Das Verwaltungsgericht Würzburg hat mit Beschluss vom 16.09.2020 zum Aktenzeichen W 8 E 20.1298 entschieden, dass die Teilnehmerbegrenzung für Privatveranstaltungen rechtmäßig ist.
Die Maßnahme ist zudem verhältnismäßig. Die Teilnehmerbegrenzung bei Privatveranstaltungen verstößt nicht gegen die all-gemeine Handlungsfreiheit des Antragstellers als Veranstaltungsteilnehmer (Art. 2 Abs. 1 GG). Die in Nr. 1 der Allgemeinverfügung getroffene streitgegenständliche Teilenehmerbegrenzung bei Privatveranstaltungen verfolgt legitime Zwecke. Zweck der Allgemeinverfügung als Teil des Gesamtkonzepts zur Reduzierung infektionsbegünstigender sozialer und persönlicher Kontakte ist die Ver-zögerung der Ausbreitungsdynamik, die Unterbrechung von Infektionsketten, die Aufrechterhaltung der Gesundheitsversorgung für die Gesamtbevölkerung sowie der Schutz vulnerabler Personengruppen (vgl. Nr. IV der Allgemeinverfügung). Die streitgegenständliche Teilnehmerbegrenzung ist durch die Reduktion physischer Kontakte und folglich auch des damit verbundenen Infektionsrisikos geeignet, die Infektionsgefahr zu verringern und eine Ausbreitung des Virus zu verzögern. Weiter ist die durch die Allgemeinverfügung angeordnete Teilnehmerbegrenzung nach summarischer Prüfung auch erforderlich. Mildere, gleich wirksame Mittel sind nicht ersichtlich.
Bei privaten Feiern ist typischerweise davon aus-zugehen, dass es zu engeren, aus Gründen des Infektionsschutzes riskanteren Kontakten zwischen den Teilnehmenden als bei anderen Anlässen kommt, wobei die Verweildauer hier in der Regel relativ hoch ist (vgl. BayVGH, B.v. 16.7.2020 – 20 NE 20.1500 – juris Rn. 21). Nach der Allgemeinverfügung der Stadt Würzburg sind nach Mitteilung des Gesundheitsamtes mehrere Infektionsherde, die zur Überschreitung des Schwellenwertes beitragen, unmittelbar auf Infektionsausbrüche im Zusammenhang mit Privatveranstaltungen zu verorten. Auch nach dem Lagebericht des RKI vom 14. September 2020 (https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_ Coronavirus/Situationsberichte/Gesamt.html) sollten Menschenansammlungen – besonders in Innenräumen – möglichst gemieden werden und Feiern auf den engsten Familien- und Freundeskreis beschränkt bleiben. Die vom Antragsteller angeführte Anordnung einer Maskenpflicht auf einer privaten Feier mit mehr als 50 Teilnehmern oder eine Anforderung von fertigen Teil-nehmerlisten für derartige Veranstaltungen stellen keine gleich geeigneten milderen Mittel dar. So ist zunächst fraglich, ob eine Maskenpflicht auf einer privaten Feier für die Teilnehmer tatsächlich ein weniger einschneidendes Mittel darstellt. Des Weiteren erscheint es angesichts der Erfahrungen der täglichen Praxis (z.B. dem Nachkommen der Maskenpflicht in anderen Be-reichen, wie z.B. im ÖPNV) realitätsfern, dass auf privaten Feiern mit einem geschlossenen Teilnehmerkreis während der gesamten Dauer der Veranstaltung von allen Teilnehmern konsequent eine Maske getragen wird (vgl. BayVGH, B.v. 16.7.2020 – 20 NE 20.1500 – juris Rn. 22). Die Anforderung einer Teilnehmerliste ist bereits nicht geeignet, die Entstehung von Infektionen während der Veranstaltung zu verhindern und die oben aufgeführten Ziele der Allgemeinverfügung, insbesondere die Verhinderung der Verbreitung des Virus und die Unterbrechung von Infektionsketten, zu erreichen. Selbiges gilt für das vom Antragsteller angeführte „Schweizer-Modell“. Die Festlegung der maximalen Teilnehmerzahl für Privatveranstaltungen auf maximal 50 Personen in geschlossenen Räumen und bis zu 100 Personen unter freiem Himmel gehört zum Einschätzungsspielraum der zuständigen Behörde und ist nicht zu beanstanden.
