Das Oberlandesgericht Hamm hat mit Urteil vom 19. September 2024 zum Aktenzeichen 5 ORs 37/24 entschieden, dass eine neue Strafe gegen den Angeklagten gefunden werden muss, der am 20. Februar 2022 in Essen beim Fußballspiel Rot-Weiß-Essen gegen den SC Preußen Münster einen sogenannten „Polenböller“ in Richtung der Münsteraner Ersatzbank geworfen hatte.
Aus der Pressemitteilung des OLG Hamm vom 19.09.2024 ergibt sich:
Der heute 31-jährige Angeklagte aus Marl hatte durch den Sprengkörper eines polnischen Herstellers, der eine deutlich größere Explosivkraft als die sogenannten „Chinaböller“ besitzt, seinerzeit zwei Ersatzspieler und einen Trainer des SC Preußen Münster sowie einen damals 13-jährigen Balljungen der Heimmannschaft verletzt. Sie erlitten jeweils ein Knalltrauma, was mit Ohrenschmerzen, Hörproblemen und teils auch Schwindel und Kopfschmerzen einherging.
Amts- und Landgericht Essen hatten den Angeklagten in erster und zweiter Instanz wegen Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion in Tateinheit mit Körperverletzung in vier Fällen verurteilt. Während das Amtsgericht noch eine nicht mehr bewährungsfähige Freiheitsstrafe von 2 Jahren und 2 Monaten verhängt hatte, hatte das Landgericht diese Freiheitsstrafe auf die Berufung des Angeklagten auf 2 Jahre herabgesetzt und die Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt, obwohl der Angeklagte bei der Tat wegen früherer Verurteilungen gleich doppelt unter Bewährung stand.
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft hat der 5. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm die verhängte Strafe aufgehoben. Die Revision war auf die Frage der Strafzumessung beschränkt, so dass die Verurteilung wegen Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion in Tateinheit mit Körperverletzung in vier Fällen rechtskräftig ist. Die Frage der Strafzumessung muss nunmehr nochmals vor dem Landgericht verhandelt werden. Die Ausführungen zur Strafzumessung in dem überprüften Urteil hat das Oberlandesgericht unter verschiedenen Gesichtspunkten beanstandet. Unter anderem waren die Erwägungen zu einem bereits durchgeführten Täter-Opfer-Ausgleich fehlerhaft, da mehr als eine Bereitschaft des Angeklagten hierzu nicht festgestellt war. Auch die Strafaussetzung zur Bewährung war fehlerhaft begründet. Das Oberlandesgericht hat klargestellt, dass bei dem Angeklagten, der wegen zweier anderer Verurteilungen zur Tatzeit gleich doppelt unter Bewährung stand, von verfestigten kriminellen Neigungen auszugehen ist. Eine weitere Strafaussetzung zur Bewährung würde daher eine ausführliche Auseinandersetzung hiermit voraussetzen.
Soweit drei der Geschädigten im heutigen Termin über ihren Anwalt mitteilen ließen, inzwischen ein Schmerzensgeld vom Angeklagten erhalten zu haben, war dies im Revisionsverfahren unbeachtlich, da dort nur die richtige Rechtsanwendung überprüft wird. Es kann aber bei der neuen Verhandlung vor dem Landgericht Essen berücksichtigt werden.