Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hat mit Beschluss vom 4.5.2023 zum Aktenzeichen 7 ORs 10/23 entschieden, dass die Bedrohung mit einem Verbrechen durch Übersendung eines Auszugs aus dem Märchen „Die Gänsemagd“ strafbar ist.
Aus der Pressemitteilung des OLG Frankfurt am Main Nr. 35/2023 vom 19.05.2023 ergibt sich:
Eine strafbare Bedrohung mit einem Verbrechen (§ 241 Abs. 2 StGB) – hier Totschlag – kann darin liegen, eine E-Mail mit einem entsprechenden Auszug aus einem Märchen (hier: Die Gänsemagd) an den Empfänger zu versenden. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) hat mit heute veröffentlichtem Beschluss die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts verworfen.
Der Angeklagte ist Facharzt für forensische Psychiatrie und Mitglied der kassenärztlichen Vereinigung Hessen. Nach den Feststellungen des Amtsgerichts korrespondierte er mit einer Mitarbeiterin der kassenärztlichen Vereinigung per E-Mail über die Regelungen zur Nutzung eines Videodiensteanbieters für Video-Sprechstunden und geriet dabei mit ihr in Meinungsverschiedenheiten. Nachdem er sich in mehreren E-Mails über die Bedeutung ihres Nachnamens geäußert hatte, schickte er ihr im Dezember 2021 ein Mail, in der es u.a. hieß: Die falsche Magd, kommt Ihnen da was bekannt vor? In Ihrem Trauerspiel bin ich so etwas wie der „Alte König“ und helfe Ihnen gern mal auf die Sprünge: „Welches Urteils ist diese würdig?“ Da sprach die falsche Braut: „Die ist nichts Besseres wert, als dass sie splitternackt ausgezogen und in ein Fass gesteckt wird, das inwendig mit spitzen Nägeln geschlagen ist; und zwei weiße Pferde müssen vorgespannt werden, die sie Gasse auf Gasse ab zu Tode schleifen.“ – „Das bist Du“, spart der alte König, „und hast Dein eigen Urteil gefunden, und danach soll Dir widerfahren.“ Habe die Ehre (Name des Angeklagten).
Das Amtsgericht sprach den Angeklagten wegen der Bedrohung mit einem Verbrechen schuldig. Er habe die Mitarbeiterin – bildlich mit einem Märchen gesprochen – vorsätzlich mit dem Tod bedroht. Dies habe die Mitarbeiterin – auch vor dem Hintergrund der bisherigen Kommunikation mit dem Angeklagten – ernst genommen. Sie habe ihren Arbeitgeber veranlasst, dass ihr keine E-Mails von dem Angeklagten mehr weitergeleitet würden. In dem Urteil des Amtsgerichts wurde der Angeklagte verwarnt und eine Geldstrafe von 40 Tagessätzen vorbehalten.
Die hiergegen vom Angeklagten eingelegte (Sprung-)Revision hatte vor dem OLG keinen Erfolg. Das OLG verwarf die Revision als offensichtlich unbegründet, da die Überprüfung des amtsgerichtlichen Urteils keine Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben habe.
Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.