiermit steht und fällt, wäre eine Auseinandersetzung des Amtsgerichts mit der von der Beschwerdeführerin in Bezug genommenen Entscheidung des Bundesgerichtshofs zu erwarten gewesen. Das Schweigen der Entscheidungsgründe zu diesem Vorbringen der Beschwerdeführerin lässt insofern den Schluss zu, dass der Vortrag der Beschwerdeführerin nicht oder zumindest nicht hinreichend beachtet wurde.
Dem steht nicht entgegen, dass in der mündlichen Verhandlung vom 18. November 2020 ausweislich des Verhandlungsprotokolls „die bereits erteilten Hinweise (…) erörtert“ wurden. Zwar ist nicht fernliegend, dass in diesem Rahmen auch die fragliche Entscheidung des Bundesgerichtshofs und ihre Übertragbarkeit auf den vorliegenden Fall erörtert worden ist. Das Protokoll ist an dieser Stelle indes zu vage gehalten, um den durch die Entscheidungsgründe vermittelten Eindruck zu entkräften. Auch dem Anhörungsrügebeschluss lässt sich nicht entnehmen, dass sich das Gericht bereits in der mündlichen Verhandlung vom 18. November 2020 hinreichend mit dem Vortrag der Beschwerdeführerin auseinandergesetzt hätte.
Die Entscheidung beruht auf diesem Gehörsverstoß. Es ist nicht auszuschließen, dass das Amtsgericht, hätte es das Vorbringen der Beschwerdeführerin zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen, zu einem anderen, der Beschwerdeführerin günstigeren Ergebnis gekommen wäre.
Durch den Anhörungsrügebeschluss vom 19. April 2021 wurde die Verletzung des Art. 103 Abs. 1 GG nicht geheilt, da sich das Gericht auch in dieser Entscheidung in keiner Weise mit der von der Beschwerdeführerin in Bezug genommenen Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 17. September 2015 – IX ZR 280/14 – auseinandergesetzt hat. Nachdem auch die Beklagte auf den Vortrag der Beschwerdeführerin erwidert und die Vergleichbarkeit der Entscheidung mit der vorliegenden Konstellation diskutiert hat, wäre zumindest eine Auseinandersetzung des Amtsgerichts mit den insoweit von den Parteien vorgebrachten Argumenten zu erwarten gewesen.
Da die Entscheidung des Amtsgerichts bereits gegen Art. 103 Abs. 1 GG verstößt, bedarf es keiner Entscheidung, ob auch ein Verstoß gegen die weiteren von der Beschwerdeführerin als verletzt gerügten Grundrechte vorliegt. Insbesondere kann offen bleiben, ob die Entscheidung angesichts der Tatsache, dass das Amtsgericht die Nichtzulassung der Berufung allein unter Verweis auf übereinstimmende Rechtsprechung des übergeordneten Landgerichts begründet hat, ohne auch divergierende Rechtsprechung anderer Gerichte in den Blick zu nehmen und sich insbesondere mit der von der Beschwerdeführerin in Bezug genommenen Entscheidung des Bundesgerichtshofs auseinanderzusetzen, auch gegen Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG verstößt.