Das Verwaltungsgericht Neustadt hat mit Beschluss vom 25.05.2021 zum Aktenzeichen 4 L 399/21.NW in einem Eilverfahren den Antrag der Betreiberin einer Klärschlammtrocknungsanlage in Pirmasens-Fehrbach abgelehnt, die sich gegen eine Entscheidung der Struktur- und Genehmigungsdirektion Süd (SGD Süd) wandte, die den Betrieb der Anlage mit sofortiger Wirkung untersagt hat.
Aus der Pressemitteilung des VG Neustadt Nr. 16/2021 vom 27.05.2021 ergibt sich:
Die Klärschlammtrocknungsanlage wurde im August 2014 von der SGD Süd immissionsschutzrechtlich genehmigt. Die Genehmigung schreibt in der Nebenbestimmung – NB – 5.1.1 u.a. vor, dass im Abgas der Quelle K 002 (Brüdenabluft) und der Quelle K 003 (Bunkerabluft) für geruchsintensive Stoffe ein Emissionsgrenzwert von 500 GE/m³ (GE=Geruchseinheiten) nicht überschritten werden darf. Brüdenabluft ist die Abluft, die bei der Trocknung des Klärschlamms entsteht.
Nach den Planunterlagen, die der Genehmigung zugrunde lagen, sollte Brüden- und Bunkerabluft durch Fotooxidationsanlagen gereinigt und dadurch weitgehend geruchsfrei emittiert werden. Nach Beginn des Probebetriebs im Dezember 2015 kam es jedoch zu zahlreichen Geruchsbeschwerden, die zu vielen mehrtägigen Anlagestillständen führten. Im August 2016 teilte die Betreiberin der SGD Süd dann mit, dass sie statt der Fotooxidation die Installation einer thermischen Nachverbrennung – TNV – der Brüdenabluft in einem Thermalölkessel beabsichtige. Als Grund hierfür nannte sie die – trotz einer Erweiterung – zu schwach dimensionierte Fotooxidation und den dadurch erforderlichen häufigen, aber unwirtschaftlichen Austausch der Aktivkohle im Filter. Auch in der Folgezeit kam es zu vielen Geruchsbeschwerden, die überwiegend Gestank aus dem Abwasserkanal betrafen. Die Anlage war daher vom 21. Dezember 2016 bis 14. Oktober 2019 außer Betrieb, um die Abwasserprobleme durch den Bau einer Ammoniakstrippungsanlage zu beseitigen.
Im Januar und März 2020 führte das Institut Fresenius Geruchsemissionsmessungen durch. Während die Abluft des Schlammbunkers eine Geruchsstoffkonzentration von nur 33 GE/m³ aufwies, ergab die Messung der Abluft der TNV eine Konzentration geruchsintensiver Stoffe von 2593 GE/m³.
Im Jahr 2020 verlief der Betrieb der Anlage ebenfalls weder störungs- noch beschwerdefrei. Auch danach wurden etliche Geruchsbelästigungen durch die Nachbarschaft gemeldet. Ab dem 19. Februar 2021 kam es dann über mehrere Tage hinweg zu massiven Beschwerden über den von der Anlage ausgehenden Gestank. Dabei wurde auch festgestellt, dass die Abluft der Anlage über eine neue, nicht genehmigte Abluftreinigungsanlage, die sog. „optionale Geruchsneutralisation“, abgeführt wurde.
Mit Bescheid vom 24. Februar 2021 untersagte die SGD Süd ab sofort den Betrieb der Anlage, wobei eine Wiederinbetriebnahme erst nach Vorlage einer aktualisierten Geruchsimmissionsprognose sowie nach Genehmigung und Installation zusätzlicher Abgasreinigungseinrichtungen, die eine ausreichende Geruchsminderung herbeiführen, zulässig sein soll. Für den Fall, dass der Stilllegung nicht nachgekommen wird, drohte sie ein Zwangsgeld in Höhe von 3.000,- € an und ordnete zudem die sofortige Vollziehung der immissionsschutzrechtlichen Verfügung an.
Die Betreiberin legte hiergegen Widerspruch ein und wandte sich wegen der angeordneten sofortigen Vollziehung an das Verwaltungsgericht.
Ihr Antrag auf Gewährung gerichtlichen Eilrechtsschutzes blieb ohne Erfolg: Die von der SGD Süd verfügte Stilllegung sei rechtmäßig, weil die Betreiberin gegen die zu Recht in die Genehmigung aufgenommene Nebenbestimmung betr. den Emissionsgrenzwert verstoßen habe. DieAnlage emittiere im Abgas, das von der Quelle K 002 (Brüdenabluft) stamme, geruchsintensive Stoffe mit einer Geruchsstoffkonzentration von deutlich mehr als 500 GE/m³. Nach den Planungsunterlagen, die dem Genehmigungsbescheid vom 8. August 2014 zugrunde lägen, hätte die Anlage die maximale Geruchstoffkonzentration im Abgas von 500 GE/m³ deutlich unterschreiten sollen, weil die Bunker- und die Brüdenabluft durch Fotooxidationsanlagen hätte gereinigt und dadurch weitgehend geruchsfrei hätte emittiert werden sollen. Diese Annahmen hätten sich jedoch schon im Probebetrieb für die Brüdenabluft in keiner Weise bestätigt. Vielmehr sei man schon im August 2016 zu der Erkenntnis gekommen, dass die Fotooxidation nicht ausreiche, um erhebliche Geruchsbelästigungen durch die Brüdenabluft zu vermeiden, weshalb sich die Betreiberin entschlossen habe, die Brüdenabluft statt der Fotooxidationsanlage einer thermischen Nachverbrennung (TNV) in einem bereits vorhandenen Thermalölkessel zuzuführen. Diese Änderung habe jedoch nicht dazu geführt, dass im Abgas der Anlage der Emissionsgrenzwert für geruchsintensive Stoffe von 500 GE/m³ eingehalten werde. So habe eine olfaktorische Messung, die in Nr. 5.3.2.5 der TA Luft vorgeschrieben sei und am 29. Januar 2020 durch das Institut Fresenius erfolgt sei, im Abgas des Thermalkessels, über den die Brüdenabluft nun abgeleitet worden sei, eine Konzentration geruchsintensiver Stoffe von 2593 GE/m³ ergeben.
Die Stilllegungsverfügung sei zudem auch deshalb rechtmäßig, weil nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz die zuständige Behörde die Stilllegung einer Anlage anordnen solle, wenn sie ohne die erforderliche Genehmigung errichtet, betrieben oder wesentlich geändert werde. Dies sei der Fall, denn die Antragstellerin habe bis zur Betriebsuntersagung Abgase über eine nicht genehmigte Abluftbehandlungsanlage, die sog. „optionale Geruchsneutralisation“, abgeführt und damit die Anlage ohne die erforderliche Genehmigung in wesentlich geänderter Form betrieben.
Zum Schutz der Anwohner vor massiven Geruchsbelästigungen sei die SGD Süd daher gehalten gewesen, die ohne die erforderliche Genehmigung in wesentlich geänderter Form betriebene Anlage stillzulegen.
Gegen den Beschluss ist das Rechtsmittel der Beschwerde zum Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz zulässig.