Der Hessische Verwaltungsgerichtshof hat mit Urteil vom 10.11.2022 zum Aktenzeichen 3 C 1408/20.N entschieden, dass der Bebauungsplan Nr. RÖ 07/05 „In der Roos“ der Stadt Gießen 14. November 2019 unwirksam ist.
Aus der Pressemitteilung des Hess. VerwGH Nr. 15/2022 vom 10.11.2022 ergibt sich:
Der Bebauungsplan sieht als Maßnahme der Innenentwicklung die Festsetzung eines Allgemeinen Wohngebiets mit geplanten 32 Bauplätzen für Einzel- und Doppelhaushälften vor. Das Plangebiet umfasst eine Fläche von zirka 2,83 Hektar inmitten des Ortsteils Rödgen, die mit Ausnahme einer Scheune unbebaut ist und teils landwirtschaftlich genutzt wird. Im Plangebiet kommen sowohl der Dunkle als auch der Helle Wiesenknopf-Ameisenbläuling vor, beide (Schmetterlings-)Arten sind nach Anhang IV der FFH-Richtlinie streng geschützt.
Ausweislich der Planung wird der Lebensraum der Ameisenbläulinge durch den Eingriff komplett zerstört. Zudem kann eine Tötung der Tiere während der Bauarbeiten nicht ausgeschlossen werden.
Weiterhin legt die Planung zugrunde, dass zeitlich vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen (CEF-Maßnahmen) zugunsten der Ameisenbläulinge nicht möglich sind. Die Stadt Gießen ist vom Vorliegen der Voraussetzungen für eine artenschutzrechtliche Ausnahme nach § 45 Absatz 7 des Bundesnaturschutzgesetzes ausgegangen.
Der 3. Senat konnte nicht feststellen, dass die Voraussetzungen für eine artenschutzrechtliche Ausnahme gegeben sind. Eine solche Ausnahme kann unter anderem nur dann zugelassen werden, wenn zumutbare Planungsalternativen nicht gegeben sind. Die von der Stadt Gießen durchgeführte Alternativen-Prüfung hat der Senat für nicht ausreichend erachtet, da sich diese nur auf den Ortsteil Rödgen, nicht jedoch auf das gesamte Stadtgebiet bezieht.
Der Senat hat die Revision zum Bundesverwaltungsgericht nicht zugelassen. Gegen die Nichtzulassung der Revision hat die Stadt die Möglichkeit der Beschwerde, über die das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig zu entscheiden hätte.