Zuletzt begegnet die Allgemeinverfügung mit den darin getroffenen Anordnungen auch keinen Bedenken im Hinblick auf ihre Angemessenheit. In Re-de stehen vorliegend hochrangige Gemeinschaftsgüter, wie etwa der Schutz der Gesundheit der Bevölkerung sowie ein funktionsfähiges Gesundheitswesen. Der Antragsteller bringt im Wesentlichen von Art. 2 Abs. 1 GG umfasste Privatinteressen vor, wenn es um die Teilnahme an einer privaten Feier geht. Diese Privatinteressen treten gleichwohl hinter die hier genannten einschlägigen Allgemeininteressen zurück. Die Allgemeinverfügung ordnet ferner kein vollständiges Verbot privater Veranstaltungen an. Zudem ist die Gültigkeit der Allgemeinverfügung nach ihrer Nr. 5 auf einen kurzen Zeitraum befristet (bis zum 21. September 2020) und wird im Hinblick auf die örtliche Entwicklung und vor dem Hintergrund des § 23 6. BayIfSMV fortlaufend auf ihre Wirkung und Erforderlichkeit überprüft (Nr. VIII der Allgemeinverfügung vom 10. September 2020). Auch das weitere Vorbringen des Antragstellers führt zu keiner anderen Betrachtungsweise. Nach dem Antragsteller sei zu überprüfen, inwiefern die zu-ständige Behörde zu befürchtende Kapazitätsengpässe bei der Einzelfallnachverfolgung wirklich belastbar glaubhaft machen könne. Unter Verweis darauf, dass es bei einer Inzidenz von aktuell knapp 70 (mittlerweile: 75) täglich circa 15 neue positive Fälle gebe, was bei einer durchschnittlichen Kon-taktpersonenliste von 15 Personen zu insgesamt 225 Kontaktpersonen führe, die kontaktiert und getestet werden müssten, wird nach Ansicht des Gerichts in der Antragserwiderung der Stadt Würzburg vom 15. September 2020 glaubhaft dargelegt, dass bei der Einzelfallnachverfolgung von Infektionen im Stadtgebiet Würzburg die Kapazitätsgrenze laut dem Gesundheitsamt Würz-burg bereits lange erreicht ist. Im Übrigen ist dem Vorbringen des Antragstellers entgegenzuhalten, dass Zweck der Allgemeinverfügung in erster Linie die Verzögerung der Ausbreitungsdynamik und die Aufrechterhaltung der Gesundheitsversorgung für die Gesamtbevölkerung ist, und nicht die Sicher-stellung der Kapazitäten bei der Einzelfallnachverfolgung. Mit der Einführung der Obergrenze von 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner wurde ein Wert festgelegt, ab der eine Reaktion der Behörden auf eine regionale Dynamik sichergestellt wird. Dem ist die Stadt Würzburg mit dem Erlass der Allgemeinverfügung vom 10. September 2020 nachgekommen. Die konkreten Maßnahmen sind abhängig vom Infektionsgeschehen vor Ort. Die vom Antragsteller geforderte Glaubhaftmachung zu befürchtender Kapazitätseng-pässe bei der Einzelfallnachverfolgung durch die zuständige Behörde ist hier-für keine Voraussetzung. Denn die Verhinderung solcher Kapazitätsengpässe ist jedenfalls nicht alleiniger Zweck der Festlegung der Grenze von 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnern, sondern es geht insbesondere auch darum, im Fall des Entstehens einer regionalen hohen Infektionsdynamik durch das rechtzeitige Einführen örtlicher Beschränkungen ein Übergreifen der Infektionsdynamik auf ganz Deutschland und damit die Wiedereinführung deutschlandweiter Beschränkungen zu verhindern (vgl. Beschluss der Bund-Länder-Konferenz: Maßnahmen zur Eindämmung der COVID19-Epidemie vom 6. Mai 2020). Wenn der Antragsteller vorbringt, die erneute Einschränkung von Klubs und Diskotheken erfolge aufgrund einer abstrakten Gefahrenprognose und bei den Intensivkapazitäten in Würzburg sei keine erhöhte Auslastung zu be-fürchten, da das Alter der Neuinfizierten niedrig sei, ist dem entgegenzuhalten, dass sich dies schnell ändern kann, wie aktuell das Beispiel Frankreich zeigt, wo in den ersten Regionen die Kliniken wieder eine Vollauslastung der Intensivbetten mit Corona-Patienten melden (vgl. StMI aktuell, Newsletter vom 10. September 2020, S. 3). Auch in dem oben genannten Lagebericht des RKI vom 14. September 2020 wird dargelegt, dass aktuell immer weniger der berichteten Fälle versterben, was daran liege, dass relativ viele junge Menschen neu diagnostiziert werden, von denen relativ wenige schwer er-kranken oder versterben. Dennoch müsse eine erneute Zunahme der Neuinfektionen vermieden werden. Insbesondere müsse verhindert werden, dass, wie zu Beginn der Pandemie, wieder vermehrt ältere und besonders gefährdete Bevölkerungsgruppen erkranken. Ferner ist zu berücksichtigen, dass § 28 Abs. 1 Satz 2 IfSG nicht voraussetzt, dass die infektionsschutzrechtliche Gefahrenlage an dem von der Maßnahme konkret betroffenen Veranstaltungsort auftritt (Kießling, IfSG, 2020, Rn. 42).
Abgesehen davon spricht auch eine reine Interessenabwägung für die Aufrechterhaltung des Sofortvollzugs. Denn die sofortige Vollziehung der streitgegenständlichen Teilnehmerbegrenzung ist zur Verhinderung der weiteren Verbreitung des Corona-Virus im überwiegenden öffentlichen Interesse ge-boten. Im Rahmen der zu treffenden Güterabwägung ist der Nachteil, den die getroffene Anordnung dem Antragsteller für den Fall, dass er an der Feier nicht teilnehmen kann, auferlegt, nicht schwerer zu gewichten als das entgegenstehende öffentliche Interesse. Dem Grundrecht des Antragstellers aus Art. 2 Abs. 1 GG stehen der Schutz der Gesundheit der Bevölkerung sowie die Funktionsfähigkeit des Gesundheitswesens entgegen (vgl. BayVGH, B.v. 16.7.2020 – 20 NE 20.1500 – juris Rn. 30), zumal der Antragsteller zu Anlass und Umständen der Feier nichts substantiiert hat.