Zu dem vorgesehenen neuen anwaltlichen Tätigkeitsverbot bei „Erlangung sensiblen Wissens“ (§ 43a Absatz 4 Satz 1 Nr. 2 BRAO-E) hat sich die BRAK erneut kritisch geäußert.
Aus dem Newsletter der BRAK „Nachrichten aus Berlin“ Nr. 4/2021 vom 25.02.2021 ergibt sich:
Sie greift damit einen aus ihrer Sicht wichtigen Teilaspekt des Regierungsentwurfs eines Gesetzes zur Neuregelung des Berufsrechts der anwaltlichen und steuerberatenden Berufsausübungsgesellschaften hat sich die BRAK – ergänzend zu ihren bereits zu dem Vorhaben abgegebenen Stellungnahmen – nochmals auf. Nach dem Entwurf soll ein Rechtsanwalt nicht tätig werden dürfen, wenn er „in Ausübung seines Berufs im Rahmen eines anderen Mandatsverhältnisses eine vertrauliche Information erhalten hat, die für die Rechtssache von Bedeutung ist und deren Verwendung in der Rechtssache im Widerspruch zu den Interessen des Mandanten des vorhergehenden Mandats stehen würde“. Die BRAK hält das geplante neue Tätigkeitsverbot für verfehlt.
Der Entwurf lasse nicht erkennen, worin die Regelungsbedürftigkeit für ein Tätigkeitsverbot von so erheblicher Reichweite begründet sei. Zudem sei die Vertraulichkeit von Informationen, die einem Rechtsanwalt in einem Mandat bekannt werden, bereits durch die Verschwiegenheitspflicht geschützt. Das neue Tätigkeitsverbot habe eine identische Schutzrichtung, verlagere aber den Schutz mandatsbezogener Informationen weit nach vorne, indem es bereits das Tätigwerden eines Rechtsanwalts verbiete, wenn die Verwendung einer aus einem früheren Mandat bekannte Tatsache im Rahmen eines neuen Mandats im Widerspruch zu den Interessen des früheren Mandanten stehen könnte. Anders als bei den übrigen Tätigkeitsverboten soll hier also an eine bloß abstrakte Gefährdungslage angeknüpft werden – obwohl völlig ungewiss ist, ob die betreffende Information jemals verwendet werden wird und ob dies die Interessen des früheren Mandanten überhaupt tangiert.
Die BRAK lehnt das geplante Tätigkeitsverbot auch deshalb vehement ab, weil es auf der Annahme beruht, dass der Rechtsanwalt seine bestehenden Berufspflichten verletzt; denn nur dann kann überhaupt eine konkrete Gefährdung der Mandanteninteressen durch die Verwendung anvertrauter Informationen eintreten. Neben diese grundsätzlichen Bedenken tritt eine Fülle von Schwachpunkten der gesetzlichen Ausgestaltung und von unerwünschten praktischen Folgewirkungen des vorgesehenen Tätigkeitsverbots, welche die BRAK in ihrer Stellungnahme im einzelnen aufzeigt.
Zwischenzeitlich hat auch der Rechtsausschuss des Bundesrates sich mit dem Gesetzesvorhaben befasst. Er empfiehlt der Bundesregierung, zahlreiche Anregungen der BRAK aufzugreifen, etwa betreffend die Erweiterung der Sozietätsfähigkeit – hier regt der Rechtsausschuss an, den von der BRAK unterbreiteten Vorschlag zu § 59a BRAO zu übernehmen –, die Tätigkeit ausländischer Berufsausübungsgesellschaften sowie das besondere elektronische Anwaltspostfach.
Mit Blick auf das von der BRAK vehement kritisierte neue Tätigkeitsverbot bei Erlangung „sensiblen Wissens“ regt der Rechtsausschuss an, zunächst auf jegliche Änderungen des § 43a BRAO zu verzichten. Zuerst sei eine breit angelegte fachliche Diskussion insbesondere zu den praktischen Auswirkungen auf das Ablage- und Wissensmanagement in Kanzleien erforderlich.
Weitere Informationen
Stellungnahme der BRAK Nr. 15/2021 (PDF, 200 KB)