Das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz hat mit Urteil vom 25. Januar 2024 zum Aktenzeichen 1 C 10401/22.OVG entscheiden, dass der Bebauungsplan, mit dem die Stadt Boppard im Ortsbezirk Bad Salzig Wohnbauflächen ausgewiesen hat, unwirksam ist.
Aus der Pressemitteilung Nr. 2/24 des OVG RP vom 23.02.2024 ergibt sich:
Der Bebauungsplan weist für das 8,2 ha große Plangebiet, das durch ein Nebeneinander von Streuobst- und Gartenbrachen sowie dickichtartige und zum Teil waldähnliche Brachestrukturen gekennzeichnet ist, ein allgemeines Wohngebiet aus. Als Ausgleichsmaßnahme ist u.a. zur Schaffung von Ersatzquartieren für Bilche, Fledermäuse und Vögel bestimmt, dass je Baugrundstück mindestens jeweils ein Nist- und Fledermauskasten aufzuhängen und zu unterhalten ist. Gegen den Bebauungsplan reichte der BUND Landesverband Rheinland-Pfalz, ein anerkannter Naturschutzverband, einen Normenkontrollantrag beim Oberverwaltungsgericht ein, das dem Antrag stattgab und den angegriffenen Bebauungsplan für unwirksam erklärte. Zur Begründung führte es aus:
Der Antragsteller sei als anerkannter Naturschutzverband nach dem Umweltrechtsbehelfsgesetz antragsbefugt, da er sich auf umweltbezogene Rechtsvorschriften berufe, deren Verletzung er rügen könne. Der Antrag sei auch in der Sache begründet. Der Bebauungsplan sei formell rechtswidrig, weil die gesetzlich vorgeschriebene Auslegung des Bebauungsplanentwurfs insofern fehlerhaft bekanntgemacht worden sei, als der Hinweis gefehlt habe, dass die Einreichung von Stellungnahmen während der Auslegungsfrist erfolgen könne. Dieser Fehler führe bereits für sich betrachtet zum Erfolg des Normenkontrollantrags. Außerdem sei der Bebauungsplan auch materiell rechtswidrig, weil seinem Vollzug ein unüberwindbarer Verstoß gegen einen artenschutzrechtlichen Verbotstatbestand entgegenstehe. Zwar habe die Antragsgegnerin entgegen der Ansicht des Antragstellers eine ausreichende Ermittlung und Bestandsaufnahme der im Plangebiet vorhandenen und besonders geschützten Tierarten vorgenommen. Unzureichend seien aber die im Bebauungsplan vorgesehenen Maßnahmen zur Verhinderung des hier vorliegenden Störungstatbestandes nach § 44 Abs. 1 Nr. 3 Bundesnaturschutzgesetz, wonach es verboten sei, Fortpflanzungs- und Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören, wozu auch Bilche, Fledermäuse und bestimmte Vogelarten zählten. Allerdings lasse das Gesetz auch vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen zu, wenn die durch das Vorhaben beeinträchtigten Fortpflanzungs- und Ruhefunktionen der geschützten Art bereits im Zeitpunkt der Durchführung des Eingriffs oder des Vorhabens in gleichartiger Weise erfüllt würden. Diesen Anforderungen entspreche die festgesetzte Verpflichtung zur Anbringung und Unterhaltung von jeweils einem Nist- und Fledermauskasten pro Baugrundstück nicht, weil sie nicht sicherstelle, dass die durch das Vorhaben beeinträchtigten Fortpflanzungs- und Ruhefunktionen der geschützten Tierarten bereits im Zeitpunkt der Durchführung des Eingriffs – hier also im Zeitpunkt der Rodung und Entfernung der Gartenhütten – in gleichartiger Weise erfüllt seien. Denn die Festsetzungen zielten nicht auf eine kurzfristige Sicherung der Lebensstätten ab, sondern könnten ihre vollständige Wirkung erst in einer nicht absehbaren Zukunft entfalten, die an die Fertigstellung der jeweiligen Wohnhäuser im Baugebiet anknüpfe. Erforderlich sei jedoch, dass die Nist- und Fledermauskästen (spätestens) im Zeitpunkt der Rodung aufgehängt würden, um kurzfristig zu wirken. Zudem sei auch die Festsetzung einer Ausgleichsfläche rechtswidrig, weil sie gegen die Rechtsverordnung des Landkreises Rhein-Hunsrück über das Naturschutzgebiet „Hintere Dick – Eisenbolz“ verstoße.