Der Bayerische Anwaltsgerichtshof hat mit Urteil vom 22.07.2021 zum Aktenzeichen BayAGHIII-4-9/20 entschieden, dass die Vorstandswahl des Jahres 2020 der Rechtsanwaltskammer München in Teilen ungültig ist.
Aus der Pressemitteilung der RAK München vom 22.07.2021 ergibt sich:
Der zuständige Wahlausschuss hatte einen Kandidaten nicht zur Wahl in den Kammervorstand im Jahr 2020 zugelassen. Dieser gehörte zuvor bereits dem Kammervorstand an, hatte sein Vorstandsamt in der laufenden Amtsperiode jedoch niedergelegt. Im regulären Fall hätte dessen vierjährige Amtszeit noch bis in das Jahr 2022 fortgedauert. Die Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) regelt für diesen Fall, dass das ausgeschiedene Mitglied durch ein „neues Mitglied“ zu ersetzen ist, weshalb der Wahlausschuss die Nachbesetzung mit demselben Mitglied für unzulässig hielt.
Dieser Regelung ist der 4. Senat des Bayerischen Anwaltsgerichtshofs auf die Klage des ausgeschlossenen Kandidaten nicht gefolgt. Er hat im heutigen Urteil die Wahl zum Kammervorstand 2020, bezogen auf die Wahl der Kandidatinnen und Kandidaten aus dem Landgerichtsbezirk München I, für ungültig erklärt. Die Wahlausschlussgründe ergäben sich abschließend aus einer expliziten Norm der BRAO. Ob die Niederlegung des Amtes den Ausschluss von der Nachwahl für das dadurch frei gewordene Vorstandsamt rechtfertige, ließ der Senat in der heutigen Verhandlung offen. Für die regulär neu zu besetzenden Vorstandssitze lasse sich der Wahlausschluss jedoch nicht durch den vorangegangenen Rücktritt rechtfertigen. Der Vorsitzende, Prof. Andreas Meisterernst, erkannte die Schwierigkeit bei der Entscheidung für den Wahlausschuss an: sowohl bei Zulassung als auch bei Nichtzulassung zur Wahl habe die Gefahr der Wahlanfechtung bestanden. Dies sei insbesondere dadurch bedingt, dass eine Wiederwahl des zurückgetretenen Mitglieds innerhalb dessen Amtszeit nach der einschlägigen Kommentarliteratur ausgeschlossen ist. Die Neuwahl soll demnach eine Umgehung der gesetzlichen Regelungen darstellen.
Aus dem Kreis der Beigeladenen wurde vorgebracht, dass die Regelung in der BRAO, wonach das ausgeschiedene Mitglied durch ein „neues Mitglied“ zu ersetzen sei, der gedeihlichen Zusammenarbeit im Vorstand im Interesse der Mitglieder der Kammer diene.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. „Die Rechtsanwaltskammer wird nach Vorliegen der Urteilsgründe sorgfältig prüfen, ob sie Berufung gegen das Urteil einlegt“, sagt Dr. Thomas Weckbach, Vizepräsident der Rechtsanwaltskammer. Hierüber hätte dann der Bundesgerichtshof zu entscheiden. Die nächsten regulären Wahlen zum Kammervorstand finden Anfang 2022 statt.